18.12.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 206 / Tagesordnungspunkt 4

Max StraubingerCDU/CSU - Selbstständigenförderung

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Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die FDP beglückt uns heute mit einem Antrag nach dem Motto: Hätte man mal tun sollen! Aber Sie haben es in drei Jahren nicht getan.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einiges davon hätten wir noch gemacht!)

Jetzt plädieren Sie großartig für die Selbstständigkeit. Ich stelle fest: Ich bin beglückt darüber, dass sich so viele um die Selbstständigen kümmern; aber ich bin der einzige Selbstständige, der an dieser Debatte teilnimmt.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich war auch selbstständig!)

Von daher, glaube ich, kann ich wesentlich besser aus der Praxis argumentieren und berichten.

Sie kümmern sich hier um das Statusfeststellungsverfahren. Ich habe dieses Verfahren als selbstständiger Versicherungskaufmann durchlaufen. Ich bin nicht durchgefallen und habe es auch nicht als belastend empfunden.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wann war das? Wann?)

Und auch wenn Sie Positivkriterien aufstellen, haben Sie die gleichen Abgrenzungsschwierigkeiten wie bei Negativkriterien.

(Beifall bei der Linken)

Es ist also völlig egal, was Sie hier fabrizieren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jens Teutrine [FDP]: Dann haben Sie Ihr Wahlprogramm nicht gelesen! Das steht im CDU-Wahlprogramm!)

Das Statusfeststellungsverfahren ist auch ein Schutz für Selbstständige. Denn wir haben doch nur die Probleme beim Statusfeststellungsverfahren, wenn ein sich ehemals selbstständig Fühlender plötzlich feststellt: „Eigentlich wäre es besser gewesen, ich wäre nicht selbstständig gewesen“, und sich dann in den sozialen Versicherungsschutz hineinklagt. Das ist ja letztendlich die Folge des Herrenberg-Urteils: dass jemand, der sich als selbstständig bezeichnet hat, hinterher feststellt: Die Rentenversicherung wäre ganz gut gewesen. Der Auftraggeber soll dafür noch zahlen. – Das ist doch hier die Misere, die wir zu beackern haben. Und unter diesem Gesichtspunkt, glaube ich, sind diese Vorschläge ungeeignet.

(Beifall bei der Linken)

Was noch das Tollste ist, ist der Vorschlag in dem Antrag, die Alterssicherung für Selbstständige auszusetzen. Zwar soll die Alterssicherung insgesamt verpflichtend sein, aber sogar die Berufsstände, die in den berufsständischen Versorgungswerken versichert sind, sollen befreit werden und rausgehen können. Wenn ich feststelle, –

Herr Kollege.

– dass im Alterssicherungsbericht –

Herr Kollege.

– Ihrer Bundesregierung – –

Entschuldigung. Ich musste Sie unterbrechen, weil Sie nie einen Punkt machen. Da ist der Wunsch nach einer Frage aus der FDP-Fraktion. Wollen Sie die zulassen?

Ja, gerne. Die Kollegin Hessel.

Vielen Dank, Kollege Straubinger, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie haben gerade gesagt, das Statusfeststellungsverfahren werde meistens von denen beantragt, die sich kurz vor Toresschluss noch in die Rentenversicherung hineinklagen möchten und somit über ihren Auftraggeber plötzlich Rentenansprüche geltend machen.

Wissen Sie eigentlich, wie viele dieser Feststellungsverfahren eingeleitet werden, weil es eine sozialversicherungsrechtliche Prüfung gibt, und wie viele Auftragnehmer mit diesen Rentenansprüchen – die Rentenversicherungsbeiträge muss der Auftraggeber zahlen, weil er dann plötzlich Arbeitgeber ist – beglückt werden, die eigentlich viel lieber weiterhin selbstständig bleiben würden?

Liebe Frau Kollegin, es kann ja möglich sein, dass es von den einen mehr gibt und von den anderen weniger.

(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das hilft aber trotzdem nicht, wenn es darum geht, eine Prüfung durchzuführen. Oder Sie sagen: Jeder, der sich für selbstständig erklärt, der ist selbstständig, und daraus resultierend gibt es kein Klagerecht und keine Möglichkeit, von seinem Auftraggeber plötzlich doch Sozialversicherungsschutz einzufordern. – Das lese ich in Ihrem Antrag nicht. Da frage ich mich: Wie wollen Sie das abgrenzen?

(Zuruf der Abg. Katja Hessel [FDP])

Das ist immer die entscheidende Frage. Von daher ist Ihr Antrag ungeeignet.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber nochmals zurück zu den Selbstständigen, ihrer Altersvorsorge und der Befreiung davon. In Ihrem eigenen Alterssicherungsbericht – da haben Sie noch der Bundesregierung angehört – geben Sie kund,

(Jens Teutrine [FDP]: Alte Kamellen!)

dass die Selbstständigen die schlechteste Absicherung haben. Die beste Absicherung unter den Selbstständigen haben noch die in den verkammerten Berufen – Steuerberater, Architekten, Ärzte –, weil sie verpflichtet sind, in ein Versorgungswerk einzuzahlen. Andere sind das eben nicht. Es ist letztendlich ein Verhohnepiepeln der Selbstständigen, zu sagen: Ihr braucht nichts zu zahlen. – Es gibt Versicherungsschutz nur, wenn man auch zahlt.

Ein Wort noch, Frau Präsidentin – ich sehe, das Licht hier leuchtet –: Das ist heute nicht meine letzte Rede. Am Freitag halte ich noch eine Rede vor den Kollegen der Landwirtschaft.

Dann müssen Sie jetzt zum Schluss kommen.

(Heiterkeit der Abg. Angela Hohmann [SPD])

Ich darf mich heute aber nach 30-jähriger Zugehörigkeit zum Deutschen Bundestag zumindest bei den Kolleginnen und Kollegen im Sozialausschuss für die immer angeregten Diskussionen recht herzlich bedanken. Ich wünsche mir natürlich, dass weiterhin für hohen sozialen Sicherungsschutz für die Menschen in Deutschland gesorgt wird, und vertraue und hoffe darauf, dass das die zukünftig Verantwortlichen in großartiger Arbeit tun werden.

Ich sage ganz bewusst: Gott schütze unser schönes Land!

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der Linken sowie bei Abgeordneten der AfD)

Das haben Sie jetzt geschickt gemacht, weil Sie am Freitag dann sagen werden: Und jetzt kriege ich noch eine Minute Redezeit, weil es meine letzte Rede ist.

(Heiterkeit)

Der nächste Redner ist Esra Limbacher für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7619551
Wahlperiode 20
Sitzung 206
Tagesordnungspunkt Selbstständigenförderung
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