18.12.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 206 / Zusatzpunkt 2

Volker UllrichCDU/CSU - Aktuelle Stunde zur Lage in Syrien

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie sehr sich von einem auf den anderen Tag das Blatt der Geschichte wenden kann, zeigt der 8. Dezember, der Sturz des Assad-Regimes. Dass über ein Jahrzehnt lang Fassbomben auf die Bevölkerung geworfen wurden, dass Menschen mit Giftgas vom eigenen Regime ermordet wurden und dass Zehntausende Menschen in Folterkerkern ihr Leben lassen mussten, das darf nicht vergessen werden. Deswegen war dieser 8. Dezember – und wir Deutschen können das einschätzen – ein glücklicher, hoffnungsvoller Moment des syrischen Volkes.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir dürfen in diesem Moment auch nicht vergessen, dass es einen Unterschied gibt zwischen den politischen Kräften, die sich aus Opportunismus den Diktatoren dieser Welt andienen, und jenen, die darauf hoffen, dass die Geschichte ein gutes Ende nimmt, und auf Freiheit und Frieden setzen. Interessanterweise schließt sich auch hier der Kreis zwischen der AfD und dem BSW, die sich dem Assad-Regime angedient haben, im Unterschied zu jenen Kräften, die gesagt haben: Wir hoffen auf die Freiheit des syrischen Volkes.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jörn König [AfD]: Wer koaliert denn mit dem BSW?)

Ja, die Situation ist jetzt in Ruhe zu beobachten, und Besonnenheit und mäßigendes Verhalten sind von der neuen politischen Führung der HTS einzufordern. Die erste Forderung ist, dass Syrien weiter stabilisiert werden muss. Dazu gehört auch die Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen. Wenn 70 Prozent der Menschen humanitäre Hilfe brauchen, dann muss diese humanitäre Hilfe auch geleistet werden; denn das ist der erste Schritt, damit Stabilität wirklich gedeihen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Max Lucks [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der zweite Schritt ist, die Rechte der Frauen in diesem Land einzufordern, die Rechte der religiösen Minderheiten – der Kurden, der Jesiden und auch der Syrisch-Orthodoxen Kirche –, die in den letzten Jahrzehnten gelitten haben und die die Hoffnung auf die Freiheit der Ausübung ihrer Religion in diesem Land unbedingt behalten müssen. Dazu ist es notwendig, dass die möglicherweise sich im Entstehen befindenden diplomatischen Beziehungen auch diese Frage ganz besonders berücksichtigen. Es stimmt auch hoffnungsvoll – trotz des Misstrauens, welches wir gegenüber Russland an den Tag legen müssen –, dass der UN-Sicherheitsrat sich mit dieser Frage befasst und sich gemeinsam auf den Weg gemacht hat, eine neue Verfassung, freie Wahlen und den Schutz der Minderheitenrechte einzufordern.

Klar ist aber auch: Wir müssen die migrationspolitische Debatte sehr differenziert führen.

(Dr. Nils Schmid [SPD]: Das musst du mal dem Herrn Spahn sagen! – Sylvia Lehmann [SPD]: Genau!)

Diejenigen Menschen, die hierhergekommen sind, weil sie Schutz gesucht haben, und vor allem jene, die eingebürgert wurden, die hier integriert sind, sind Teil unserer Gesellschaft, und das werden wir auch verteidigen. Es gibt Menschen aus Syrien, die irgendwann wieder in ihr Heimatland zurückgehen wollen, um es mit aufzubauen, weil es ihre Heimat ist, weil sie sich ihrer Heimat verpflichtet fühlen. Auch das unterstützen wir.

Entscheidend ist doch, dass wir die Schritte richtig abarbeiten: erst die Stabilisierung in Syrien auch mit humanitärer Hilfe, dann ein richtiges Lagebild, um zu wissen, wie die Situation ganz konkret ist, und dann in Abstimmung mit unseren Partnern – übrigens auch mit der Türkei, die 3 Millionen Menschen aus Syrien aufgenommen hat – ein mögliches Fenster für die freiwillige Rückkehr von Menschen, um Syrien aufzubauen. Das muss doch unsere Devise sein. Unser Interesse muss es sein, dass Syrien eine prosperierende Zukunft in Frieden und Freiheit hat. An dieser Devise werden wir nicht rütteln, und das ist, glaube ich, der richtige Weg. Wir wollen die Frage differenziert, aber auch mit Nachdruck lösen.

Insgesamt ist zu wünschen, dass die gesamte Region stabilisiert wird; denn die Geister des letzten Jahrzehnts sind nicht weg. Russland und Iran werden nach wie vor versuchen, diese Region zu destabilisieren, weil dies ein Schlüssel zur Destabilisierung Europas insgesamt ist.

(Konstantin Kuhle [FDP]: So ist es!)

Wer also ein stabiles Europa möchte und eine Friedensordnung, die hält, der muss auch weiterhin den Versuchen Russlands und des Iran entgegentreten, diese Region zu destabilisieren. Das ist unsere Aufgabe.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Für das BSW spricht Sevim Dağdelen.

(Beifall beim BSW)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7619487
Wahlperiode 20
Sitzung 206
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur Lage in Syrien
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