Parsa MarviSPD - Steuerpolitik
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wiederkehrende Anträge – ich glaube, ich habe erst im Juni dazu gesprochen; morgen wird ja auch noch mal zum Soli debattiert – schaffen wiederkehrende Möglichkeiten der Einordnung.
(Stefan Keuter [AfD]: Ist ja auch ein wichtiges Thema!)
Ich will daher klar sagen: Steuern sind kein Wert an sich. Wenn der Staat einen nennenswerten finanziellen Beitrag von seinen Bürgerinnen und Bürgern beansprucht, muss er das gut begründen können. Man muss den Sinn von Steuern immer wieder neu erklären. Deswegen leisten wir heute gerne Aufklärungsarbeit beim Solidaritätszuschlag.
(Beifall bei der SPD)
Beim Soli denkt man als Erstes an die Deckung der Kosten der deutschen Einheit – an den Solidarpakt I und den Solidarpakt II, der Ende 2019 ausgelaufen ist –, obwohl es diese automatische Verknüpfung so nie gab. Aber bleiben wir einmal bei diesem Bild. Fast 400 Milliarden Euro wurden in diesen Bereich in drei Jahrzehnten investiert. Ungefähr so viel hat der Soli auch an Einnahmen gebracht. Die Steuerzahler/-innen haben einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung einer Generationenaufgabe geleistet.
(Stefan Keuter [AfD]: Das ist verfassungswidrig!)
Da haben wir ein ganz anderes Staatsverständnis als Sie: Nicht ein klammer, nicht ein armer, sondern nur ein handlungsfähiger Staat mit einer soliden Finanzbasis konnte diese wichtige Aufgabe übernehmen. Dafür war das Steuergeld gut angelegt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD – Jörn König [AfD]: Was passiert, wenn Sie weiter dran sind?)
Nun gibt es zwei hartnäckige Mutmaßungen der Anti-Soli-Lobby, warum der Soli denn verfassungswidrig wäre. Die erste Mutmaßung begründet sich auf dem Auslaufen der oben genannten Programme. Hier empfiehlt sich die Lektüre des letzten Soli-Urteils des Bundesfinanzhofes; es war ein bemerkenswertes Urteil. Der BFH hat ganz klar festgestellt, dass eine Ergänzungsabgabe wie der Soli erhoben werden kann, solange ein besonderer Mehrbedarf besteht und solange dieser Mehrbedarf auch begründet werden kann.
(Kay Gottschalk [AfD]: Bei Sozialdemokraten besteht er immer! – Zuruf des Abg. Olav Gutting [CDU/CSU])
Der Solidaritätszuschlag bringt der öffentlichen Hand Einnahmen von 12 Milliarden bis 13 Milliarden Euro jährlich. An sinnvollen, gut begründbaren und besonderen Mehrbedarfen mangelt es in der heutigen Zeit wahrlich nicht, wenn wir uns die dringend notwendigen Investitionen in den Strukturwandel, in den Klimaschutz oder in die Digitalisierung anschauen, egal ob man das Instrument künftig „Soli“ oder „Zukunftsabgabe“ nennen wird.
(Beifall bei der SPD)
Die zweite Mutmaßung von Ihnen begründet sich in einer vermeintlichen Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Aber das sieht der BFH so auch nicht. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sagen hier ganz klar: Es war eine richtige Tat des damaligen Bundesfinanzministers Olaf Scholz und der damaligen Koalition, den Soli in einem Land, in dem es so unterschiedliche Lohn- und Einkommensverhältnisse gibt, für 90 Prozent der Steuerzahler/-innen abzuschaffen, aber für das bestverdienende Zehntel sehr wohl beizubehalten. Menschen mit sehr hohen Einkommen müssen gemäß dem Leistungsfähigkeitsprinzip auch einen höheren Beitrag zur Finanzierung unseres Gemeinwesens leisten.
(Beifall bei der SPD – Kay Gottschalk [AfD]: 70 000 Euro brutto sind „sehr hohe Einkommen“?)
Wem hat unsere Abschaffung des Solis für die 90 Prozent Normalverdiener/-innen geholfen? Zum Beispiel dem Pfleger mit einem Bruttojahreseinkommen von 40 000 Euro, der 260 Euro im Jahr spart; zum Beispiel der Facharbeiterin mit einem Bruttoeinkommen von 60 000 Euro, die 540 Euro im Jahr spart.
(Jörn König [AfD]: Das mussten Sie machen!)
Und wem will die AfD nun helfen? Herr Gottschalk, Sie haben ja vorhin von Menschen mit „Durchschnittseinkommen“ gesprochen,
(Kay Gottschalk [AfD]: Ja!)
zum Beispiel dem Chefarzt mit einem Bruttojahreseinkommen von 300 000 Euro, der durch die Abschaffung des Soli 5 400 Euro im Jahr sparen würde, zum Beispiel dem Konzernvorstand, dem Einkommensmillionär mit 2 Millionen Euro Einkommen im Jahr, der durch Ihre Maßnahme 50 000 Euro im Jahr sparen würde. Damit ist auch für jedermann glasklar, für wen wir Politik machen und welche Einkommensgruppen Sie anscheinend besonders im Blick haben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD])
Der nächste Redner ist Dr. Michael Meister für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7619563 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 206 |
Tagesordnungspunkt | Steuerpolitik |