Maik AußendorfDIE GRÜNEN - Aktuelle Stunde: Wirtschaftswende, Mercosur-Abkommen
Jetzt geht das bei mir auch schon los mit dem Husten.
(Heiterkeit)
Ich hoffe, dass das nicht am Redepult liegt, sonst müssen wir da einmal mit dem Wedel drüberwischen.
Vielleicht ist es das Klima heute; darauf kommen wir aber gleich noch zu sprechen. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auf Antrag der FDP reden wir heute über Mercosur, das geplante Handelsabkommen. Nach wie vor ist es auch nur ein geplantes Handelsabkommen. Es gibt Anzeichen für einen Erfolg: Frau von der Leyen ist losgereist; aber wir wissen noch nichts Genaues. Wir wissen nicht, was am Ende vereinbart wurde hinsichtlich Waldschutz und Klimaschutz, und das heißt, wir müssen erst mal abwarten. Wir werden uns dann sehr genau die Ergebnisse anschauen, und dann werden wir das Ganze beurteilen.
Bis dahin nutze ich die Zeit, um ein bisschen allgemeiner auf die Handelspolitik und die geopolitische Situation einzugehen. Was erleben wir gerade? China stärkt seinen Einfluss in aller Welt, auch in Südamerika: Dort baut China Häfen in Peru, sichert sich dadurch Zugang zu Rohstoffen und auch zu Loyalitäten; exportiert Waren, Dienstleistungen und Güter in alle Welt, aber auch Infrastruktur. Wenn China beispielsweise in Afrika mit Huawei ein Mobilfunknetz baut, dann exportiert das nicht nur Technik, sondern es exportiert auch technische Normen und Werte und schafft die Voraussetzung für einen Überwachungsstaat. Das alles müssen wir mitbetrachten, wenn wir über Außenpolitik und über Handelspolitik reden.
Wir haben von der Großen Koalition eine Situation im Energiebereich mit einer großen Abhängigkeit von Russland übernommen. Das haben wir aufgelöst mit dieser Bundesregierung. Wir haben auch erlebt, wie anfällig Handelswege sein können: Ein havariertes Schiff im Suezkanal reicht, und die Lieferketten brechen zusammen. Die Epidemie tut ihr Übriges. Wir haben die Situation, dass plötzlich Werke ausfallen. Wir hatten vor einigen Jahren auch mal einen Vulkanausbruch in Nordeuropa, der dazu geführt hat, dass der halbe Flugverkehr lahmgelegt war. Also, das heißt: Es ist eine Aufgabe, Handelswege zu diversifizieren und uns sicherer aufzustellen. Es geht darum, Lieferketten auszubauen, um unseren Wohlstand zu sichern und zu erneuern.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Handel und Wirtschaft haben aber auch einen Einfluss auf Klima, auf Umwelt, auf Menschenrechte, auf die Situation, wie Gesellschaften leben. Das möchte ich jetzt noch mal etwas weiter ausführen und den Blick Richtung Amazonas richten. Der Amazonasregenwald hat eine unglaubliche Bedeutung für das Weltklima. Dort bilden sich die Regenmassen für den ganzen Kontinent. Wir erleben jetzt im Herbst die größte Dürre im Amazonasgebiet seit Beginn der Aufzeichnungen, mit verheerenden Bränden, ausbleibendem Regen für die ganze Region, unschiffbaren Flüssen und auch einer bedrohten Lebensgrundlage für die Bevölkerung.
Ich habe mir das dort vor zwei Jahren mal selber angeschaut und mit indigenen Vertreterinnen und Vertretern gesprochen. Herr Rouenhoff, Sie sagen, wir wollten unsere Nachhaltigkeitsideen exportieren. Darum geht es aber nicht. Es geht nicht darum, was wir wollen, sondern es geht um das, was den Menschen dort vor Ort nutzt und was ihnen Sorge bereitet. Und das ist das, was mir die indigenen Vertreterinnen und Vertreter vor Ort sagen. Sie erleben, dass die Flüsse vergiftet werden durch den Rohstoffabbau. Sie erleben, dass Wälder gerodet werden, Lebensgrundlagen zerstört werden. Es ist unsere Aufgabe, das zu verhindern; denn sonst machen wir nichts anderes als das, was jahrhundertelang Kolonialisten auch getan haben. Also, das ist eine Aufgabe, die wir haben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
– Gibt es da eine Frage?
Vielleicht ein kleiner Hinweis: In der Aktuellen Stunde gibt es keine Zwischenfrage. Das gab es noch nie, auch nicht in dieser Legislaturperiode.
Okay, gut. Dann mache ich weiter. – Ich habe dort aber auch gesehen, dass die nachhaltige Bewirtschaftung von Regenwaldgebieten finanziell ertragreicher ist, und zwar viel ertragreicher, als sie es sein kann durch Rodung und Gewinn neuer Landwirtschaftsflächen. Nur, es braucht Investitionen, und es braucht die Verbreitung von Know-how. Genau das tun wir mit dem Amazonienfonds; damit unterstützen wir das ganz gezielt. Aber das zeigt doch auch, wo der Weg hingehen muss, nämlich nicht in ein plattes Wegmachen des Waldes und ein Ersetzen durch Sojaplantagen, sondern hin zu einer intelligenten Handels- und Wirtschaftspolitik.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen ist es gut, dass wir Anforderungen an Handelsabkommen stellen, dass der Klimaschutz berücksichtigt sein muss, dass das Paris-Abkommen als essenzieller Bestandteil berücksichtigt wird, dass wir Waldschutz berücksichtigen, dass wir Nachhaltigkeitskapitel verankern, auch zum Schutz der Arbeitnehmer/-innen vor Ort.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Aber wofür steht denn eigentlich die Union? Die damalige Landwirtschaftsministerin Klöckner hat sich 2020 gegen das Abkommen ausgesprochen. Wie ist das jetzt? Heute sagt sie, es sei verantwortungslos, dagegen zu sein. Herr Rouenhoff, heute sprechen Sie sich dafür aus. Es gibt in der Union einen designierten Landwirtschaftsminister; der ist Präsident des Bayerischen Bauernverbandes, ist CSU-Mitglied und spricht sich gegen das Abkommen aus. Ja, wo stehen Sie denn eigentlich?
Ich kann Ihnen sagen, wo wir stehen. Wir werden uns die Texte genau anschauen. Wir haben mit der handelspolitischen Agenda eine Grundlage für die Bewertung geschaffen, nämlich dass es effektiven Waldschutz gibt, dass Nachhaltigkeit verankert sein muss. Und wenn das gegeben ist, dann ist es auch sinnvoll, Handel auszubauen, denn es verstärkt die Bindung zwischen den Ländern, stabilisiert die Gesellschaften und sorgt für langfristige stabile Handelsbeziehungen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir haben in dieser Regierung CETA verbessert, ratifiziert. Die EU hat Abkommen abgeschlossen mit Neuseeland, mit Chile. Die unionsgeführte Regierung hat kein einziges abgeschlossen. Wir werden in diesem Sinne weitermachen, auch mit Rohstoffpartnerschaften und mit Rohstofffonds, und somit für Wohlstand sorgen für Menschen in aller Welt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7618828 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 203 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Wirtschaftswende, Mercosur-Abkommen |