Filiz PolatDIE GRÜNEN - Staatsbürgerschaftsrecht
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Dr. Heck, sich zur AfD abzugrenzen, wäre bei Ihrem Beitrag gerade besser gewesen. Genau dazu hat das OVG für NRW geurteilt, dass die AfD als Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz beobachtet werden darf.
(Zuruf des Abg. Marc Henrichmann [CDU/CSU])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben Deutschland schon immer als Einwanderungsland gesehen, dessen offene Gesellschaft seine Einheit nur in Vielfalt erreichen kann. Dieser Überzeugung, wie wir gerade gemerkt haben, konnten und können sich viele in diesem Haus nur mühsam annähern, und einige in diesem Haus bleiben sogar gänzlich im völkisch-nationalistischen Denken verhaftet. Es ist schon grotesk, dass Sie von der AfD die Verleihung der deutschen Staatsbürgerschaft gerade denjenigen versagen wollen, die die hohen Voraussetzungen des Staatsangehörigkeitsrechtes frühzeitiger erfüllen wollen.
(Beifall der Abg. Peggy Schierenbeck [SPD])
Aber schwierig wird es, wenn Sie die Einbürgerung für diejenigen ablehnen, die ihr Aufenthaltsrecht aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention und der Menschenrechtskonvention in Deutschland erhalten haben. Warum?
(Zuruf des Abg. Dr. Christian Wirth [AfD])
Meine Damen und Herren, Deutschland ist Vertragsstaat der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951. Nach NS-Diktatur und Holocaust wurden die völkerrechtlichen Konsequenzen gezogen, und das ist gut so.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])
– Interessant, dass Sie hier Widerspruch anmelden.
Wir haben die Vertragsbestimmungen im Grundgesetz, im Aufenthalts- und im Asylrecht und nicht zuletzt im Staatsangehörigkeitsrecht nachvollzogen. Maßgeblich, meine Damen und Herren, ist im Kontext des Staatsangehörigkeitsrechts, dass nämlich Artikel 34 GFK den Geflüchteten den Weg zu einer dauerhaften rechtlichen und sozialen Sicherheit im Aufnahmeland ebnen soll. Seine Begründung liegt in der Notwendigkeit, Schutz und Perspektive für Flüchtlinge zu schaffen. Er verpflichtet die Vertragsstaaten, die Integration und Einbürgerung von Geflüchteten zu erleichtern. Ihr Antrag ist daher nur ein durchsichtiger Versuch, Menschen, die nicht in Ihr völkisches Bild passen, einfach abzuschieben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Kay Gottschalk [AfD]: Das ist doch Quatsch!)
Denn während wir vorangehen,
(Beatrix von Storch [AfD]: Das ist eine dreckige Lüge, und ich darf das auch so nennen! – Gegenruf des Abg. Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt reicht’s mal langsam! – Zuruf von der SPD: Das reicht langsam!)
spalten Sie und sehnen sich zurück in grau-braune Vorzeiten.
(Beatrix von Storch [AfD]: Landgericht Berlin! – Kay Gottschalk [AfD]: Das ist doch Quatsch! Mit Ihrer Propaganda ist es nicht besser! Sie sind die Spalter!)
Und wer das Staatsangehörigkeitsrecht endgültig in dieses Jahrtausend heben und das Versprechen einer pluralen Demokratie einlösen möchte, sollte sich deshalb uns anschließen, liebe Union, statt den Ewiggestrigen nachzulaufen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Denn in einem modernen Einwanderungsland ist das Staatsangehörigkeitsrecht ein Geschenk.
(Kay Gottschalk [AfD]: Illegale Migration ist keine Einwanderung, Frau Kollegin!)
Wir wollen als Erstes die Rednerin hören.
(Kay Gottschalk [AfD]: Ich lasse mir nicht den Mund verbieten!)
Lieber Herr Gottschalk, wir möchten gerne als Erstes die Rednerin hören. Wenn Sie gerne eine Zwischenfrage stellen möchten,
(Kay Gottschalk [AfD]: Nein, ich rede so lange dazwischen, wie mir das gefällt! Unglaublich! – Gegenruf des Abg. Ottmar Wilhelm von Holtz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Getroffene Hunde bellen!)
dann können Sie das tun.
Ich komme zu meinem letzten Satz, Frau Präsidentin; denn in einem modernen Einwanderungsland ist die Staatsangehörigkeit kein Geschenk, sondern das essenzielle Recht, dazuzugehören, oder, wie Hannah Arendt es einst treffend formulierte, das „Recht, Rechte zu haben“.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Herr Gottschalk, wir haben gehört, was Sie gesagt haben. Das ist eine Beleidigung der Sitzungsleitung. Dafür erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Und für die FDP-Fraktion hat das Wort Muhanad Al-Halak.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7620011 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 208 |
Tagesordnungspunkt | Staatsbürgerschaftsrecht |