Peter AumerCDU/CSU - Änderung des Transplantationsgesetzes
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem in meinem Wahlkreis eine Mutter erfahren hat, dass ich den Gruppenantrag für die Widerspruchslösung unterstütze, hat sie mich zu sich nach Hause eingeladen. Sie hat eine kleine Tochter von zwei Jahren, sie heißt Lena. Ich habe sie besucht, und ich habe ein kleines Mädchen kennengelernt, das eine Maschine als Herz hat. Dieses Herz muss sie mit sich herumtragen – jeden Tag.
In dieser Debatte, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es um die Abwägung von Freiheit und Eigenverantwortung. Aber es geht auch, Herr Sichert, um die Frage der Perspektive. Schauen Sie mal in eine Familie wie diese. Die Eltern, Mutter und Vater, müssen jeden Tag für dieses Mädchen da sein, müssen ihr Herz hinter ihr her ziehen. Ich glaube, auch das ist eine Frage der Würde des Menschen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, wir müssen auch die Perspektive des anderen einnehmen und die Perspektive solcher Familien, die seit 1,5 Jahren auf einen Anruf warten: kein einziger Anruf, kein einziges Angebot. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollte auch ein Teil der Perspektive sein, die wir einnehmen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das ist nicht nur bei Lena der Fall, sondern auch bei 8 499 anderen Menschen in unserem Land. Und wie können wir es erklären, dass bei uns in Deutschland 40 Menschen pro 1 Million Einwohner ein Organ erhalten und in unseren Nachbarländern wie Belgien, Österreich oder Frankreich doppelt so viele und in Spanien sogar dreimal so viele?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, Befürworter und Gegner haben dasselbe Ziel; aber uns unterscheidet die Perspektive. Wir unterscheiden uns in der Beantwortung der Fragen: Haben wir Zeit? Wer gibt der Familie von Lena Antworten? – Ich glaube, wir sind gefragt, das heute zu behandeln. Wir müssen die Frage beantworten, warum wir nicht helfen können. Wir sollten diese Debatte, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch aus der Perspektive der Menschen sehen, die warten, die verzweifelt sind. Die Widerspruchslösung, meine sehr geehrten Damen und Herren, bietet Überlebenschancen, und zwar doppelt so viele.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Lieber Hermann, das ist so. Ich lade dich gerne ein. Wir können diese Familie auch gemeinsam besuchen. Ich glaube, die Widerspruchslösung ist dazu geeignet, mehr Spenderorgane zu bekommen. Das Einzige, was in diesem Fall entscheidend ist: Man kann widersprechen. Man soll widersprechen, wenn man möchte – klar –, einfach und ohne Druck. Die Spenderzahlen zeigen deutlich, dass die Situation besser wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, stellen Sie sich vor, Lena wäre Ihre Tochter: Ihre Hoffnung, ihr Leben hängt an einer mutigen Entscheidung, einer Entscheidung, die nur wir hier im Deutschen Bundestag treffen können. Deswegen: Haben wir den Mut zu mehr Nächstenliebe, zu mehr Solidarität, haben wir den Mut, Leben zu retten, haben wir den Mut, Organspende zum Normalfall zu machen!
Kommen Sie zum Schluss, bitte.
Helfen wir Lena, ihrer Familie und vor allem allen anderen betroffenen Menschen in unserem Land!
Danke schön.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Janosch Dahmen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7618881 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 203 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Transplantationsgesetzes |