06.12.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 204 / Zusatzpunkt 27

Tobias B. BacherleDIE GRÜNEN - Nordkoreapolitik

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Putin vor einem halben Jahr seine Ostasienreise gemacht hat, war es eine kleine Zäsur, dass er nicht Seoul besucht hat, sondern Pjöngjang. Aber dieser Besuch ist ein Symptom einer Entwicklung, die zeigt, wie eng die Sicherheitsinteressen von Südkorea, der Region und uns inzwischen miteinander verwoben sind, wie nah die Sicherheitspolitiken in den unterschiedlichen Regionen dieser Welt inzwischen beieinanderliegen und zusammengedacht werden müssen.

Denn autoritäre Staaten rücken enger aneinander, und sie nehmen auch uns ins Fadenkreuz ihrer hybriden Kriegsführung. Wir haben das jüngst gesehen: In Rumänien wurden Zigtausende Fake Accounts und verschleierte Finanzierungen vom Geheimdienst offengelegt,

(Stephan Brandner [AfD]: Das ist ja wie beim Verfassungsschutz!)

die dort einen rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten unterstützen wollten.

(Mike Moncsek [AfD]: Der hat doch gewonnen!)

– Sie sind anscheinend sehr getroffen; gucken wir mal, was da noch so kommt. – Aber „long story short“: Wir stehen im Fadenkreuz dieser hybriden Kriegsführung. Und ja, es gibt natürlich auch bei uns überraschenderweise Verbündete in dieser Sache, die versuchen, das Vertrauen in unseren demokratischen Staat, in unsere demokratischen Institutionen zu unterwandern.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stephan Brandner [AfD]: Das machen Sie jeden Tag!)

Aber das Wichtige im Moment ist – und das hat etwas mit Nordkorea zu tun –: Nach dem Besuch von Putin in Pjöngjang haben viele gemutmaßt, was Nordkorea neben Munition denn noch so bieten könnte, und oft fiel dabei das Wort „Cyberangriffe“. Schon lange unternehmen nordkoreanische Hacker im Auftrag des Regimes Angriffe im Cyberraum, um sich und das Regime zu finanzieren – ja, auch jetzt, um die Produktion dieser Militärapparate, die dann an Putin geliefert werden, zu unterstützen. Viele haben gesagt: Nach diesem Besuch wird zu dieser monetären Dimension womöglich noch eine strategische hinzukommen.

Und tatsächlich haben nordkoreanische Hacker jüngst versucht, in Baden-Württemberg ein Unternehmen, das an der Entwicklung von Flugabwehrsystemen beteiligt ist, die wir in die Ukraine liefern, mit gefälschten Stellenangeboten und Webseiten zu hacken und auszuspionieren. Es gibt also einen klaren Zusammenhang zwischen diesen Cyberangriffen aus Nordkorea und unserer europäischen Sicherheit.

(Zuruf des Abg. Mike Moncsek [AfD])

Diese autoritären Allianzen klarer zu erkennen, halte ich für essenziell.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Union, in Ihrem Antrag steht durchaus viel Richtiges drin; es ist so richtig, dass die Bundesregierung das zu großen Teilen in den letzten Jahren schon angegangen ist.

(Heiterkeit der Abg. Heike Baehrens [SPD])

Und da muss ich jetzt schon mal sagen: nachdem es in den Jahren zuvor lapidar behandelt wurde. – Ich lese das jetzt einfach mal als Bestärkung für die Linie der Außenministerin und sage auch noch mal ganz klar, dass die Nationale Sicherheitsstrategie unter dieser Bundesregierung entwickelt wurde, dass es eine Indopazifik-Strategie gibt und wir entschieden erkannt haben, dass wir mit unseren Wertepartnern, mit unseren Verbündeten klar zusammenrücken müssen.

Wir sind jetzt zum Beispiel auch dem UN Command beigetreten. Wir übernehmen Verantwortung in einer multilateralen Truppe, um den Waffenstillstand auf der koreanischen Halbinsel aufrechtzuerhalten. Wir haben die China-Strategie auf den Weg gebracht, weil wir eben nicht mehr autoritären Staaten naiv in die Augen gucken wollen, und wenn sie uns dann anlächeln, dann machen wir – weiß ich nicht – irgendeinen Gasdeal oder so, machen uns nicht blind von denen abhängig und vertrauen darauf, dass ihr Lächeln irgendwie nett gemeint ist. Nein, wir schauen genau hin. Und wenn diese autoritären Regime hintenrum entweder rechtsextreme autoritäre Bewegungen in Europa oder Regime wie Nordkorea unterstützen, dann erkennen wir klar an, dass das auch unsere Sicherheitsinteressen am Ende des Tages verletzt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen war es natürlich so wichtig, dass wir weg von den fossilen Energieträgern und rein in eine Unabhängigkeit durch erneuerbare Energien gekommen sind. Und ich finde es spannend, dass Sie zwar auch viel über Cyberangriffe und Cybersicherheit reden, sehr gut, aber das Schwachstellenmanagement und der Schutz unserer kritischen Infrastruktur fangen ja bei uns an. Da will ich jetzt nicht sagen, was alles in 16 Jahren liegen geblieben ist, sondern ich will vor allem die Hand ausstrecken. Mit dem KRITIS-Dachgesetz haben Sie die Möglichkeit, jetzt ganz konkret mitzuarbeiten, damit unsere kritische Infrastruktur besser geschützt wird.

Natürlich muss das auch gemeinsam gehen, und da würde ich sagen: Mit Südkorea zum Beispiel einen Trade and Technology Council anzustoßen, wäre eine sinnvolle Strategie, genauso wie die Digitaldialoge. Aber sehr viele dieser Ansätze sind, wie gesagt, im Programm der Bundesregierung in den letzten Jahren schon enthalten gewesen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Kollege Frank Müller-Rosentritt hat es gerade gesagt: Unsere Freiheit steht unter Druck. – Und der einzige Way out ist mehr multilaterale Zusammenarbeit – uns gemeinsam dem entgegenzustellen und jene zu unterstützen, die im Visier der autoritären Regime stehen. Denn diese Regime trachten am Ende des Tages nach unserer Freiheit.

(Zuruf des Abg. Mike Moncsek [AfD])

Jene Menschen, die für die Freiheit einstehen – egal ob sie in Seoul auf die Straße gehen und sich diese Freiheit nicht nehmen lassen wollen, ob sie Dissidenten sind, die der Unterdrückung in Nordkorea entfliehen, oder ob sie in Georgien die europäische Flagge vor die Wasserwerfer halten –, diese Menschen sind unsere Verbündeten, und an ihrer Seite müssen wir mit aller Konsequenz stehen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Für die AfD-Fraktion hat das Wort Gerold Otten.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7619032
Wahlperiode 20
Sitzung 204
Tagesordnungspunkt Nordkoreapolitik
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