Kirsten Kappert-GontherDIE GRÜNEN - Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Gesetz zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs können wir Geschichte schreiben: Geschichte für Frauen in Not und ihre Ärztinnen und Ärzte.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der Linken – Zuruf der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU])
Beenden wir endlich die Kriminalisierung und vertrauen Frauen.
Man möchte ja glauben, wenn wir den Argumenten der Union zuhören, dass Frauen nicht in der Lage sind, verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen, wenn es keine Strafandrohung gibt.
(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wie kommen Sie darauf?
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD und der Abg. Nicole Westig [FDP])
Natürlich treffen Frauen verantwortungsvolle Entscheidungen. Dafür brauchen sie kein Strafgesetzbuch.
Wenn wir – vielleicht überlegen Sie da auch mal mit, vielleicht wir alle – heute ein weißes Blatt Papier nähmen und sagen würden: „Wir wollen mal ein gutes Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch schreiben“: Kämen dabei die Regelungen des aktuellen § 218 raus?
(Zurufe von der CDU/CSU: Ja! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz sicher nicht!)
Ein ellenlanger Absatz mit Verboten, kurz hinter Mord und Todschlag?
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, sicher nicht!)
Niemals! So etwas gibt es sonst nirgends auf der Welt.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der Linken)
Wir haben in Deutschland eine Situation, wo die Grundrechte Schwangerer nicht ausreichend geschützt werden.
(Sonja Eichwede [SPD]: Genau!)
Das hat die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung sehr klar herausgearbeitet. Und das war im Übrigen keine politische Kommission, das war eine Kommission von unabhängigen,
(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD] – Zurufe von der CDU/CSU: Ja, ja!)
hochrangigen Wissenschaftlerinnen, die multidisziplinär aufgestellt sind.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Geliefert wie bestellt!)
Jetzt kam das Argument von Ihnen, es sei doch alles gut; der gesellschaftliche Frieden sei hergestellt. – Ist das so?
(Zurufe von der CDU/CSU: Ja!)
Es ist nicht so.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Doch!)
Der § 218 ist ein schlechtes Gesetz.
(Beatrix von Storch [AfD]: Das finden wir auch!)
Darum setzen sich auch viele Frauen, Verbände – im Übrigen auch Männer –,
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Natürlich auch Männer!)
seit Jahren, Jahrzehnten, ja seit über 150 Jahren für eine Neuregelung ein.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der Linken)
Denn die Situation für Frauen in Not ist, dass eben nicht mehr überall der Zugang zu einem medizinisch sicheren Schwangerschaftsabbruch gewährleistet ist.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Auch zu anderen medizinischen Leistungen nicht nach dem neuen Krankenhausgesetz übrigens!)
Und da spielt die Kriminalisierung eine große Rolle.
Reduziert denn dieser mangelnde Zugang Schwangerschaftsabbrüche? Schützt er das ungeborene Leben besser? Nein. Aber er macht die Situation für Frauen in Not unnötig schwerer und gefährlicher. Wer kann das wollen?
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der Linken)
Ungewollt Schwangere werden durch die Arztsuche – weiße Flecken auf der Landschaft – und Wartefristen zusätzlich belastet.
(Nina Warken [CDU/CSU]: Drei Tage!)
Schwangerschaftsabbrüche werden unnötig herausgezögert, sodass der medikamentöse Abbruch manchmal nicht mehr möglich ist.
(Nina Warken [CDU/CSU]: Quatsch!)
Dabei ist eine ungewollte Schwangerschaft an sich belastend genug.
Betroffene brauchen Unterstützung und keine Strafandrohung. Eine ungewollte Schwangerschaft ist kein Verbrechen. Die Entscheidung über den eigenen Körper ist kein Verbrechen. Ein Schwangerschaftsabbruch ist kein Verbrechen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD und der Abg. Nicole Westig [FDP] – Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Frauen haben ein Recht auf eine gute Gesundheitsversorgung.
(Nicole Höchst [AfD]: Welches Recht haben denn die Kinder?)
Der vorliegende Entwurf ist moderat, ist konsensorientiert. Und er verbessert für die allermeisten Frauen,
(Nicole Höchst [AfD]: Ich höre immer nur „Frauen“! Was ist denn mit dem Recht der Frauen, geboren zu werden?)
die ungewollt schwanger sind, die Situation kolossal. Wenn der frühe Schwangerschaftsabbruch keine Straftat ist, wenn die Kosten übernommen werden, wenn es keine gesetzlich eingeforderte Wartefrist mehr gibt, hilft das ungewollt Schwangeren. Ärztliche Kolleginnen und Kollegen werden nicht länger abgeschreckt, ihre Patientinnen zu informieren und gut zu versorgen, wenn sie einen Schwangerschaftsabbruch brauchen.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Liebe Kolleginnen und Kollegen – ich komme zum Schluss –, es war ein langer Weg zu diesem Entwurf. Jetzt ist es nur noch ein kurzer Weg zu einem besseren Gesetz. Unterstützen Sie diesen Gesetzentwurf! Lassen Sie uns Frauen vertrauen!
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der Linken)
Das Wort geht an Sonja Eichwede.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7618855 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 203 |
Tagesordnungspunkt | Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs |