Leni BreymaierSPD - Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Carmen Wegge hat es gesagt: Unsere Frauenhäuser sind ohnehin nicht zeitgemäß ausgestattet. Wenn ich bei mir im Wahlkreis unterwegs bin, bin ich schon mal ein bisschen geniert, in welchem Zustand diese Häuser tatsächlich sind. Ich glaube, die Zukunft der Frauenhäuser liegt, und zwar für alle Frauen, tatsächlich in Apartmentlösungen. Da kommen wir sicher hin. Dieses Riesenproblem, das Sie hier aufmachen, das existiert so nicht.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt habe ich ganz viel mitgeschrieben, und ich hatte auch das Gefühl, dass die Tonlage im Laufe der Debatte ein bisschen versöhnlicher geworden ist. Ich fange mal an mit den Zahlen: 360 Frauen werden jedes Jahr getötet; diese Zahl ist genannt worden. Ich habe das Gefühl, dass es inzwischen immer weniger Zeitungsüberschriften gibt, die besagen, dass irgendwo ein Familiendrama, ein Ehrenmord, eine Beziehungstat oder irgendetwas Ähnliches stattgefunden hat, sondern dass man jetzt darüber spricht, was es ist: ein Mord und ein Femizid. Das ist tatsächlich wichtig. Ich glaube, da sind wir einen Schritt weitergekommen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Was wir auch sehen müssen: Diese 360 toten Frauen hinterlassen im Schnitt 500 bis 800 Kinder, die davon betroffen sind. Das sind Kinder, die dann erstens ihre Mutter verlieren und zweitens auch den Kontakt zu ihrem Vater, und diese Kinder müssen dann hoch traumatisiert in dieser Welt weiterleben. Auch das ist ein wichtiger Grund dafür, dass wir uns hier alle miteinander engagieren.
Noch ein Punkt – das ist auch Ariane Fäschers großes Thema –: Es genügt nicht, einfach immer noch mehr Frauenhausplätze zur Verfügung zu stellen, wenn wir nicht gleichzeitig auch präventiv tätig werden. Da unsere Redezeit begrenzt ist, will ich an der Stelle schon mal die Frage stellen: Was macht das mit dieser Gesellschaft, was macht das mit dem Frauenbild dieser Gesellschaft, wenn das Durchschnittseinstiegsalter zum Konsum von harten Pornos bei zwölf Jahren liegt? Schon Neunjährige können aus Versehen auf Pornoseiten landen; man weiß, welches Frauenbild da vermittelt wird. Was macht das mit dieser Gesellschaft? Da müssen wir zusehen, dass wir im großen Ganzen eine gleichberechtigte Gesellschaft leben und den Kindern etwas anderes zeigen als das, was dort stattfindet.
Zu dem aktuellen Streit: Wir waren „brezelstolz“, Ulle Schauws, als wir gemeinsam diese Koalitionsverhandlungen geführt haben und weggekommen sind von dieser Föderalismusdenke, dass nur die Länder zuständig sind für den Schutz von Frauen vor Gewalt – das sind sie auch –, und es hingekriegt haben, ins Papier zu schreiben: Der Bund beteiligt sich an der Regelfinanzierung. – Aber klar war es uns auch wichtig, dass die Länder mehr machen müssen und sich nicht zulasten des Bundes einen schlanken Fuß machen dürfen. Das ist das, was uns auch wichtig war. Wir wollen da mehr.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt haben wir dieses Gesetz vorliegen, und es wurde daran gearbeitet. Aber, Nicole Bauer, wo ist das Problem? Wenn Lindner kein Geld zur Verfügung stellt, dann kann Paus sich die Hacken abrennen. Jetzt ist Lindner weg in der Funktion des Finanzministers, und der neue Finanzminister hat Finanzierungsmöglichkeiten aufgetan. Dafür bin ich außerordentlich dankbar.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Nicole Bauer [FDP])
Insofern, liebe Doro Bär, ist es mir am Ende des Tages tatsächlich wichtiger, dass wir uns hier im Parlament einig sind. Es ist nötig, dass Rix und Klein-Schmeink und Sie miteinander reden; denn gemeinsam können wir hier Mehrheiten herstellen. Andere können keine Mehrheiten mehr herstellen.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: So ist es!)
Deshalb sind Gespräche über all das wichtig, und ich habe auch herausgehört, dass wir diese Gespräche vielleicht auch führen.
Ich bin am Schluss meiner Redezeit. Einen Satz noch, weil ich nicht weiß, ob das jetzt meine letzte Rede ist. Ich hoffe, wir haben hier noch einige zweite und dritte Lesungen. Aber falls es meine letzte Rede sein sollte, will ich hier unbedingt noch gesagt haben: Und im Übrigen bin ich der Meinung, dass wir in Deutschland das sogenannte Nordische Modell in der Prostitution einführen sollten.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Nadine Heselhaus [SPD], Jasmina Hostert [SPD] und Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Jawoll, Leni! Donnernder Applaus bei SPD und Bündnis 90/Die Grünen!)
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich wünsche dann jetzt noch nicht alles Gute, weil ich ja nicht weiß, ob Sie vielleicht doch noch mal reden, Frau Breymaier. – Als Nächste hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion Mareike Lotte Wulf.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7619119 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 204 |
Tagesordnungspunkt | Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen |