Nina WarkenCDU/CSU - Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss schon sagen, dass mir die Debatte zu dem Thema hier heute ziemlich schwerfällt, und das nicht, weil wir unterschiedliche Positionen haben – das gehört ja dazu –, sondern weil ich meine, dass das Thema Schwangerschaftsabbruch schon mit der notwendigen Ernsthaftigkeit besprochen werden muss.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Zuruf des Abg. Johannes Schraps [SPD])
Die Ernsthaftigkeit habe ich im Vorfeld – da hat man ja einiges in den sozialen Medien lesen können – und gerade auch heute hier vermisst. Ich glaube nicht, dass Triumphgeheul an dieser Stelle das Richtige ist.
(Johannes Schraps [SPD]: Wer macht das denn?)
Vordergründig geht es Ihnen um die Rechte der Frau. Aber eigentlich nutzen Sie das Thema doch für Ihren Wahlkampf, um abzulenken, und Sie bedienen dabei auch immer wieder dieselben falschen Mythen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Nicole Höchst [AfD] – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ganz schlimm!)
Jetzt mischt sich sogar der Kanzler in die Debatte ein, stilisiert sich plötzlich als Befreier der Frau – aber nicht, weil er den Frauen wirklich helfen will, sondern einfach nur, um von sich selbst abzulenken.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Und dazu nutzt er ein Thema, das für so einen Wahlkampf wirklich gänzlich ungeeignet ist.
(Zuruf der Abg. Leni Breymaier [SPD])
Ausgerechnet der Kanzler, der die ganze Zeit von Zusammenhalt und Gemeinsinn spricht, der rennt dann raus – die Kollegin hat es schon gesagt – und unterschreibt einen Gesetzentwurf, der mal eben einen langen, befriedeten gesellschaftlichen Kompromiss wieder aufreißt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das dann mit dem Argument zu tun: „Man hilft den Frauen“, das ist schon durchsichtig. Der Kanzler und seine Familienministerin hätten drei Jahre Zeit gehabt,
(Leni Breymaier [SPD]: Leider keine Mehrheit!)
etwas für Frauen zu tun: Fehlanzeige!
(Sonja Eichwede [SPD]: Das ist doch ein Gruppenantrag!)
Und dann rumzukommen mit diesem Antrag und mit diesem Gesetzentwurf zwischen Tür und Angel, zwischen Vertrauensfrage und Neuwahlen, ohne eine breite Debatte in der Gesellschaft geführt zu haben,
(Sonja Eichwede [SPD]: Doch!)
das jetzt durchzupeitschen, das wird einfach der ungeheuren Tragweite dieses Themas nicht gerecht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Aber lassen Sie uns doch mal schauen, um was es wirklich geht. Es geht darum, dass das Grundgesetz den Staat verpflichtet, das Leben, und zwar auch das ungeborene, zu schützen. Es geht darum, dass der vorliegende Gesetzentwurf die Perspektive des ungeborenen Menschen vollkommen außer Acht lässt.
(Sonja Eichwede [SPD]: Nein!)
Es geht darum, dass die Perspektive des ungeborenen Menschen mit diesem Gesetzentwurf vollkommen negiert wird.
(Beifall bei der CDU/CSU – Leni Breymaier [SPD]: Falsch!)
Es geht darum, dass dieser Gesetzentwurf den ungeborenen Menschen vollkommen unsichtbar macht: Er zählt de facto nicht.
(Sonja Eichwede [SPD]: Nein!)
Die Legalisierungsbefürworter behaupten immer: Die Situation hat sich verändert. Aber was hat sich denn wirklich verändert? „ Ist das ungeborene Leben jetzt weniger wert als im Jahr 1995?“, frage ich Sie.
(Beifall bei der CDU/CSU und der Abg. Nicole Höchst [AfD] – Sonja Eichwede [SPD]: Nein, aber das der Frau ist mehr wert!)
Geändert hat sich, dass Sie jetzt eine Politik betreiben wollen, die nur die Interessen der Frauen in den Mittelpunkt stellt und die des Kindes als zweitrangig einstuft.
(Sonja Eichwede [SPD]: Nein! – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)
Das hat sich geändert.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen zu meiner Linken, mit Ihrem Gesetzentwurf machen Sie den Schwangerschaftsabbruch zu einer Heilbehandlung wie jede andere, zu etwas Normalem, zu etwas Alltäglichem. Aber das ist er eben nicht. Mit dem Schwangerschaftsabbruch wird Leben beendet.
In Artikel 2 Absatz 2 Grundgesetz heißt es: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ Und es ist Aufgabe und Pflicht des Staates, diese Rechte zu schützen. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird dieses Grundrecht während der Zeit vor der Geburt ausgehöhlt.
Ich stelle Ihnen schon die Frage, ob für Sie der Embryo kein Mensch ist mit Rechten und Pflichten, und wann für Sie das Leben beginnt.
(Leni Breymaier [SPD]: Was hat denn der Embryo für Pflichten?)
Man kann das mit Karlsruhe beantworten: Das Menschsein beginnt mit dem Verschmelzen von Ei- und Samenzelle. – Ab dann entwickelt sich der Mensch als Mensch und nicht zum Menschen, und ab da ist er natürlich auch schützenswert.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Liebe Zuschauer auf der Tribüne, die Befürworter des Antrages suggerieren ja immer, dass es hier um die Frage „Abtreibung, ja oder nein?“ geht. Und es wird uns unterstellt, dass wir den Frauen dieses Recht absprechen wollen. Das stimmt nicht. Wir wollen, wenn möglich, Leben bewahren; das stimmt.
(Leni Breymaier [SPD]: Wir auch!)
Aber was wir ganz besonders wollen, ist, dass dieser Schritt gut überlegt ist – mit allen Pros und Kontras in Kenntnis sämtlicher Hilfs- und Unterstützungsangebote zum Wohle des ungeborenen Lebens, aber auch zum Wohle und für das Selbstbestimmungsrecht der Frau.
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich empfehle Ihnen, mal die ELSA-Studie zu lesen! – Zuruf der Abg. Sonja Eichwede [SPD])
Denn eine selbstbestimme Entscheidung kann nur in Kenntnis aller Umstände getroffen werden. Aber die Entscheidung für oder gegen die Fortsetzung einer Schwangerschaft in den ersten zwölf Wochen trifft einzig und allein die Frau.
Sie müssen bitte zum Schluss kommen.
Und diese Entscheidungsfindung wird durch Ihr Gesetz nicht besser, sondern schlechter, weil die dreitägige Wartefrist nach der Beratung entfällt.
Lassen Sie uns der hohen Verantwortung, die wir hier haben, um das Leben zu schützen, auch gemeinsam nachkommen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die nächste Rednerin ist Dr. Kirsten Kappert-Gonther.
(Beifall beim BÜNDNISS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der Linken)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7618854 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 203 |
Tagesordnungspunkt | Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs |