04.12.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 202 / Zusatzpunkt 5

Klaus WienerCDU/CSU - Energieversorgung Deutschlands, Kernenergie

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Energieangebot gehört ohne Frage zu den wichtigsten Wettbewerbsfaktoren einer Volkswirtschaft. Bis zu einem bestimmten Punkt können preisliche Nachteile auf diesem Gebiet durch ein Mehr an Innovation oder auch Produktivität zwar ausgeglichen werden, beliebig drehen lässt sich an dieser Schraube aber nicht. Und leider, ja, leider haben wir diesen Punkt erreicht.

Energie in Deutschland ist sehr teuer, zu teuer. Gerade im internationalen Vergleich zahlen unsere Unternehmen und auch unsere Haushalte immer noch viel zu viel. Wer das bezweifelt – und man hört das hier ja immer wieder auch ansatzweise –, der möge sich mal die Wertschöpfung in den energieintensiven Industrien ansehen. In diesem Sektor sehen wir nämlich ganz unmittelbar, was es heißt, wenn Energie schlicht zu teuer ist. Um ein Fünftel ist die Wertschöpfung hier eingebrochen, und satte 12 Prozent der Betriebe haben energieintensive Geschäftsbereiche inzwischen komplett eingestellt. – So viel zum Schaden, der angerichtet wurde!

Hohe Energiepreise schmälern eben nicht nur die Investitionsbereitschaft, sondern auch den privaten Verbrauch. Haushalte stöhnen auch heute noch unter der Last hoher Preise, weil Haushalte eben keine Börsenpreise zahlen. Wir hören das ja hier immer wieder: „Die Preise sind zurückgegangen“; aber Haushalte zahlen eben keine Börsenpreise, sondern die Preise für Endkunden.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Inklusive Steuern und Abgaben!)

Die liegen – das wissen wir alle – weit darüber. Dabei wäre gerade jetzt eine starke Binnennachfrage ein wichtiges Korrektiv für die zahlreichen außenwirtschaftlichen Belastungen, die wir ja auch alle kennen.

Und deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, war es auch ein Riesenfehler, dass die Bundesregierung die letzten noch zur Verfügung stehenden Kernkraftwerke abgeschaltet hat,

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir doch länger laufen lassen, als Sie das beschlossen haben!)

wohlgemerkt in der größten Energiekrise unserer Wirtschaftsgeschichte. Fahrlässig würde ich das nennen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen mal den Sachverständigen zuhören!)

– Und wie Sie dabei vorgegangen sind, Frau Badum, das klären wir ja gerade im Untersuchungsausschuss. Ob Ihr Fazit das schlussendliche sein wird, das werden wir ja sehen. Gleich geht es ja noch weiter – und auch die nächsten Tage.

Meine Damen und Herren, auch aus dem Untersuchungsausschuss: Die sechs Kernkraftwerke, die uns im Frühjahr 2022 noch zur Verfügung standen, waren technisch in einem einwandfreien Zustand. Das haben die Experten immer wieder bestätigt. Sie hätten den Bedarf unserer energieintensiven Industrien zu rund zwei Dritteln abdecken können; das ist substanziell – und das zu konkurrenzlos günstigen Preisen,

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht belegt worden im Untersuchungsausschuss! Nicht belegt worden von Sachverständigen!)

Grenzkosten von 2 bis 3 Cent pro Kilowattstunde – Grenzkosten, Frau Badum! Vielleicht beschäftigen Sie sich mal mit dem Konzept.

Technisch wäre ein sicherer Weiterbetrieb also möglich gewesen, und das hat ja sogar Habeck zugegeben bei Frau Illner in einer Talkshow, wo er gesagt hat, technisch wäre es möglich gewesen. – Also, einen größeren Kronzeugen können wir hier wohl kaum anführen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum laden Sie Sachverständige ein?)

Jetzt fordert die AfD ein Rückbaumoratorium – auf der einen Seite durchaus nachvollziehbar, denn es ist schon eine Schande, dass so ein hohes Volksvermögen aus ideologischen Gründen einfach brutal vernichtet wird.

(Beifall des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD] – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr habt es doch mitbeschlossen! Das ist doch kollektive Amnesie, was ihr da hinlegt! – Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist doch Ihr Beschluss!)

Weit über 100 Milliarden Euro schlagen hier zu Buche. Aber leider – das gehört eben auch zur Wahrheit – sieht es wohl so aus, dass die Rückbauarbeiten inzwischen so weit fortgeschritten sind,

(Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

dass eine Wiederinbetriebnahme zwar noch möglich wäre, aus wirtschaftlichen Gründen aber kaum noch vertretbar erscheint.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Milliarde pro Jahr!)

Herr Abgeordneter, erlauben Sie eine Zwischenfrage aus der AfD-Fraktion, von Herrn Hilse?

Nein. Ich würde sagen – wir müssen gleich noch in den Untersuchungsausschuss –, wir machen jetzt hier mal weiter, und dann können wir uns gleich noch austauschen.

(Zuruf des Abg. Karsten Hilse [AfD])

Also: Macht es Sinn, vor diesem Hintergrund dann neue Kernkraftwerke auf Basis der bestehenden Technologien zu bauen? Wohl nicht; denn die Bauzeit wäre beträchtlich, ebenso wie die Kosten. Deshalb bleiben wir als Union bei unserem Kurs:

(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

Erstens. Die Abschaltung der sechs Kernkraftwerke war ein wirtschafts- und klimapolitischer Fehler.

Zweitens. Gaskraftwerke müssen die entstandene Lücke für die Netzwerkstabilität, die wir ja brauchen, schließen. Natürlich ist das für den CO2-Ausstoß schlechter, als es der Weiterbetrieb gewesen wäre. Weit über 100 Millionen Tonnen zusätzliche Treibhausgasemissionen schlagen hier zu Buche, liebe Partei der Grünen.

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch falsch! Nicht bestätigt worden von den Sachverständigen! Nicht mal Ihre Sachverständige hat das bestätigt!)

Aber auch dafür wird sich die Regierung, die sich den Umweltschutz ja so sehr auf die Fahnen geschrieben hat, politisch verantworten müssen.

Und drittens. Wir als Union sind natürlich auch offen für Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der zivilen Nutzung der Kernenergie. Stichworte sind hier in der Tat die kleinen modularen Reaktoren oder die Kernfusion, ein Gebiet, auf dem deutsche Firmen übrigens Weltspitze sind; das kann man ja auch mal sagen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ob es vor diesem Hintergrund Sinn macht, der europäischen Nuklearallianz beizutreten – das ist ja auch eine Forderung, die heute hier gestellt wird –, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss eine neue Regierung entscheiden, und deswegen freue ich mich auf den Wahlkampf.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort erhält Robin Mesarosch für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7618711
Wahlperiode 20
Sitzung 202
Tagesordnungspunkt Energieversorgung Deutschlands, Kernenergie
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