05.12.2024 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 203 / Zusatzpunkt 6

Jörg NürnbergerSPD - Verteidigungspolitik, Einsatzbereitschaft Bundeswehr

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Wehrbeauftragte Dr. Högl! Die Frage „Taurus“ steht heute nicht zur Debatte. Da steht die SPD geschlossen hinter Olaf Scholz,

(Beifall bei der SPD – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Was immer er fordert!)

und wir lehnen die Lieferung von Taurus ab.

Ich möchte mich aber heute im Folgenden auf zwei Aspekte dieses Tagesordnungspunktes beschränken: Das Stationierungsabkommen und das Fremde-Mächte-Gesetz.

Wir alle wissen, dass sich die Sicherheitslage in ganz Europa mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine massiv verschlechtert hat. Vor allen Dingen unsere baltischen Verbündeten an der NATO-Ostflanke befinden sich in besonders exponierter Lage, und es ist ja physisch spürbar: Wenn sie in Pabradė sind auf dem Truppenübungsplatz, sind es gerade mal noch 11 Kilometer bis nach Weißrussland.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ja!)

Sie zählen daher auf die Unterstützung der NATO und ganz besonders auf die Unterstützung Deutschlands. Die beschlossene Aufstellung einer deutschen Brigade in Litauen ist genau so ein Zeichen unserer Unterstützung und gleichzeitig das Leuchtturmprojekt, Herr Minister, der Zeitenwende.

Im September dieses Jahres haben die Minister das Abkommen zur Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich in Berlin unterzeichnet. Die Parlamente unserer Länder müssen das Abkommen ratifizieren. Kollege Heidt hat darauf hingewiesen: Der Seimas, das litauische Parlament, hat dem Abkommen zugestimmt: einstimmig, 100 Prozent, mit allen abgegebenen Stimmen und mit großem, beinahe frenetischem Applaus für unseren Minister, der dort sprechen durfte. Das verdeutlicht einmal mehr die unheimlich große Bedeutung, die diese Aufstellung der Brigade für die ganze Gesellschaft, für die Menschen in Litauen hat. Kommt man mit ihnen ins Gespräch – ich war heuer mehrmals in Litauen –, wird sehr schnell deutlich, dass man froh und dankbar ist für die Stationierungsentscheidung. Und es ist eine Priorisierung, die wir vornehmen mussten, Herr Hahn. Man kann nicht alles gleichzeitig wollen und tun, sondern das ist ein wichtiger Schritt, den wir unbedingt tun mussten.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Das wäre mal eine Erkenntnis für die SPD!)

Unsere Soldatinnen und Soldaten werden mit offenen Armen und herzlichst aufgenommen. Auch das ist eine neue Erfahrung für deutsche Soldatinnen und Soldaten. Die Bevölkerung vor Ort hat ein starkes Bewusstsein für die Bedrohung und ist selbst bereit, hohen Aufwand und hohe Kosten für die Stationierung im Namen des Host Nation Support zu tragen.

Wenn ich mich an meine Jugend zurückerinnere, aufgewachsen 25 Kilometer von der innerdeutschen Grenze und der Grenze zur Tschechoslowakei entfernt: Wir hatten doch das gleiche Bewusstsein, dass es jeden Tag losgehen könnte und dass uns in unserem Gefechtsstreifen der NATO die Amerikaner geschützt haben und ein bisschen südlich davon die Bundeswehr. Genau dieses Empfinden haben die Menschen in Litauen jetzt im Jahr 2024, und wir stehen ihnen zur Seite. Das ist wirklich gut so.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aber auch in Deutschland ist die Angst vor einem Krieg gestiegen. Wenn man den Umfragen der Bundeswehr folgt, sind gegenwärtig 58 Prozent der Menschen in Deutschland der Meinung, dass Russland als Bedrohung für ihre eigene Sicherheit wahrzunehmen ist. Die Brigade in Litauen ist deshalb ein wirksamer Bestandteil der Abschreckung im Bündnis. Russland unter Putin versteht nur die Sprache der Stärke. Daher ist diese Brigade die notwendige Priorisierung. Sie muss als Erstes geschehen, und dann werden wir auch die anderen Dinge tun.

Es ist unerlässlich, dass wir die nächsten Umsetzungsschritte gehen, damit die Einsatzbereitschaft 2027 hergestellt sein kann. Das Abkommen legt die rechtlichen Rahmenbedingungen fest. Unter anderem geht es auch um die Gesundheitsversorgung, die Voraussetzungen für den Grund- und Ausbildungsbetrieb, die Vereinfachung bei der Anmietung von Wohnraum, die schnellere Anerkennung beruflicher Qualifikationen der Partnerinnen und Partner unserer Soldaten. Und es geht – das wurde erwähnt – um die Errichtung deutscher Schulen und Kitas in Litauen. Für unsere Soldatinnen und Soldaten und ihre Familien schafft das Abkommen daher wichtige Voraussetzungen für ihre Lebensgestaltung sowohl im dienstlichen als auch im privaten Bereich.

Die Brigade wird bereits im kommenden Jahr in Dienst gestellt. Umso wichtiger ist es, dass wir dieses Abkommen über die Verteidigungszusammenarbeit jetzt vor der Bundestagswahl ratifizieren. Ich werbe hier um Ihre Zustimmung.

Zum Ende noch kurz ein Blick auf das Fremde-Mächte-Gesetz. Wir stehen heute nicht nur vor militärischen Angriffen durch fremde Mächte, sondern auch vor Aktionen der Desinformation und Diskreditierung, vor Cyberangriffen sowie Spionage und Sabotage. Hier müssen wir, wo immer wir Kenntnis erlangen, entschlossen entgegenwirken und vorhandene Sicherheitslücken schließen. In der jüngeren Vergangenheit – Herr Kollege Arlt hat darauf hingewiesen – sind vermehrt Fälle bekannt geworden, in denen fremde Mächte ehemalige Bundeswehrsoldaten für die Ausbildung ihres eigenen Personals beschäftigt haben, zu finanziell sehr attraktiven Bedingungen. Die Vermutung liegt nahe, dass im Rahmen solcher Beschäftigungsverhältnisse Informationen abfließen und damit Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet werden. Das darf nicht sein. Mit dem Gesetzentwurf zur Strafbarkeit der Ausübung solcher Tätigkeiten ohne eine Genehmigung, ohne vorherige Anzeige schieben wir dem einen Riegel vor. Ich bitte daher auch in diesem Zusammenhang um Ihre Zustimmung.

Alle drei Gesetze sind notwendig. Sie sind jetzt notwendig, und sie bedürfen der Zustimmung aller demokratischen Fraktionen hier im Hause.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächster hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion Jens Lehmann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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Electoral Period 20
Session 203
Agenda Item Verteidigungspolitik, Einsatzbereitschaft Bundeswehr
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