Alexander DobrindtCDU/CSU - Antrag des Bundeskanzlers gemäß Art. 68 GG
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Weidel, es geht heute hier nicht um Sie. Aber das, was Sie hier gerade abgeliefert haben, das ist unterstes Niveau – das ist absolut unterstes Niveau.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Marc Bernhard [AfD]: Was denn konkret, Herr Dobrindt? – Weitere Zurufe von der AfD)
Wir, CDU und CSU, stehen seit 75 Jahren für den Frieden,
(Lachen bei Abgeordneten der AfD)
und die NATO ist Teil unserer Friedenssicherung. Sie haben am Wochenende dazu aufgerufen, Deutschland solle die NATO verlassen, weil die NATO Russlands Interessen gefährde.
(Enrico Komning [AfD]: Ach, das stimmt doch gar nicht!)
Ja, was ist denn das? Unsere Sicherheitsgarantie für jeden deutschen Bürger ist die NATO, und Sie wollen die aufgeben und begründen das noch mit den Interessen Russlands. Wer so etwas macht, der ist in Wahrheit kein deutscher Patriot. Lassen Sie sich das sagen!
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Joana Cotar [fraktionslos] – Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Und ich sage Ihnen noch was: Als CDU und CSU gegründet wurden, da hatten wir zwei klare Gegner: zum einen die Ewiggestrigen und zum anderen die Agenten Moskaus. Sie haben es geschafft, beides gleichzeitig zu sein.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf von der AfD: Das ist doch Unsinn!)
Herr Bundeskanzler, es ist nicht überraschend, dass Ihre Kanzlerperiode mit einer Vertrauensfrage endet. Es ist nur bedauerlich, dass sie so spät kommt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie reihen sich übrigens in die Kanzlerperioden der SPD ein, die immer mit einem Misstrauensvotum oder mit einer Vertrauensfrage geendet haben: Schmidt 1982, Schröder 2005, Scholz 2024. Das Interessante dabei ist: Die Begleitumstände sind immer die gleichen: Die Wirtschaft bricht ein, die Arbeitslosigkeit steigt, die Zahl der Insolvenzen steigt, und das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung ist schwer erschüttert. Es ist einfach keine gute Idee, wenn ein Sozialdemokrat im Kanzleramt sitzt. Offensichtlich gibt es einen engen Zusammenhang zwischen einem roten Kanzleramt und einer roten Laterne für Deutschland, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Scholz, ich war gespannt, ob Sie, nachdem Sie breitest erklärt haben, wer alles an Ihrem Regierungschaos schuld sei, vielleicht ein kleines Stück Schuld bei sich selber finden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Nein, nein, nein!)
Das haben Sie mit keinem Wort getan. Und deswegen muss man Ihnen sagen: Das war eine verdammt selbstgerechte Rede, die Sie heute hier abgeliefert haben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Aber vielleicht soll Ihre mangelnde Selbstkritik ja auch einfach darüber hinwegtäuschen, dass Sie in Ihrer eigenen Partei ja tage- und wochenlang höchst umstritten waren, was die Frage der zukünftigen Kanzlerkandidatur anbelangt. Nicht nur die beiden Vorsitzenden Ihrer NRW-Landesgruppe haben deutlich Werbung für Boris Pistorius gemacht; Kreisvorsitzende sagen öffentlich, sie werden Sie nicht plakatieren. Herr Bundeskanzler, es ist geradezu grotesk, dass Sie sich erneut zur Wahl als Bundeskanzler stellen.
(Zuruf der Abg. Verena Hubertz [SPD])
Ich sage Ihnen: Wer seine Koalition nicht zusammenhalten kann, wer seine Fraktion nicht zusammenhalten kann, der kann auch dieses Land nicht zusammenhalten, und der darf nicht Bundeskanzler werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Habeck, Sie empfehlen uns, dass wir uns mit der Realität beschäftigen sollen. Es wäre schön gewesen, wenn Sie sich in den letzten drei Jahren selber in irgendeiner Form damit beschäftigt hätten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ich habe ein Plakat gesehen; da ist Ihr Gesicht drauf. Auf diesem Plakat steht: „Zuversicht. Ein Mensch. Ein Wort.“ Wenn man Ihre grüne Wirtschaftspolitik betrachtet, dann erkennt man doch, dass die in einem engen Zusammenhang mit Zusammenbruch und nicht mit Zuversicht steht. Das ist der Blick auf die Realität in Deutschland.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Schauen wir uns Ihre Bilanz an: Wir haben seit zwei Jahren eine Rezession. Die Wirtschaft schrumpft. Nach der neuesten Prognose werden wir 2025 das Wachstumsschlusslicht aller Industrieländer sein. Die Arbeitslosigkeit steigt, Jobs gehen verloren oder wackeln. Die Industrie wandert ab, die Zahl der Insolvenzen steigt dramatisch. Und dann formulieren Sie daraus einen politischen Führungsanspruch für unser Land? Ich sage Ihnen: Ihre grüne Wirtschaftspolitik ist eine einzige politische Bankrotterklärung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Oder ich formuliere es mal in der Sprache Ihrer Traumwelten: Die grüne Wirtschaftspolitik ist nicht bankrott, nein, sie hat nur aufgehört, zu funktionieren, meine Damen und Herren.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)
Sie haben mit Ihrer Energiepolitik nicht nur die Bürger in Deutschland massiv verunsichert und aufgebracht, sondern auch unsere europäischen Nachbarn. Diese Woche war zu lesen, dass der norwegische Energieminister gegenüber Deutschland von einer – wörtlich – „absolut beschissenen Situation“ spricht. Die Wirtschaftsministerin in Schweden sagt: Ich bin sauer auf Deutschland, weil Deutschland die Energiepreise in Schweden hochtreibt.
(Beatrix von Storch [AfD]: Herr Habeck grinst, als wäre das witzig!)
Und wie ist Ihre Reaktion darauf, Herr Habeck? Sie sagen wörtlich: „Umgekehrt fließt der Strom aber auch von Deutschland nach Schweden, wenn hier der Strom günstig ist.“ Ja, wie ist es da mit Ihrem Blick auf die Realität? Anstatt sich den Problemen zu stellen, sind Sie sogar gegenüber unseren Nachbarn einfach nur arrogant. Das ist die Politik der Grünen hier in Deutschland.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie haben uns, dem Deutschen Bundestag, selber auf eine Anfrage geantwortet, dass wir vor dem Abschalten der Kernenergie an 20 Prozent der Tage Strom importiert haben und seit dem Abschalten der Kernenergie an 75 Prozent aller Tage Strom importieren müssen. In dieser Situation haben Sie nicht nur die Kernkraftwerke abgeschaltet,
(Beatrix von Storch [AfD]: Gesprengt hat er sie!)
sondern Sie haben auch noch die Kohlekraftwerke vom Netz genommen. Sie feiern in der grünen Bundestagsfraktion, dass die Abschaltung der Kohlekraftwerke ein wichtiger Fortschritt sei und die Energieversorgung damit gewährleistet ist.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie mal mit Nordrhein-Westfalen!)
Herr Habeck, ich sage Ihnen, wie die Energieversorgung in Deutschland zurzeit gewährleistet ist: Sie hängt an einem einzigen Punkt, nämlich daran, ob genügend Atomstrom aus Frankreich zur Verfügung steht. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik und der Blick auf die Realitäten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Torsten Herbst [FDP] – Zuruf der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Herr Bundeskanzler, ich hätte erwartet, dass Sie zu einem zentralen Thema noch etwas mehr sagen als das, was Sie hier erwähnt haben, und zwar zu dem Thema, das unsere Gesellschaft polarisiert, emotionalisiert und zur Spaltung führt, nämlich der Umgang mit der illegalen Migration. Es wäre richtig gewesen, heute ein Wort dazu zu sagen: Was passiert denn nach dem Sturz des Terrorregimes von Assad, nachdem die Übergangsregierung in Syrien deutlich gemacht hat, dass die Syrer aus dem Ausland wieder zurückkommen sollen?
(Zuruf der Abg. Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Können Sie auf die Frage, wie Sie jetzt damit umgehen wollen, eigentlich irgendeine Antwort geben, oder wollen Sie das Thema zum Tabu erklären, oder wollen Sie es, wie die Bundesministerin Lemke, sogar als „abstoßend“ bezeichnen, wenn man sich damit auseinandersetzt? Ich sage Ihnen: Es ist geradezu zwingend, in dieser Phase darüber zu sprechen,
(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Irgendwann später! Aber nicht nach zwei Stunden!)
wie ein Fahrplan ausschauen kann, um die Rückkehr nach Syrien zu ermöglichen. Verfahren wir nach einem ganz einfachen Prinzip: Wenn Schutzgründe wegfallen, dann muss auch Ausreise wieder möglich sein. Im gleichen Maße sagen wir aber: Wer gut integriert ist, auskömmliche Arbeit hat, der kann natürlich eine Bleibeperspektive haben.
(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Merken Sie es, Herr Dobrindt?)
Aber wer Straftäter ist, der muss auch schnellstmöglich wieder zurückgeführt werden. Hier stehen Sie im Wort, Herr Bundeskanzler, und das haben Sie bisher nicht gehalten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Merken Sie es gar nicht?)
Herr Bundeskanzler, Sie haben hier über Respekt gesprochen. Wenn man Ihre Bilanz anschaut, dann zeigt sich doch, dass die Ampel auch an ihrer Respektlosigkeit gescheitert ist. Die Abschaffung der Agrardieselrückvergütung, die Gastro-Mehrwertsteuer, das Bürgergeld, mit dem Sie die Menschen in der Sozialhilfe festzementiert haben, und das Heizungsgesetz, das als Symbol für links-grüne Bevormundung und ideologiegetriebene Belastung für die Gesellschaft steht, sind doch keine Beispiele dafür, was man von einer respektvollen Politik erwarten kann.
Herr Habeck, Deutschland ist kein ideologischer Experimentierbaukasten, bei dem Sie mal schnell testen könnten – wie Sie es genannt haben –, wo diese Gesellschaft ihre Bruchstellen hat. Ihre Regierung hat die gesellschaftliche Spaltung in diesem Land vorangetrieben, und auch daran sind Sie gescheitert.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Saskia Esken [SPD])
Herr Habeck, jetzt wollen Sie im Wahlkampf den Eindruck erwecken, dass Sie den Menschen auf Augenhöhe begegnen. Sie haben drei Jahre lang Politik über die Köpfe der Menschen hinweg gemacht. Ich kann Ihnen nur sagen: Mir geht es wie den meisten Bürgern im Land: Ich will Sie nicht an meinem Küchentisch sehen, ich will Sie nicht in meinem Heizungskeller sehen, und ich will Sie auf gar keinen Fall länger auf der Regierungsbank sehen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Den Satz haben Sie doch schon letzte Woche getwittert! Der ist doch schon alt!)
Kommen Sie zum Schluss.
Angesichts Ihrer Bilanz, Herr Bundeskanzler, Herr Bundeswirtschaftsminister, hätte man heute deutlich mehr Demut erwarten können. Sie sind als Fortschrittskoalition angetreten. Eine Rezessionskoalition sind Sie geworden. Als Respektloskoalition haben Sie regiert. Als Restekoalition stehen Sie heute vor dem Scherbenhaufen Ihrer Politik. Gehen Sie mit Gott, aber gehen Sie!
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als Nächster hat das Wort für die FDP-Fraktion Christian Dürr.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7619375 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 205 |
Tagesordnungspunkt | Antrag des Bundeskanzlers gemäß Art. 68 GG |