Markus TönsSPD - Aktuelle Stunde: Wirtschaftswende, Mercosur-Abkommen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren heute über ein ganz wichtiges Abkommen. Ich bin dankbar dafür, dass wir diese Aktuelle Stunde aufgesetzt haben. Sie scheint ja auch zum richtigen Zeitpunkt zu kommen; Ursula von der Leyen ist auf dem Weg nach Brasilien.
(Peter Beyer [CDU/CSU]: Uruguay!)
Sie will dort ihre Unterschrift geben. Ich halte das für richtig und glaube, dass das gut ist.
Aber wir müssen hier über einige Punkte sprechen und diese noch einmal klarstellen:
Der Kollege Rouenhoff – er ist jetzt nicht mehr da; ich wünsche ihm gute Besserung – hat unter anderem uns und auch den Grünen vorgeworfen, wir hätten das im Sommer verhindert.
(Peter Beyer [CDU/CSU]: War noch früher!)
Ich kann nicht erkennen, wo das gewesen sein soll. Ich weiß nicht, in welchem Paralleluniversum das gewesen sein soll. Sie hätten mal mit den französischen Kolleginnen und Kollegen über das eigentliche Problem sprechen sollen, nämlich die fehlende Zustimmung Frankreichs in dieser Frage. Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass dieser Vorwurf vollkommen falsch ist. Deutschland und die deutsche Sozialdemokratie unterstützten dieses Abkommen. Wir sind dafür, es zu ratifizieren, es zu unterschreiben. Wir haben so viele Jahre verhandelt, über 20 Jahre, jetzt muss das auch zu einem Ergebnis führen.
Ich will auch noch einmal sagen, warum das wichtig ist – Sie haben das ja zum Teil auch schon beschrieben –: Wir leben in einer anderen geopolitischen Welt als noch vor 20 Jahren. Es geht darum, dass wir es schaffen, in dieser Welt Freihandel, aber auch regelbasierten und wertebasierten Handel zu etablieren. Die WTO fällt seit mehreren Jahren als werte- bzw. regelbasierte Kraft aus – und es ist davon auszugehen, dass die WTO mit einem Präsidenten Trump nicht gestärkt, sondern eher geschwächt wird. Also brauchen wir diese Regeln.
Ich will einen weiteren Punkt ansprechen, der aus meiner Sicht extrem wichtig ist. Wir reden immer auch über die Frage des Klimaschutzes; der Kollege Außendorf hat das hier angesprochen. Das ist gerade bei den Ländern des Mercosur ganz wichtig. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir mit diesem Abkommen mehr beim Klimaschutz schaffen als ohne Abkommen. Wir werden auf Augenhöhe mit den Ländern reden müssen. Wir werden als Europäer Angebote machen können, hier etwas zu tun, wie zum Beispiel bei der nachhaltigen Bewirtschaftung; der Kollege hat das angesprochen. Das ist genau der richtige Weg. Sich zu verweigern, ist der falsche Weg.
Es gibt einen weiteren Punkt, der mich immer umtreibt, nämlich die Auswirkungen auf die Landwirtschaft, über die immer gerne diskutiert wird. Laut Abkommen beträgt die maximale Rindfleischmenge, die importiert werden kann – darum geht es zum Teil –, 99 000 Tonnen pro Jahr. Das sind, nur damit man das einschätzen kann, etwa 1,6 Prozent der gesamten europäischen Produktion. Oder um es mit den Worten eines Botschafters aus dem Mercosur zu sagen: Das sind zwei Burger pro Kopf in der Europäischen Union. – Also, das macht mir jetzt noch keine Angst. Ich finde, da muss man die Bauern auch nicht auf die Zinne treiben. Man muss ganz offen über die Fakten reden und darüber, was das eigentlich bedeutet. Auch der Preisunterschied, der sich ergibt, ist nicht dramatisch. Wenn man das zur Kenntnis nimmt, dann kommt man zu der Einsicht, dass das an dieser Stelle richtig ist. Wir wissen, dass wir diesen Freihandel brauchen. Wir wissen, dass wir einen regelbasierten Handel brauchen. Wir wissen, dass wir als Exportnation darauf angewiesen sind, dass es Handelsmöglichkeiten gibt.
Lassen Sie mich noch auf einen weiteren Punkt eingehen. Wir kennen die kritische Haltung der Franzosen. Wir haben häufig mit französischen Kollegen gesprochen, noch bei der COSAC-Konferenz. Das war sehr interessant. Wir haben aber auch mit österreichischen und polnischen Kollegen gesprochen. Wir kennen deren Bedenken, wir kennen auch deren Sorgen. Darüber kann man gerne reden. Wenn es aber in der Europäischen Union nicht mehr möglich ist, ein über 20 Jahre hinweg verhandeltes Abkommen abzuschließen und zu ratifizieren, dann bedeutet das ein wirtschaftspolitisches Problem in der Europäischen Union; denn die Handelskompetenz und die Verhandlungskompetenz liegt bei der EU-Kommission. Ich will zum Abschluss dazu aus meiner Sicht sagen: Wenn das so kommt, dann müssen wir über eine Aufsplittung dieses Abkommens reden. Das will ich hier deutlich sagen.
Das ist übrigens die Zukunft. Der Kanzler hat das beschrieben, vor einigen Wochen hier im Parlament. Er hat gesagt, dass es zukünftig nur noch zwei Formen von Abkommen geben wird: EU-only oder Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten. Wenn das in den Mitgliedstaaten nicht geht, dann werden wir uns auf das eine beschränken müssen. Das ist dann leider der richtige Weg. Ich würde es mir anders wünschen, aber es scheint so zu sein.
Glück auf!
(Beifall bei der SPD)
Jetzt hat Peter Beyer Wort für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7618831 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 203 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Wirtschaftswende, Mercosur-Abkommen |