Heike BaehrensSPD - Nordkoreapolitik
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Nordkoreas schädliche Außenpolitik einzuhegen, muss Ziel aller sein, die es gut meinen mit dieser Welt. Die Sicherheitsinteressen unserer südkoreanischen Partner sind längst eng verknüpft mit unseren europäischen Sicherheitsinteressen. Darum treten wir den Provokationen und der immer aggressiveren Rhetorik des nordkoreanischen Regimes mit aller Entschiedenheit entgegen. Und selbstverständlich muss Nordkorea die militärische Unterstützung von Russlands völkerrechtswidrigem Angriffskrieg gegen die Ukraine sofort beenden.
(Zuruf des Abg. Karsten Hilse [AfD])
Auf der koreanischen Halbinsel scheint es aktuell aber aussichtsloser denn je, die Eskalationsspirale zu durchbrechen. Während der Norden sich durch seine strategische Partnerschaft mit Russland zu stabilisieren sucht, gerät der Süden durch das verheerende Agieren seines Präsidenten in Handlungsnot. Es bleibt ungewiss, wie sich die neue amerikanische Präsidentschaft auf das Sicherheitsgefüge im Indopazifikraum auswirkt.
Als Vorsitzende der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe haben mich die sich überschlagenden Nachrichten dieser Woche aus Seoul aufgewühlt. Aus heiterem Himmel führt Präsident Yoon Kriegsrecht ein; Soldaten riegeln das Parlamentsgebäude ab; eine Staatskrise droht. Und doch passiert das fast Unglaubliche: Demonstranten sichern den Abgeordneten der Nationalversammlung den Zugang zum Parlament. 190 anwesende Abgeordnete beschließen einstimmig die Aufhebung des Kriegsrechts. Selbst 18 Mitglieder der Regierungsfraktion haben mitgestimmt und damit verhindert, dass ein überforderter Präsident mit völlig unangemessenen Mitteln das vom Volk gewählte Parlament lahmlegt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Fürs Erste hat die Demokratie obsiegt.
Jetzt kommt es darauf an, dass auch die demokratischen Institutionen rechtsstaatlich reagieren. Auch dafür gibt es positive Anzeichen: Verantwortliche für die Umsetzung des Kriegsrechts wurden bereits des Amtes enthoben, und obere Strafverfolgungsbehörden prüfen den Verfassungsbruch.
Aus dem Parlament heraus wurde ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Yoon eingeleitet. Doch ob die Regierungspartei diesen Schritt mitgehen wird? Die notwendige Zweidrittelmehrheit für die Amtsenthebung zu gewährleisten, bleibt ungewiss, wurde sie doch selbst von den Ereignissen überrollt.
Die Verunsicherung im Land ist groß. Proteste nehmen zu. Die Wirtschaft reagiert sorgenvoll. Das entstandene Machtvakuum darf sich nicht zu einer noch größeren Staatskrise auswachsen. Keine einfache Aufgabe in einem Land, dessen politische Kultur geprägt ist von einer starken Polarisierung. Die beiden großen politischen Lager stehen sich fast unversöhnlich gegenüber.
(Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Es geht aber um Nordkorea hier!)
Wenn wir mit unseren koreanischen Freunden reden, wenn Mandatsträger aus Kommunen, Regionen oder Nationalversammlung zu Besuch nach Deutschland kommen, hören wir immer wieder großes Erstaunen darüber, dass hier konservative und progressive Parteien miteinander regieren, dass es in Koalitionen ganz unterschiedlicher Fraktionen gelingt, tragfähige Kompromisse auszuhandeln und für Kontinuität in der Gesetzgebung zu sorgen.
Für mich ist es ein großes Hoffnungszeichen, dass es in Seoul diesmal so schnell gelungen ist, parteiübergreifend und einstimmig das Kriegsrecht aufzuheben. Und die Menschen auf den Straßen und Plätzen zeigen erneut, wie schon bei den Kerzenschein-Protesten vor acht Jahren, welche Kraft eine lebendige Zivilgesellschaft hat. Vielleicht werden es ja solche friedlichen Demonstrationen sein, die dem äußerst unbeliebten Präsidenten den Weg zum Rückzug ebnen.
Wir hier in Deutschland und in der EU haben insbesondere vor dem Hintergrund der neuen strategischen Partnerschaft Nordkoreas mit Russland ein unmittelbares Interesse an einem stabilen Südkorea als Anker für die gesamte Region. Darum sollten wir als verlässliche Wertepartner Südkoreas weiter alles dafür tun, die sicherheitspolitische Zusammenarbeit zwischen der EU und Südkorea zu vertiefen und die demokratischen Kräfte in Südkorea zu stärken. Wir als SPD stehen ganz eng an der Seite derer auf der koreanischen Halbinsel, –
Kollegin.
– die sich im Inneren und auch international für Frieden, Freiheit, Sicherheit und Gerechtigkeit einsetzen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Zuruf von der AfD)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat der Kollege Thomas Röwekamp das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7619034 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 204 |
Tagesordnungspunkt | Nordkoreapolitik |