Jan DierenSPD - Arbeitszeitflexibilisierungsgesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Abgeordnete! Liebe Kollegen in den Betrieben und Unternehmen! Es ist bald Weihnachten, und die FDP legt hier einen Gesetzentwurf vor, der wie ein Weihnachtsgeschenk aussieht.
(Pascal Kober [FDP]: Das ist ein Antrag! – Otto Fricke [FDP]: Das ist ein Antrag! Macht nichts! – Gegenruf der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nee, das ist schon ein Gesetzentwurf! – Weiterer Gegenruf des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nee, Gesetzentwurf!)
– Das ist ein Gesetzentwurf, den ihr da vorgelegt habt, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP. Aber macht nichts! Ich habe ihn gelesen.
(Dr. Martin Rosemann [SPD]: Macht nichts! Das wissen sie nicht! – Gabriele Katzmarek [SPD], an die FDP gewandt: Nicht so besserwisserisch sein!)
Bei manchen Geschenken ist es so, dass man besser vorsichtig sein sollte. So ist das auch bei dem hier. Das sieht aus wie ein Geschenk, ist tatsächlich aber ein trojanisches Pferd.
(Zuruf von der SPD: Kann man das zurückgeben? – Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Aha! – Otto Fricke [FDP]: Aha!)
Die Idee der FDP ist ja, dass man abends noch mal eben schnell E-Mails lesen soll.
(Otto Fricke [FDP]: Kann! Da steht nichts von „soll“! – Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Kann! – Pascal Kober [FDP]: Kann! – Gegenruf der Abg. Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Arbeitgeber kann das dann aber fordern, wenn das im Gesetz steht!)
Lieber Kollege Johannes Vogel, Sie haben das gerade vorgetragen – und Kollege Oellers, Sie haben das auch gesagt –: Sie haben gesagt, das wäre gerade gar nicht möglich; man dürfte im Moment gar nicht abends noch E-Mails lesen.
(Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Ja! Geht auch nicht mit den Uhrzeiten! – Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: In einem kleinen Unternehmen kaum!)
Jetzt frage ich Sie: Können Sie mir eine einzige Beschäftigte nennen – nur eine; würde mir schon reichen –, die abends ihren Laptop aufgeklappt hat und bei der dann die Arbeitspolizei vorbeigekommen ist und ihn wieder zugeklappt hat,
(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Was ist denn das für eine Argumentation? Also, was ist das denn für ein Argument? – Otto Fricke [FDP]: Aber Millionen von Selbstständigen kann ich Ihnen nennen! Millionen von Selbstständigen! Mann, Mann, Mann, Mann, Mann! Bei denen plant ihr das auch, die lasst ihr das auch machen! – Marc Biadacz [CDU/CSU]: So ein Quatsch! Also, welcher Arbeitgeber macht so was? Was ist das?)
eine einzige Beschäftigte, die das nicht hätte machen dürfen? Können Sie eine nennen? Das würde mir reichen.
Das Problem ist doch nicht, dass Beschäftigte das nicht dürfen.
(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Sie schicken die Arbeitgeber und Arbeitnehmer in die Illegalität!)
– Wenn Sie etwas sagen wollen, dann melden Sie sich. Jetzt habe ich das Wort.
(Otto Fricke [FDP]: Und deine Mitarbeiter haben noch nie anders gearbeitet!)
Das, was das Arbeitszeitgesetz regelt, ist, dass die Arbeitgeber/-innen das nicht von ihren Beschäftigten verlangen dürfen.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Beatrix von Storch [AfD]: Und was ist mit dem Arbeitnehmer?)
Niemand wird daran gehindert, seinen Laptop aufzumachen. Die Frage ist nur: Dürfen die Arbeitgeber/-innen das von ihren Beschäftigten verlangen und ihnen Druck machen, wenn sie abends die E-Mails nicht mehr lesen?
(Otto Fricke [FDP]: Ja! – Weitere Zurufe von der FDP)
Das verbietet das Arbeitszeitgesetz völlig zu Recht.
(Dr. Markus Reichel [CDU/CSU]: Falsch!)
Und das ist genau das, was Sie ändern wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Otto Fricke [FDP]: Nein!)
Sie wollen dafür sorgen, dass die Arbeitgeber/-innen ihren Beschäftigten Druck machen können, Sie dazu zwingen können, auch abends noch den Laptop aufzumachen und E-Mails zu lesen.
(Otto Fricke [FDP]: Nein! – Zuruf des Abg. Julian Grünke [FDP])
Wer das freiwillig machen will, bitte. Aber niemand darf unter Druck gesetzt werden, das zu tun, weil es ja dazu führt, dass Beschäftigte eben doch mehr arbeiten. Das sagen alle Studien. Sie tun jetzt so, als ob Sie das gar nicht wüssten; aber Sie wissen das. Alle Studien sagen das.
Ich finde es ja richtig, dass es für Sie danach gehen soll, was die Beschäftigten eigentlich wollen. Das klingt gut, das finde ich richtig, das will ich auch. Fragen wir also die Beschäftigten. Was sagen die? Über 80 Prozent der Beschäftigten sagen, wenn man sie fragt, dass sie weniger arbeiten wollen, nicht mehr.
(Pascal Kober [FDP]: Aber für mehr Geld! – Otto Fricke [FDP]: Für weniger Geld oder gleich viel Geld?)
Also: Wenn Sie den Bedürfnissen der Beschäftigten entsprechen wollen, dann legen Sie einen Gesetzentwurf vor, der dafür sorgt, dass die Beschäftigten weniger arbeiten müssen.
(Otto Fricke [FDP]: Für weniger Geld!)
Das würde ihnen wirklich entsprechen.
Es gibt auch Beschäftigte, die abends nach 18 Uhr erst Feierabend machen wollen. Auch das gibt es. 3 Prozent der Beschäftigten sagen, dass sie abends nach 18 Uhr erst Feierabend machen wollen. Jetzt weiß ich, liebe Kollegen von der FDP, dass Sie ein bisschen darum zittern, ob Sie nach der nächsten Bundestagswahl wieder einziehen. Lassen Sie sich das nur gesagt sein: Wenn Sie sich auf diese 3 Prozent konzentrieren, –
Herr Kollege.
– ich komme zum Schluss –, wird das nicht klappen. Was Sie machen, –
Vielen Dank.
– müssen Sie wissen. Wir wollen einer Mehrheit helfen. Darum geht es auch bei der nächsten Bundestagswahl.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für Die Linke hat Janine Wissler jetzt das Wort.
(Beifall bei der Linken)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7619977 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 208 |
Tagesordnungspunkt | Arbeitszeitflexibilisierungsgesetz |