Ulrike Schielke-ZiesingAfD - Arbeitszeitflexibilisierungsgesetz
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Liebe Bürger! Die FDP ist gerade aus der Koalition ausgetreten. Und welchen Vorschlag hat sie nun zu bieten? Ausgerechnet die Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes. Nichts aber wäre falscher, als diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Kernargument des FDP-Entwurfs ist eine vermeintlich notwendige Anpassung an die Digitalisierung und die Globalisierung. Es wird behauptet, dass eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung sowohl den Arbeitnehmern als auch den Unternehmern zugutekommt. Doch dieser Ansatz verkennt eine fundamentale Tatsache: Das Arbeitszeitgesetz dient nicht primär der wirtschaftlichen Flexibilität, sondern zuerst dem Schutz der Menschen vor gesundheitlicher Überlastung und den daraus resultierenden sozialen Risiken. Diesen Schutzzwecken wird der FDP-Entwurf nicht ansatzweise gerecht.
(Beifall bei der AfD)
Erstens stellt der Vorschlag, die Höchstarbeitszeit von einer täglichen auf eine wöchentliche Grenze umzustellen, eine erhebliche Gefährdung des Gesundheitsschutzes dar. Die tägliche Begrenzung der Arbeitszeit ist nicht zufällig gewählt. Sie basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrungswerten über die Belastbarkeit des menschlichen Körpers und Geistes. Eine wöchentliche Höchstarbeitszeit kann dazu führen, dass Arbeitnehmer mehrere Tage hintereinander überlange Schichten leisten müssen, was das Unfallrisiko erhöht und langfristig die Gesundheit schädigt. Das aber, werte Kollegen, gilt es insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels zu vermeiden.
(Beifall bei der AfD)
Zweitens sehen wir in diesem Gesetz eine unnötige Aufweichung der Tarifautonomie, die ja ein Grundprinzip der sozialen Marktwirtschaft darstellt. Das vorliegende Gesetz würde gerade in schwächer organisierten Branchen Druck auf die Beschäftigten ausüben, unzumutbaren Arbeitszeitmodellen zuzustimmen.
Drittens – und das möchte ich besonders hervorheben – wird hier ein Problem konstruiert, das so gar nicht existiert. Wir haben ein deutsches Arbeitszeitgesetz, und das ist gut. Es sieht eine Arbeitszeit von maximal acht Stunden pro Tag vor. Diese Arbeitszeit kann auf bis zu zehn Stunden erweitert werden, wenn es danach zu einem entsprechenden Ausgleich kommt. Die maximale Wochenarbeitszeit beträgt, von bestimmten Ausnahmen abgesehen, 48 Stunden. Zudem ist im Gesetz auch die Mindestdauer von Pausen- und Ruhezeiten geregelt. Darüber hinaus bietet der aktuelle rechtliche Rahmen bereits genügend Spielraum, um auf individuelle Bedürfnisse einzugehen. Auch deshalb zielt Ihre Initiative ins Leere.
(Beifall bei der AfD)
Viertens ignoriert dieser Gesetzentwurf die sozialen Folgen der zunehmenden Entgrenzung von Arbeit und Freizeit. Der Druck, ständig erreichbar zu sein und Arbeitszeiten nach unternehmerischen Bedürfnissen flexibel zu gestalten, führt zu mehr Stress und weniger Lebensqualität für viele Beschäftigte. Dies betrifft insbesondere Familien, die auf klare Strukturen angewiesen sind, um Beruf und Privatleben zu vereinbaren.
Eingedenk der Belastungen in der modernen Arbeitswelt für Arbeitnehmer und ihre Familien haben wir als AfD immer wieder das Recht auf Nichterreichbarkeit des Arbeitnehmers angemahnt. Sollte das Gesetz wie angekündigt kommen, beschneidet es in unzulässiger Weise die originären Rechte der Tarifparteien, die eine praxisnahe Regelung zur Arbeitszeit heute bereits ohne bürokratische Eingriffe des Staates treffen können.
Zuletzt möchte ich noch auf die Übergriffigkeit in Bezug auf unsere nationale Gesetzgebung hinweisen. Die Behauptung, dass das deutsche Arbeitszeitgesetz hinter europäischen Standards zurückbleibt, ist irreführend. Vielmehr haben wir hier in Deutschland bewährte Regelungen, die sich an den Bedürfnissen der Beschäftigten sowie der Tarifpartner orientieren. Eine weitere Deregulierung würde nur dazu führen, dass wir unser hohes Niveau im Arbeitnehmerschutz aufs Spiel setzen.
Wir müssen uns fragen: In welcher Gesellschaft wollen wir leben? In einer Gesellschaft, in der der wirtschaftliche Erfolg um jeden Preis über den Schutz und das Wohl des Menschen gestellt wird, oder in einer Gesellschaft, in der der Mensch im Mittelpunkt steht, in der Arbeit und Leben ein gesundes Gleichgewicht bilden? Das ist vielleicht die Leitfrage moderner Sozialpolitik, und dieser zentralen Frage wird der Entwurf nicht gerecht.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Mathias Papendieck hat das Wort für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7619972 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 208 |
Tagesordnungspunkt | Arbeitszeitflexibilisierungsgesetz |