Sabine GrützmacherDIE GRÜNEN - Finanzmarktdigitalisierungsgesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Grüne sind gerade fleißig am Stricken. Mein Schal ist schon gestrickt. Ich plane den Wahlkampf am Glühweinstand, bei Glühwein oder Punsch. Deswegen würde ich jetzt gerne über das Gesetz selbst reden.
(Beifall des Abg. Sascha Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Sie haben es doch acht Monate blockiert!)
Ich rede jetzt über das Gesetz selbst, weil ich finde, dass dieses Thema sehr wohl auch in die Zeitungen gehört. Es ist nämlich ein wirklich wichtiges Gesetz, bedeutend für den Digitalstandort Deutschland.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Nadine Heselhaus [SPD])
Cybersicherheit, Bekämpfung der Finanzkriminalität und Verbraucherschutz, das ist der Dreiklang für einen modernen Finanzstandort Deutschland. Konkret setzen wir mit diesem Gesetz die europäische MiCA- und die DORA-Verordnung sowie die Neufassung der EU-Geldtransferverordnung in deutsches Recht um. Wir fördern Innovation und Resilienz und schaffen Rechtssicherheit, Aufsicht und Verbraucherschutz.
Krypto ist nicht nur Innovation – deswegen möchte ich auch noch auf einen anderen Part eingehen –; denn es gibt auch Spaßcoins wie den Dogecoin. Wenn ein einzelner, hier nicht namentlich genannter Tech-Milliardär diesen Coin einmal zum Mond und wieder zurück schießt, dann ist das auch ein Beispiel dafür, dass eine nicht vorhandene Regulierung und Sensibilisierung im Bereich Verbraucherschutz problematisch werden kann.
(Maximilian Mordhorst [FDP]: Ja, alles wegregulieren!)
Molly White, Forscherin, Entwicklerin und Fellow am Harvard Innovation Lab, hat auf der Seite web3isgoinggreat.com eine wirklich unglaubliche Sammlung an nicht eingehaltenen Versprechungen aus diesem Bereich zusammengestellt. Deswegen müssen wir wirklich beide Seiten betrachten: Innovation und Chancen, aber auch Verbraucherschutz.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Kriminalität ist im Kryptobereich auch ein Thema. Deswegen verpflichten wir Kryptodienstleister, rechtliche Vorgaben zum Schutz von Wallets umzusetzen. Informationen über die Absender und Empfänger von Kryptovermögenswerten müssen erfasst und im Verdachtsfall auch bereitgestellt werden. Mit dem FinmadiG haften nun diese Dienstleister, wenn sie Kryptowerte ihrer Anleger verlieren.
Krypto, Geldwäsche und professionalisierte Finanzkriminalität gehören leider oft zusammen. Ermittlungsbehörden stehen vor kreativsten Ideen Organisierter Kriminalität. Da werden zum Beispiel Rap-Bands gegründet, die Songs auf Portalen wie Spotify online stellen, und die Gewinne durch Streaming, bezahlt in Kryptoassets, werden zur Geldwäsche genutzt. Auch das gehört zur Wahrheit.
Kryptomixer erschweren Ermittlungen. Manchmal werden Akten geschlossen, sobald nur das Wort „Krypto“ auftaucht. In Zukunft werden wir auch da ansetzen müssen, zum Beispiel, indem wir Schwerpunktstaatsanwaltschaften stärken und ausbauen. Da ist die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main ein wirklich wunderbares Beispiel.
Krawattenkriminelle und professionelle Geldwäscher nutzen wirklich jede Gelegenheit gnadenlos aus. Deshalb freut es mich umso mehr, dass wir die Kryptodienstleister als Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz aufnehmen und die BaFin die Aufsicht über unsere Kryptodienstleister übernimmt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das ist für den Bereich der Finanzmarktdigitalisierung ein wichtiger Schritt weg vom Geldwäscheparadies Deutschland. Das ist ein kleines bisschen Goldstaub von dem von Christian Lindner versprochenen Goldstandard in der Bekämpfung der Finanzkriminalität. Wir alle gemeinsam könnten da vielleicht noch ein bisschen mehr Gold unter den Weihnachtsbaum legen.
Wir stärken außerdem – das finde ich sehr, sehr wichtig – den ehrenamtlichen Verbraucherbeirat der BaFin und unterstützen den Beirat mit einem Sekretariat. Das lohnt sich für uns alle und auch für den digitalen Finanzmarkt, weil wir damit zivilgesellschaftliches Ehrenamt wertschätzen. Gerade dann, wenn Bürgerinnen und Bürger in ihrer Freizeit dem Staat Expertise zur Verfügung stellen, sollten wir das auch würdigen und mit Ressourcen unterstützen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Kommen wir zu DORA. Diese EU-Richtlinie ist schon in Kraft getreten, Banken und Versicherungen müssen sie schon erfüllen. Aber wir haben da trotzdem noch etwas zu tun; denn die Aufsichtspflichten und Sanktionsmöglichkeiten müssen noch festgelegt werden.
Die Verbesserung der operativen Resilienz im Finanzbereich hat mehrere positive Auswirkungen: Wir stärken unmittelbar die Finanzstabilität Europas und verbessern die Cybersicherheit der Banken und Versicherungen; denn die Finanzinstitute werden verpflichtet, die Resilienz ihrer IT-Infrastruktur nach hohen Anforderungen regelmäßig zu testen. Diese hohen Standards brauchen wir wirklich dringend; denn IT-Security-Versicherungen können aufgrund der immensen Schäden bald teilweise nicht mehr rückversichert werden. Laut Bitkom beträgt der jährliche Schaden für die Wirtschaft in Deutschland durch Cybercrime, verursacht durch Datendiebstahl, Spionage oder Sabotage, insgesamt 267 Milliarden Euro.
Die DORA-Verordnung ist besonders hervorzuheben; denn sie greift auch der NIS-2-Richtlinie vor, die im Bereich der kritischen Infrastrukturen neue europäische Regeln umsetzen soll. Sie verpflichtet Banken und Versicherungen schon jetzt zur Einhaltung wichtiger IT-Sicherheitsstandards.
Um jegliche Schlupflöcher zu schließen, verabschieden wir heute Aufsichtspflichten und Sanktionsmöglichkeiten. Damit geben wir den Aufsichtsbehörden Augen und Zähne.
Für die Finanzmarktdigitalisierung bedeutet das: Wir schaffen im Banken- und Versicherungssektor ein Fundament für Verbraucherschutz, Resilienz und Innovation. Wir stärken die IT-Sicherheit und die Geldwäschebekämpfung. Wir regulieren; aber wir regulieren innovationsfreundlich.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Danke für Ihre Aufmerksamkeit. – Ich weiß, das ist ein sehr sperriges Gesetz. Unterm Weihnachtsbaum hat man vielleicht auch Zeit, Scrabble zu spielen; die Namen sind ja immer sehr lang. Trotzdem, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer: Diese Gesetze machen unser Land sicherer und innovationsfreundlicher. Deswegen gehört das Thema meiner persönlichen Ansicht nach auch in die Zeitungen.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Maximilian Mordhorst spricht jetzt für die FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7619505 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 206 |
Tagesordnungspunkt | Finanzmarktdigitalisierungsgesetz |