Dorothee BärCDU/CSU - Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss sagen: Es war klar, dass es eine sehr schwierige Debatte werden wird. Es war klar, dass es eine emotionale Debatte werden wird. Aber ich muss auch sagen: Ich bin schon erschüttert über das, was die SPD hier vorgelegt hat.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD und des Abg. Robert Farle [fraktionslos])
Es war die völlig falsche Tonalität, die völlig falsche Kampfansage. Sich so hierhinzustellen,
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Unglaublich!)
ist dem Thema so was von unangemessen. Ich bin wirklich erschüttert über Ihre martialische Tonart.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Frau Kollegin Wegge, vielleicht haben Sie es verwechselt. Das ist hier kein Poetry-Slam, das ist der Deutsche Bundestag.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und das war wirklich in gar keiner Weise dieser Lage angemessen: peinlich, unwürdig, beim Hinsetzen triumphierend.
(Zuruf der Abg. Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sie wollen was für Frauen tun, indem Sie hier abfeiern, dass menschliches Leben beendet wird? Unfassbar, wirklich unfassbar!
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD – Zuruf der Abg. Carmen Wegge [SPD])
Meine sehr geehrten Damen und Herren, daran sieht man auch: Das, was von SPD und Grünen kommt, ist genau das Gegenteil von dem, was sie behaupten. Natürlich geht es um einen spalterischen Kulturkampf.
(Zuruf der Abg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Natürlich geht es darum, diese einseitig besetzte Kommission, die vor drei Jahren ihre Arbeit aufgenommen hat, jetzt nachträglich zu rechtfertigen. Und das, was Sie sagen, dass es seit drei Jahren hier breit diskutiert wird, stimmt natürlich mitnichten. Ehrlich wäre gewesen, wenn Sie vor drei Jahren das getan hätten, was seit Jahrzehnten gang und gäbe in diesem Haus ist, nämlich bei einer ethischen Diskussion auch die Opposition miteinzubinden.
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben wir doch versucht! Natürlich!)
Das war nie gewollt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Carmen Wegge [SPD])
Ich habe für unsere Fraktion das Forum Bioethik leiten dürfen. Wir haben Ihre Kommission eingeladen, weil wir hier nicht mitmachen durften, auch nicht mitmachen sollten.
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, niemand hat da mitgemacht! Was ist denn das für eine Haltung hier?)
Ich habe die Kommission angeschrieben. Da hieß es, wenn sie sich mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion treffen würde, dann müsste sie sich ja mit jedem treffen. Das ist die Antwort, die wir bekommen haben.
(Sonja Eichwede [SPD]: Aber wir haben doch mit allen gesprochen! Elisabeth Winkelmeier-Becker war doch da! – Weitere Zurufe von der SPD)
Wir haben in Deutschland den Deutschen Ethikrat; der hätte das auch diskutieren können. Da sind auch Sachverständige von uns mit dabei.
Was eben auch ganz klar war – und das ist heute wieder herausgekommen –: Weder SPD noch Grüne haben mit einem einzigen Wort das Kind erwähnt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Mit keinem einzigen Wort! Sie sagen, es geht um die Selbstbestimmung der Frau.
(Carmen Wegge [SPD]: Mir haben Sie wohl nicht zugehört!)
Jetzt sage ich Ihnen mal was: Uns geht es auch um die Selbstbestimmung der Frau, selbstverständlich. Aber es geht zusätzlich auch noch um jemanden, der noch keine Redemöglichkeit in Deutschland hat, der nicht für sich selbst sprechen kann.
(Zuruf von der SPD: Oder die!)
– Ja, oder die; von mir aus. Ihre Zurufe werden nicht besser; die sind relativ dümmlich an dieser Stelle. – Wir sind die einzigen Anwältinnen und Anwälte für das ungeborene Leben, die einzigen, die hier überhaupt noch stehen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
Deswegen ist diese Spaltung 80 Tage vor der Bundestagswahl unverantwortlich.
(Zuruf von der SPD)
Hier an diesem Pult stand der Bundeskanzler. Ich darf den Bundeskanzler mal zitieren, der bei seiner Regierungserklärung in Bezug auf die Spaltung im Wahlkampf in den USA zum Thema Abtreibung – darum ging es in den USA besonders – gesagt hat:
„Das Land ist tief gespalten. Politische Unterschiede zerreißen Freundschaften und Familien. … ich will nicht, dass es bei uns in Deutschland so weit kommt.“
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dann hören Sie doch mal auf, zu reden!)
„… wenn wir uns so aufspalten oder aufspalten lassen, dann haben wir ein Problem. … Manche wollen das mit der Spaltung. Es ist ihr politisches Geschäftsmodell.“
Zitat Ende. – Was macht Olaf Scholz? Rennt raus und unterschreibt diesen Gruppenantrag!
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Und da sagen Sie, dass das nichts mit Wahlkampf zu tun hat? Natürlich ist das Wahlkampf.
Das heißt, ohne Not machen Sie als Rot und Grün das Thema Abtreibung zum Wahlkampfthema.
(Zuruf der Abg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ohne Not polarisieren Sie die Gesellschaft und lösen einen Großkonflikt aus.
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zum Thema!)
Für uns ist das werdendes Leben. Das erkennen die Grünen natürlich auch nicht. Für Sie ist es ein Zellhaufen, für Sie ist es ein Schwangerschaftsgewebe.
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat das denn gesagt?)
– Das haben Sie bei den Debatten zum § 219a gesagt; da war das immer wieder rauszuhören.
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wurde nie gesagt! Niemand hat das gesagt! Das ist eine Unterstellung! – Sonja Eichwede [SPD]: Das ist eine Unverschämtheit! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Niemand von den Grünen hat das behauptet, Frau Bär! Sie wissen das!)
Für uns gilt: Dort, wo die Verletzlichkeit besonders hoch ist – das ist am Anfang des Lebens, noch vor Beginn des Lebens und am Ende des Lebens –, muss der Schutz in ganz besonderer Weise gewährleistet sein.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Zuruf der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Was mich an Ihren Argumenten auch nervt, ist dieses ständige „Wir haben uns weiterentwickelt, wir sind jetzt modern“. Lebensschutz ist nicht unmodern.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der AfD und der FDP und des Abg. Thomas Seitz [fraktionslos])
Lebensschutz ist auch im Jahr 2024 etwas, was nichts mit Modernität zu tun hat.
Deswegen hoffe ich wirklich sehr, dass dieser Gruppenantrag keine Mehrheit bekommt. Denn ich bin der festen Überzeugung, dass die Gesellschaft ganz anders denkt, als die vermeintlichen Umfragen zeigen,
(Lachen bei Abgeordneten der SPD)
die Sie in Auftrag gegeben haben und die die Lebensrealität nicht abbilden.
(Beatrix von Storch [AfD]: Fragen Sie mal in den USA!)
Wir sind uns auch sicher, dass es nur ein Steinbruch ist.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Nach dem § 219a kommt der § 218. Nach dem § 218 geht es weiter. Dann sind es keine zwölf Wochen mehr, sondern 14, dann 16. Mit uns ist Lebensschutz nicht verhandelbar.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Frau Kollegin!
Deswegen werden wir geschlossen als Fraktion nicht zustimmen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Nur weil sie jetzt direkt angesprochen wurde,
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ich habe den Namen gar nicht erwähnt! – Gegenruf der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich! Außerdem geht es hier nicht um Fraktionsanträge! Das bitte ich zu berücksichtigen!)
lasse ich eine Kurzintervention von Carmen Wegge zu.
(Enrico Komning [AfD]: Aber nicht wieder so rumschreien!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7618847 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 203 |
Tagesordnungspunkt | Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs |