06.12.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 204 / Zusatzpunkt 27

Andreas LaremSPD - Nordkoreapolitik

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass wir uns in einer der letzten Sitzungswochen dieser Legislaturperiode noch mit der außenpolitischen Entwicklung Nordkoreas und dessen Regime befassen, setzt ein richtiges Zeichen und hat infolge der intensivierten militärischen Allianz mit Russland auch eine akute Dringlichkeit bekommen, stellt die neue Dynamik doch eine Bedrohung des weltweiten Sicherheitsgefüges dar.

Beim Lesen Ihres Antrags, werte Kolleginnen und Kollegen der Union, bekommt man allerdings den Eindruck, dass es Ihnen an grundlegendem Hintergrundwissen fehlt. Richtiges Informieren hat noch keinem geschadet, und Information ist eine Holschuld, die ich aber entsprechend eingelöst habe.

(Heiterkeit der Abg. Heike Baehrens [SPD])

Ja, die gegen Nordkorea seit der Sicherheitsratsresolution 1718 verhängten und sukzessiv verschärften Strafmaßnahmen sind von maßgeblicher Bedeutung, um Druck auf das Land dahin gehend auszuüben, sein Nuklearprogramm aufzugeben. Der mit dem russischen Veto gegen die Verlängerung des Panels of Experts einhergehende Verlust an Schlagkraft der Sanktionen unterminiert aber die Bemühungen zur Überwachung der nuklearen und militärischen Ambitionen Pjöngjangs und stellt eine ernstzunehmende Bedrohung der globalen Stabilität dar. Die Sanktionsüberwachung lebt aber von Informationen, und diese fließen doch weiter; das Sanktionsregime besteht fort.

Ich bin zuversichtlich, dass das neu gegründete multilaterale Sanktionsüberwachungsteam, das auch deutsche Regierungsaktivitäten umfasst, die entstandene Lücke füllen wird. Eine Nachverfolgung der Sanktionseinhaltung ist nicht unmöglich, wie Sie hingegen behaupten. Das bleibt bei Ihrem Antrag leider genauso unerwähnt wie das deutsche Engagement im Pacific Security Maritime Exchange zur Überwachung des Luft- und Seeraums rund um die koreanische Halbinsel sowie die Beteiligung zweier Marinefregatten an der Beobachtungsmission im Indopazifik. Und nicht zuletzt ist gerade Deutschland ein zentraler Akteur bei der Einführung autonomer EU-Sanktionen.

Kurz: Es gibt weiterhin eine Fülle von Sanktionen sowie Überwachungsmechanismen, mittels welcher wir auf Atom- und Raketentests Pjöngjangs reagieren und klare Zeichen in Richtung Nordkorea senden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Frank Müller-Rosentritt [FDP])

So wichtig und richtig die Stärkung und die Aufrechterhaltung des Sanktionsregimes sind, so erforderlich ist doch eine realistische Einschätzung – und so viel Ehrlichkeit erwarte ich auch von Ihnen –: Die Hauptursache unzureichender Sanktionswirkungen und deren lückenloser Überwachung liegt doch nicht bei Deutschland. Es fehlt schlichtweg der internationale Konsens – siehe Russland, siehe China. Und hieran wird sich mit Blick auf deren eigene Interessen an einer Schwächung der Sanktionen auch in Zukunft mit Sicherheit nichts ändern.

Aber seien wir doch mal realistisch: Nordkorea ist zu einer Nuklearmacht geworden, die nicht mehr auf ihre Atomwaffen verzichten wird. Eine komplette, überprüfbare und irreversible Abkehr von dessen Atomwaffenprogramm ist heute äußerst unwahrscheinlich geworden, weshalb es immer wichtiger wird, auch auf diplomatischem Wege neue und ergänzende Schritte der Deeskalation sowie Friedensförderung zu finden,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

die in Ihrem Antrag aber so gut wie gar nicht erwähnt bzw. thematisiert werden.

Sanktionen sind doch kein Selbstzweck. Vielmehr sind sie Bestandteil einer integrierten, breitangelegten Politik, die auch den Dialog und Anreize umfassen muss.

Dies gilt umso mehr, als dass in den letzten Jahren ein Großteil der noch verbliebenen Gesprächskanäle nach Nordkorea vollends abgerissen ist – wie bei den meisten anderen westlichen Staaten auch. Die Ermangelung belastbarer Kommunikationsformate und diplomatischer Initiativen ist angesichts der gegenwärtigen Eskalationsspirale mehr als dramatisch.

Auch zur Überwindung des gegenwärtig bestehenden Defizits an grundlegenden Kenntnissen über die Lage vor Ort ist der Ausbau von Repräsentationen ein zentrales Instrument. Von entscheidender Bedeutung wird daher die Wiedereröffnung der deutschen Botschaft in Pjöngjang sein. Darauf sollte und muss hingearbeitet werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Betonen möchte ich auch die Notwendigkeit eines koordinierten und regelmäßigen Informationsaustausches mit unseren Verbündeten zu nordkoreanischen Angelegenheiten – auch im Sinne der Strategieentwicklung. Auch hier ist die EU aktiv, wie unter anderem die Gründung einer Verteidigungs- und Sicherheitspartnerschaft mit Japan und Südkorea ja zeigt. Zur Thematisierung von Abschreckungs- und Deeskalationsmaßnahmen sollten vermehrt auch die VN und internationale Formate wie die G 7 oder die G 20 genutzt werden.

Einen wichtigen Hebel wird künftig China darstellen. Hier gilt es, Peking von den sich aus der Deeskalation und Entspannung ergebenden Vorteilen im Verhältnis zu seinem Verbündeten Nordkorea zu überzeugen und dies gleichzeitig bei der Intensivierung des Dialogs mit Südkorea und Japan zu bekräftigen.

Es ist also eine Vielzahl von Maßnahmen, die uns zur Verfügung stehen. Die Bedrohungslage auf der koreanischen Halbinsel erfordert es, dass wir diese in ihrer Gesamtheit berücksichtigen und nachhaltig Druck auf Nordkorea ausüben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Tobias B. Bacherle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der nächste Redner ist für die FDP-Fraktion Frank Müller-Rosentritt.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Tobias B. Bacherle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7619030
Wahlperiode 20
Sitzung 204
Tagesordnungspunkt Nordkoreapolitik
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