06.12.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 204 / Zusatzpunkt 27

Frank Müller-RosentrittFDP - Nordkoreapolitik

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir eine große Ehre, heute zum voraussichtlich letzten Male hier im Deutschen Bundestag sprechen zu dürfen, und ich möchte die Bedrohung durch die kommunistische Diktatur Nordkoreas und deren unsägliche Allianz mit der Diktatur in Russland nutzen,

(Zuruf des Abg. Karsten Hilse [AfD])

um einmal grundsätzlich über die Bedrohung der Freiheit in der Welt zu sprechen und auch Gedanken der Lösung mit Ihnen zu teilen.

Nordkorea ist leider nur eine von vielen geschlossenen Gesellschaften, welche die Freiheit weltweit massiv bedrohen – die Freiheit der eigenen Bevölkerung und die Freiheit weltweit. Gemeinsam mit Russland und der Volksrepublik China, dem Terrorregime im Iran mit seinen mörderischen Proxys Hamas, Hisbollah, Huthis, deren erklärtes Ziel die Vernichtung des Staates Israel und des jüdischen Lebens ist, bildet Nordkorea eine Achse gegen unsere freie Art, zu leben und zu lieben.

Wir leben inmitten einer Neuordnung der Welt, in der Diktaturen mit Waffen und Hochtechnologie die Koordinaten der Freiheit mit Gewalt verschieben. Diese Verachtung der Freiheit verdichtet sich in einer ausgeprägten antiwestlichen Stimmung, die ganz viele hässliche Fratzen kennt. Die hässlichste unter ihnen ist der Antisemitismus, aber auch der Antiamerikanismus und ein extrem ausgeprägter Antikapitalismus.

(Beifall bei der FDP)

Die Welt fällt auseinander, und gerade deshalb müssen wir bei der Verteidigung der Freiheit viel enger zusammenstehen.

Zuweilen überrascht es mich in der Debatte, wie undifferenziert hierzulande über die neue amerikanische Administration oder über außerordentlich erfolgreiche Unternehmer gesprochen wird, als wären dies die Hauptfeinde dieser Tage. Schauen wir jedoch nur circa 1 000 Kilometer von Berlin entfernt in den Südosten Europas, sehen wir, wo die echten Feinde der Freiheit stehen. Doch leider ist es eben oft so, dass bei denjenigen, die am lautesten nach Vielfalt schreien, die Toleranz am Horizont der eigenen Diversität endet.

(Beifall bei der FDP)

Es ist erschreckend zu beobachten, dass sich die Front in diesen Wochen zu Ungunsten der Ukraine immer weiter Richtung Westen verschiebt. Es beschämt mich zutiefst, dass die Regierung Scholz es nicht vermocht hat, die Ukraine so auszurüsten, dass die ukrainischen Verteidigungskräfte durch einen wirksamen Kampf der verbundenen Waffen auch im tiefen Raum Stellungen und Versorgungswege der russischen Armee zerstören konnten. Eine Schande für die Freiheit!

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Wenn die Sozialdemokratie sich angesichts der Abhängigkeiten von russischem Gas so lange nicht getraut hat, der Ukraine bei der Verteidigung gegen Putins Russland wirksam zu helfen: Wie soll das erst im Falle einer möglichen chinesischen Aggression gegen Taiwan aussehen?

Wir haben in den vergangenen Jahren leider viel zu oft ein Versagen der deutschen Außenpolitik erlebt, wenn es darum ging, unsere Wertepartner wirksam dabei zu unterstützen, sich gegen Bedrohungen und Angriffe zu verteidigen. Das gilt neben der Ukraine genauso auch für Israel. Dass grüne Ministerien monatelang Waffenlieferungen an Israel verweigerten, ist mit meinem Wertekompass nicht vereinbar und widerspricht auch eklatant unserer deutschen Staatsräson.

(Beifall bei der FDP)

Es widerspricht auch unserer Staatsräson, dass wir mit deutschen Steuergeldern weiterhin UNRWA finanzieren, die im Gazastreifen von der Hamas unterwandert ist und ganz offensichtlich keinen Beitrag zur Verständigung und Koexistenz geleistet hat. Die Unterstützung für die palästinensische Zivilbevölkerung im Gazastreifen muss durch andere Organisationen erfolgen.

(Beifall der Abg. Beatrix von Storch [AfD] – Deborah Düring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, und durch wen?)

Die jahrelang gültige Formel unseres Wohlstandszuwachses aus Bezug von billiger Energie aus Russland, dem Absatz von Gütern nach China, während die USA mit Soldaten und Waffensystemen für unsere Sicherheit bezahlt, wurde zerstört. Deshalb brauchen wir in Deutschland strukturelle Veränderungen, damit wir wieder wettbewerbsfähig und auch ökonomisch wieder stark werden. Denn nur ein starkes und wirtschaftlich erfolgreiches Deutschland wird von den Feinden der offenen Gesellschaft ernst genommen.

Und wer glaubt, dass man durch etwas Herumschrauben an der Schuldenbremse hier signifikant etwas ändern kann, der irrt. Kein Staatshaushalt und keine Bankbilanz kann die enormen Aufwendungen schultern, derer es für die notwendigen Investitionen bedarf. Deshalb brauchen wir dringend einen einheitlichen und tiefen europäischen Kapitalmarkt. Die Kapitalmarktunion ist die Grundlage und das billigste Instrument für unseren zukünftigen Wohlstand.

Als führende Wirtschaftsnation muss Deutschland deshalb vorangehen und den Verbriefungsmarkt wiederbeleben. Wir werden diese enormen Ausgaben nur tätigen können, wenn die Banken in der Lage sind, ihre Forderungen zu verbriefen und ihr Eigenkapital für weitere Investitionen in unseren Wirtschaftsstandort zu stärken.

Und es braucht Wirtschaftswachstum, meine Damen und Herren. Während manche in dieser Republik und in diesem Parlament von Stillstand oder gar Degrowth träumen, sage ich: Wirtschaftswachstum ist die sozialste Politik. Denn nur wenn der Gesamtkuchen größer wird, kann man individuell Wohlstandsgewinn erfahren, ohne andere verdrängen zu müssen.

Zum Abschluss möchte ich betonen, dass es mir eine große Ehre war, zwei Legislaturperioden mit voller Kraft hier im Hohen Haus die Politik mitgestalten zu dürfen.

Ich würde nicht hier stehen und auch die Präsidentin nicht hier sitzen, wenn nicht mutige Menschen unter dem Einsatz ihres Lebens in der damaligen DDR für die Freiheit gekämpft hätten. Dass es den Menschen in Deutschland – bei allen Herausforderungen – so gut geht, ist das Produkt aus Demokratie, Freiheit und sozialer Marktwirtschaft.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diese Faktoren müssen neben dem Kampf gegen die Feinde der offenen Gesellschaft im Ausland und im Inland stets im Mittelpunkt unserer Politik bleiben, damit auch kommende Generationen – meine drei Töchter zum Beispiel – die Vorzüge und Chancen einer offenen und liberalen Gesellschaft erleben dürfen; denn Freiheit, meine Damen und Herren, ist alles außer selbstverständlich.

Ich möchte die letzten Sekunden nutzen, die mir Herr Larem geschenkt hat, um mich zu bedanken – mich zu bedanken bei den Kollegen der Fraktion, mich zu bedanken bei der AG, mich zu bedanken für die vielen überfraktionellen Gespräche in der DPG und im Ossi, für diese wirklich gute Zusammenarbeit.

Ich möchte mich auch bei meinen Mitarbeitern bedanken; denn ein Abgeordneter ist nur so gut wie seine Mitarbeiter. Ich möchte mich besonders bedanken bei Christian Meier, der über viele Jahre mein Büro geleitet hat, bei Michael Thiedemann, bei Sabrina Groß und bei meiner ma01 – jeder weiß, was es ist – Ivana Krajinović, die seit September 2017 meine Sekretärin ist. Ohne sie hätte ich vieles hier nicht geschafft. Vielen, vielen Dank an euch alle!

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte mich bei Julia Kieselstein bedanken, die im Wahlkreis Dinge auf die Beine gestellt hat, wovon ich niemals geträumt habe. Und ich möchte mich bei Jörg Gehrke bedanken – der Israelexperte schlechthin –, dem ich alles, alles Gute wünsche.

Abschließend möchte ich mich bei den Leuten bedanken, derentwegen ich das hier auch gemacht habe, nämlich bei meinen Kindern. Ich habe als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses wahrscheinlich mehr Länder gesehen als 95 Prozent der Bevölkerung; aber ich habe eben auch meine Kinder in den letzten Jahren deutlich weniger gesehen, als die Mehrheit der Bevölkerung ihre Kinder sieht. Wenn ich noch eine Legislaturperiode weitermachen würde, wäre meine älteste Tochter 17 und aus dem Haus, und keines meiner Kinder könnte sich an die Zeit erinnern, die ich zu Hause war. Deshalb bedanke ich mich bei meinen Kindern – bei Sarah, Theresa und Alisah – und bei meiner Frau für das, was sie die letzten Jahre mit mir durchgemacht haben.

Danke.

(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7619031
Wahlperiode 20
Sitzung 204
Tagesordnungspunkt Nordkoreapolitik
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