Ulle SchauwsDIE GRÜNEN - Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir legen heute mit 328 Abgeordneten aus Koalition und Opposition einen Gesetzentwurf zu einem Gesetz vor, das Frauen seit 153 Jahren kriminalisiert. § 218 StGB symbolisiert seit 1871, dass eine Frau nicht das Recht hat, selbst über ihre Schwangerschaft und somit ihr Leben und ihren Körper zu bestimmen. Der § 218 im Strafgesetzbuch ist zutiefst patriarchal.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der Linken und des Abg. Stefan Seidler [fraktionslos])
Meine Damen und Herren, die Welt hat sich verändert. Dass Frauen frei und gleichberechtigt leben können, wünschen wir uns alle, und zwar in allen Lebenslagen. Der § 218 StGB verhindert dies. Abtreibungen sind noch immer ein Tabu. Frauen, die abtreiben, erleben immer noch Stigmatisierung. Mir hat die katholische Bischofskonferenz auf meine Frage: „Warum muss der Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch stehen, warum dort?“,
(Beatrix von Storch [AfD]: Weil es Unrecht ist!)
geantwortet: Damit eine Frau sich schuldig fühlt. – Schuldgefühle für Frauen? Damit muss endgültig Schluss sein. – Sie bestätigen es!
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der Linken und der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Versorgungslage für ungewollt Schwangere verschlechtert sich seit Jahren. Das Strafgesetzbuch ist mit ein Grund dafür. 83 Prozent der Ärztinnen und Ärzte, die Abtreibungen vornehmen, wünschen sich daher eine Regelung außerhalb des Strafgesetzbuches. Immer mehr Ärztinnen und Ärzte, die Abbrüche vornehmen, fehlen. Viele sind in Rente gegangen, wenige kommen nach. Und genau darum, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir jetzt handeln, und zwar alle.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD, der FDP und der Linken)
Die Empfehlung der unabhängigen Kommission für eine Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs war für unsere interfraktionelle Gruppe wegweisend. Wir haben vor Monaten begonnen, an diesem moderaten Kompromiss zu arbeiten. Diesen legen wir Ihnen heute vor. Dass da so viele Erstunterzeichner/-innen draufstehen, ist ein bemerkenswertes Zeichen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der Linken und des Abg. Stefan Seidler [fraktionslos])
Alle Rechte eines Gruppenverfahrens müssen jetzt auch gelten; daran darf es hier in diesem Hohen Haus keinen Zweifel geben.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der Linken und des Abg. Stefan Seidler [fraktionslos])
Meine Damen und Herren, wir wollen mit dem Gesetzentwurf selbstbestimmte Schwangerschaftsabbrüche nicht mehr im Strafgesetzbuch regeln, sie bis zur zwölften Woche legalisieren, die Beratungspflicht beibehalten ohne Wartefrist, die medizinische Ausbildung verbessern und die Kosten für Schwangerschaftsabbrüche durch die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen lassen. So verbessern wir die Versorgungslage. Das heißt auch, Frauen vertrauen. Darum geht es.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der Linken und des Abg. Stefan Seidler [fraktionslos])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit Langem läuft die Debatte zu § 218 StGB im Haus hier, und sie läuft in der Gesellschaft. Über 100 Organisationen haben Stellung bezogen. Umfragen zeigen: 80 Prozent der Bevölkerung sind für eine Regelung außerhalb des Strafgesetzbuchs, und zwar über alle parteipolitischen Präferenzen im ganzen Haus hinweg.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der Linken und des Abg. Stefan Seidler [fraktionslos])
Als frei gewählte Abgeordnete und als Parlament sind wir bis zum Ende der Legislaturperiode arbeits- und beschlussfähig.
(Volker Münz [AfD]: Auf einmal! – Martin Sichert [AfD]: Ha!)
Ich lade Sie alle ein: Schreiben Sie mit uns Geschichte! Stimmen Sie dem Gesetzentwurf zu! Denn 153 Jahre sind genug.
Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der Linken und des Abg. Stefan Seidler [fraktionslos])
Die Kollegin Gyde Jensen hat das Wort.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7618843 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 203 |
Tagesordnungspunkt | Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs |