Volker UllrichCDU/CSU - Aktuelle Stunde: Abschaffung Paragraf 188 StGB - Politikerbeleidigung
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Abschluss dieser Debatte
(Maja Wallstein [SPD]: Was?)
erlauben Sie mir noch die eine oder andere grundlegende Anmerkung.
(Stephan Brandner [AfD]: Eine kommt noch!)
Erster Punkt. Die Meinungsfreiheit ist in der Tat grundlegend für eine freie und offene Gesellschaft.
(Zuruf von der AfD: Tja!)
Sie findet ihre Grenzen im Respekt und in einem friedfertigen Umgang miteinander, zunächst einmal in einer Kategorie jenseits des Strafrechts, nämlich bei der Frage des Respekts: Wie trete ich anderen Menschen gegenüber? Wie gehe ich mit ihnen um? Schreibe ich im Netz das Gleiche, was ich ihnen auch ins Gesicht sagen würde, und umgekehrt? Wir müssen die Kategorie des menschlichen Anstands in der Kommunikation, auch in der politischen, wieder stärker einfordern.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP und der Abg. Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Der zweite Punkt betrifft die Grenzen der Meinungsfreiheit ganz generell. Das ist nicht allein eine Kategorie von Hass und Hetze, sondern eine von strafbaren Inhalten. Diese strafbaren Inhalte bedeuten nichts anderes, als dass das Recht des einen dort endet, wo das Recht des anderen beginnt.
Wenn wir nicht mehr bereit sind, diese Kategorien zu akzeptieren, vergiften wir den Diskurs. Aber der freie Diskurs ist letztlich auch für den Erfolg einer freien und offenen Gesellschaft verantwortlich. Darum geht es.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Philipp Hartewig [FDP])
Ich will noch mal daran erinnern, warum § 188 StGB im Frühjahr 2021 geändert wurde: weil in Teilen unseres Landes eine Verrohung des Diskurses und ein Klima der Angst herrschte, weil vor allen Dingen unsere Kommunalpolitiker, gerade in kleineren Städten und Gemeinden, sich darüber beklagt haben, dass bei schwierigen Entscheidungen oftmals ein Klima der Angst herrscht, dass sie sich nicht mehr frei genug fühlen, ihr freies Mandat auszuüben. Deswegen müssen Sie die Regelung in § 188 StGB zusammen sehen mit der Regelung der sogenannten Auskunftssperre: damit es eben nicht zu Einschüchterungsversuchen vor der Haustür eines Gemeinderates kommt. Dabei geht es nämlich nicht um die Person selbst, sondern um das Funktionieren lokaler Demokratie, lokaler Strukturen vor Ort. Das war der Grund. Und ich finde, er ist heute noch richtig.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir müssen aber auch ganz klar zum Ausdruck bringen, dass im Rahmen der Änderung von § 188 StGB neben Verleumdung und übler Nachrede auch die Beleidigung als Tatbestandsmerkmal aufgenommen wurde. Es liegt letztlich in der Verantwortung eines jeden Einzelnen, wie er damit umgeht. Die Frage, ob ein Strafantrag gestellt wird oder nicht, ist also zunächst einmal eine souveräne eigene Entscheidung. Aber ja, zumindest kann man einfordern, dass derjenige, der ein gewichtiges politisches Amt hat, der in der Öffentlichkeit steht, der Macht ausübt, sich auch ein Stück weit mehr gefallen lassen muss. Machtkritik gehört auch zur Politik und zu einer freien und offenen Gesellschaft. Inwieweit man mit diesen Strafanzeigen differenziert umgeht, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Der Punkt ist aber, dass dieser Paragraf letztlich nicht allein ein Sonderrecht für Bundesminister ist, sondern er ist Ausdruck unseres wehrhaften Rechtsstaates gegenüber den Feinden der Freiheit. Das ist die Kategorie, um die es geht. Uns geht es darum, dass wir den Diskursraum nicht verschieben, nicht verengen, sondern dass wir genau das bleiben, was ich eingangs deutlich gemacht habe: eine freie, offene Gesellschaft, in der die Meinungsfreiheit selbst den politischen Diskurs bestimmt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort hat die Kollegin Maja Wallstein für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7619097 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 204 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Abschaffung Paragraf 188 StGB - Politikerbeleidigung |