Sebastian BrehmCDU/CSU - Steuerfortentwicklungsgesetz, Finanzmarkt
Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befassen uns heute mit zentralen Weichen im Steuerrecht. Hauptgegenstand ist das Steuerfortentwicklungsgesetz. Es wurde ja – der Kollege Güntzler hat darauf hingewiesen – eigentlich seit Monaten erwartet, dann in das parlamentarische Verfahren eingebracht, und Sie haben es letztlich nie weiterverfolgt.
Schon in der ersten Lesung war klar, dass das Gesetz nicht so bleiben konnte, wie es war. Ich sage nur: Abschaffung der Steuerklassen mit Belastung der Familien mit Kindern,
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unsinn! Das ist doch pure Ideologie von Ihnen! Frauen sollen zu Hause bleiben!)
mit Belastung auch derjenigen, die arbeitslos werden. Ich nenne nur das Stichwort „nationale Anzeigepflichten“. Das müssen Sie sich mal vorstellen: Jede legale Steuergestaltung sollte mittels einer anonymisierten Berechnung an das Bundeszentralamt für Steuern geschickt werden. Das wären am Tag vielleicht 5 000 oder 10 000 Meldungen gewesen. Das ist dieses alte Misstrauen der SPD und der Grünen gegenüber den mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmern.
(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: So ist es!)
Ich sage Ihnen eins: Die mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmer wollen in unserem Land Umsatz machen, sie wollen Ertrag machen, sie wollen neu investieren und den Mitarbeitern mehr Geld geben. Dieses Misstrauen ist einfach nicht angebracht; aber dieses Misstrauen kriegen wir bei Ihnen auch nicht aus dem politischen Mindset raus.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Michael Schrodi [SPD])
– Herr Schrodi, ich will Sie bloß mal fragen: Wenn man legale Steuergestaltungen anzeigen soll, meinen Sie denn, der Bankräuber oder der Steuerbetrüger würde dann eine Anzeige machen und sagen: „Ich komme heute um 16 Uhr zur Sparkasse und überfalle die“? Das ist doch Irrsinn, was Sie machen wollten, Irrsinn und Wahnsinnsbelastung ohne jegliches Ergebnis.
(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Schrodi [SPD]: Sie machen sich echt lächerlich! Nehmen Sie mal das Parlament ein bisschen ernster hier, das Hohe Haus!)
Erfreulicherweise und dankenswerterweise ist es durch den Zerfall der Bundesregierung jetzt möglich, dass diese ganzen irrsinnigen Bürokratiegeschichten aus dem Gesetz herausfallen, weil auch Sie gemerkt haben, dass Bundestagswahl ist, weil auch Sie gemerkt haben, dass die Bürgerinnen und Bürger ab dem 1. Januar 2025 durch Ihre Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge mehr belastet werden.
Jetzt sind Sie noch mal hektisch beigekommen und haben gesagt: Wir können das doch auf den Weg bringen, verkleinert, mit der Erhöhung des Grundfreibetrags, mit der Verschiebung der Steuereckwerte, der Anhebung des Kindergeldes, der Kinderfreibeträge und des Kindersofortzuschlags – übrigens alles, was gesetzlich zum Abbau der kalten Progression vorgesehen ist. Deswegen stimmen auch wir diesem Gesetz gerne zu.
Und zu der alten Mär, wir würden nicht zustimmen, wir würden blockieren: Sie sind ja nicht einmal mit Gesprächen auf uns zugegangen.
(Johannes Schraps [SPD]: Das stimmt nicht! – Michael Schrodi [SPD]: Na klar! Mit Frau Tillmann haben wir Gespräche geführt! Das ist ja so was von einer dreisten Lüge!)
Natürlich sind wir bereit für jegliche Entlastung der Wirtschaft. Natürlich sind wir bereit für höhere Abschreibungen. Natürlich sind wir bereit für eine Entbürokratisierung der Forschungszulage. Wir sind selbstverständlich bereit.
Aber was Ihnen fehlt, ist erstens die Mehrheit und zweitens vor allem ein Haushalt. Sie haben es doch nicht einmal geschafft, in Ihrer Regierung einen soliden Haushalt auf den Weg zu bringen,
(Zuruf des Abg. Stefan Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
und ohne einen soliden Haushalt kann man doch auch keine Steuerentlastungen in der Größenordnung fordern, wie Sie sie fordern.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen wir jetzt doch gerade! Das ist doch in sich unlogisch! Wir machen gerade eine Steuerentlastung, auch ohne Haushalt! Und Sie machen mit! – Abg. Michael Schrodi [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Das muss sachgerecht und ordentlich durchgerechnet werden. Deswegen glaube ich, dass wir das in der neuen Bundesregierung hoffentlich mit der Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger auf den Weg bringen können.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Kollege.
Ja, gerne.
Erlauben Sie an dieser Stelle eine Zwischenfrage von Michael Schrodi?
Ja, freilich, gerne.
(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Wenn er schon da ist! – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Aber nicht handgreiflich werden! – Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt wird gepöbelt!)
Herr Brehm, danke, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Wir sind ja von Ihnen in diesem Hohen Haus einiges gewöhnt an Behauptungen,
(Zuruf von der CDU/CSU: Wir von Ihnen auch! – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Von Ihnen auch! Von Ihnen eine ganze Menge! Das sagt der Richtige! – Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Bitte nicht beleidigen!)
die Sie aufstellen, die hinten und vorne nicht stimmen. In dem Fall ist das aber die glatte Unwahrheit. Herr Brehm, ich würde Sie bitten, klarzustellen, dass es zwischen der SPD-Fraktion – in meiner Person –,
(Zuruf von der CDU/CSU: Welche SPD-Fraktion? Olaf Scholz oder Saskia Esken?)
Katharina Beck von den Grünen und Frau Tillmann von der CDU/CSU-Fraktion Gespräche zum Steuerfortentwicklungsgesetz gab, in denen wir darüber gesprochen haben, ob wir überhaupt was machen und, wenn ja, was wir machen. Und das wurde, so wie Herr Merz das bisher getan hat, bis vor wenigen Tagen vollkommen abgelehnt, Blockade nach dem Motto „Wir machen gar nichts mehr mit“. Ich habe das gestern den „Flip-Flop-Merz“ genannt: Jetzt, wo man merkt, dass das nicht ankommt, hat er gedacht: Mensch, ich muss was tun, zumindest beim Kindergeld.
Ich würde Sie doch bitten, diese Unwahrheit, die Sie hier vorgetragen haben, es hätte keine Verhandlungen gegeben, zurückzunehmen; denn uns ist es ein großes Anliegen, dass wir diese Entlastungen und Wachstumsimpulse auch für die Wirtschaft auf den Weg bringen, dass wir das hinbekommen. Wir haben das alles verhandelt, alles abgefragt, waren immer bereit, aber von Ihnen kam die Absage. Es gab die Gespräche.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Keine Mehrheit habt ihr!)
Also, Herr Kollege Schrodi, erst einmal muss ich feststellen, welch tiefes Diskussionsniveau Sie hier in diesem Hohen Hause haben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Dr. Günter Krings [CDU/CSU])
Einen Bundeskanzlerkandidaten und Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU so despektierlich zu bezeichnen, ist nicht nur eine Unverschämtheit. Sie fordern ja immer Respekt.
(Zurufe der Abg. Bettina Hagedorn [SPD] und Frauke Heiligenstadt [SPD])
Sie sind hier in diesem Haus respektlos. Das haben Sie schon mehrmals gezeigt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir sind von Ihnen einiges gewohnt, aber so ein niedriges Niveau ehrlicherweise nicht.
(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Bei Schrodi ist das elegant! – Johannes Schraps [SPD]: Haben Sie auch inhaltlich was zu antworten oder nicht?)
– Selbstverständlich antworte ich Ihnen.
Wir wären selbstverständlich bereit – und das wissen Sie –, weitere Entlastungen im Haushalt für die Wirtschaft vorzunehmen. Aber Sie wissen auch, dass natürlich erst mal ein Haushalt vorliegen muss.
(Zuruf der Abg. Nadine Heselhaus [SPD])
Sie machen Schulden auf Teufel komm raus, ballern die Kohle raus, als gäbe es kein Morgen mehr.
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gegenruf des Abg. Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Wo ist denn Ihr Haushalt?)
Sie haben null Komma null Konzept. Wir brauchen erst einen soliden Haushalt; wir brauchen Einsparungen.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir machen doch jetzt Steuerentlastungen in großer Höhe! Und da machen Sie auch mit!)
Wir brauchen zum Beispiel Einsparungen beim Bürgergeld. Wir brauchen Einsparungen bei vielen Dingen im Haushalt, die Sie nicht mitmachen. Das verhindert Wachstum und Beschäftigung, das verhindert Wettbewerbsfähigkeit in unserem Land.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir machen jetzt die großen Entlastungen!)
Und wenn Sie weiterhin so unverschämt sind, dann ist es auch richtig, wenn Sie nicht mehr an der Regierung sind und wir mit Ihnen auch keine Gespräche mehr führen müssen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Schrodi [SPD]: Aber es gab die Gespräche! – Bettina Hagedorn [SPD]: Das ist ja unglaublich!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass es der SPD nicht gefällt, wenn wir über Einsparungen im Haushalt reden;
(Bettina Hagedorn [SPD]: Nein! Sie haben gar keine Anträge dazu gestellt, Herr Brehm! – Frauke Heiligenstadt [SPD]: Kein einziger Antrag!)
denn dann müsste man sich von vielen leistungsfeindlichen Dingen verabschieden, zum Beispiel davon, dass man diejenigen, die nicht arbeiten, mehr bezahlt als diejenigen, die arbeiten.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist unglaublich! Lüge! Sie lügen! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen brauchen wir eine Befreiung, deswegen brauchen wir einen Neuanfang in der Politik, deswegen brauchen wir den Grundsatz „Leistung muss sich in diesem Land wieder lohnen“.
(Johannes Schraps [SPD]: Jetzt erklären Sie doch mal, was Leistung für Sie ist!)
Wir haben ein klares Konzept. Wir haben ein klares Konzept für Wachstum,
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber milliardenschwer ohne Gegenfinanzierung! – Zuruf des Abg. Johannes Schraps [SPD])
wir haben ein klares Konzept für mehr Wettbewerbsfähigkeit, wir haben ein klares Konzept für einen ausgeglichenen Haushalt ohne überbordende Neuverschuldung. Ich weiß schon, Sie regen sich jetzt auf, aber Sie haben kein Konzept; das haben Sie ja dreieinhalb Jahre lang bewiesen. Deswegen sind Sie jetzt auch abgewählt worden.
(Beifall bei der CDU/CSU – Bettina Hagedorn [SPD]: Wir sind doch gar nicht abgewählt worden! – Weitere Zurufe von der SPD)
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, es wäre an der Zeit, in eine sachorientierte Debatte über steuerliche Fragestellungen einzusteigen.
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt ja der Richtige! – Reinhard Houben [FDP]: Bei aller Liebe!)
Wir haben die höchsten Steuern in der OECD. Wir haben bei Personengesellschaften eine Besteuerung von mehr als 45 Prozent. Das sind 20 Prozent mehr als im Schnitt der OECD und 20 Prozent mehr als im Schnitt Europas. Wir haben bei den Kapitalgesellschaften eine Steuerbelastung von 30 bis 32 Prozent; das ist auch deutlich mehr. Sie haben wirklich den Schuss nicht gehört in unserem Land! Wir müssen entlasten, um die Wettbewerbsfähigkeit herzustellen. Denn die Arbeitsplätze in jedem Unternehmen, das seine Arbeitsplätze hier abbaut und in ein anderes Land geht, sind weg und kommen auch nicht wieder.
Deswegen brauchen wir eine faire Debatte. Wir brauchen eine sachliche Auseinandersetzung, und zwar nicht auf dem Niveau, wie Sie sich hier im Bundestag aufführen, sondern hart an der Sache orientiert. Wir sind gern bereit für Gespräche. Kommen Sie auf uns zu! Dann können wir noch das eine oder andere umsetzen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
| Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
| Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
| Abgerufen von | http://dbtg.tv/cvid/7619792 |
| Wahlperiode | 20 |
| Sitzung | 207 |
| Tagesordnungspunkt | Steuerfortentwicklungsgesetz, Finanzmarkt |