Mathias PapendieckSPD - Arbeitsbedingungen in der Paketbranche
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Wir diskutieren heute einen Gesetzesvorschlag zur Begrenzung des Gewichts von Paketen in Einzelzustellung auf maximal 23 Kilogramm. Diese Grenze geht zurück auf einen Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion.
Es wurde hier in der Debatte gefragt, warum wir damals nicht direkt zugestimmt haben. Wir waren koalitionstreu und haben ein Gesetz, das wir gemeinschaftlich verhandelt hatten, hier im Deutschen Bundestag beschlossen. Das sollte jede Koalition so halten; am Ende ist das vernünftig.
Jetzt haben wir die Situation, dass die Koalition auseinandergebrochen ist. In diesem Licht muss man den Gesetzentwurf der CDU/CSU jetzt neu betrachten. In den letzten sechs Monaten wurden verschiedenste Diskussionen geführt. Die Frage lautete: Wie kann man ein technisches Hilfsmittel, eine Sackkarre, was auch immer zertifizieren, in einem Register festhalten, in einer Zulassung für Paketdienste festschreiben, sodass das in der Praxis irgendwie funktioniert?
Aber am Ende ist das alles bürokratisch. Das hilft den Kollegen und Kolleginnen relativ wenig.
(Tilman Kuban [CDU/CSU]: Und das haben Sie jetzt erst festgestellt?)
Ich habe selber 23 Jahre im Einzelhandel, bei Edeka, gearbeitet. Dort gilt für alle Kollegen: Frauen dürfen maximal 15 Kilogramm heben und Männer 20 Kilogramm. Das sind Gewichtsobergrenzen. Dass in dem Bereich, über den wir hier sprechen, solche Grenzen nicht oder nur teilweise angewandt werden, ist für mich als ehemaliger Betriebsratsvorsitzender sowieso zumindest ein schwieriges Thema.
Dementsprechend ist das jetzt erst mal ein Schritt in die richtige Richtung. Schauen wir uns einmal an, was bürokratisch passieren würde, wenn ein technisches Hilfsmittel eingesetzt würde: Dann hätten wir den Zoll, der die Arbeitszeiten usw. kontrolliert, die Bundesnetzagentur, die das technische Hilfsgerät kontrollieren soll, wir hätten die Gewerbeaufsicht, die die Arbeitsbedingungen kontrollieren soll, und den Betriebsrat. Das sind verschiedenste Instanzen, die sich um einen Prozess kümmern müssen. Das sollten wir nicht machen.
Der vorliegende Gesetzentwurf ist, glaube ich, ein guter Vorschlag. Man kann sehr wohl über weitere bürokratieentlastende Maßnahmen für die Unternehmen diskutieren. Wir sollten aber eins auch sehen: Wir reden über eine starke, eine wachsende Branche. Es ist also keine Branche, der es schlecht geht oder die unter schlechten Wettbewerbsbedingungen leidet. Ganz im Gegenteil: Die Umsätze steigen. Es wurde das eine oder andere Mal schon gesagt, wir müssten die kleinen Unternehmen schützen, die Sub- und Subsubunternehmer usw. Aber die Unternehmen – ich habe selbst mit Hermes und anderen Unternehmen geredet; ich war auch im Lager – haben klipp und klar zu uns gesagt: Ihr könnt das beschließen, das ist gar kein Problem. Wir wollen nur klare Bedingungen haben. Eine Bedingung muss sein: Wir machen an die Pakete, die oberhalb der Grenze liegen – egal ob die Grenze bei 23 oder bei 20 Kilogramm liegt –, ein Etikett dran. Dann ist klar: Dieses Paket muss von zwei Personen zugestellt werden. Das schieben wir durch unsere Fertigungsmaschinen dann zur Auslieferung mit Fahrzeugen mit zwei Personen. – Das ist für die gar kein Thema.
Die betroffenen Unternehmen gehen davon aus, dass diese Änderung möglicherweise zu einer Veränderung der Versandtätigkeiten führt: Die Leute passen sich an, man kann die Paketgrößen logistisch anpassen. Die Änderung kann auch dazu führen, dass die Anzahl der Pakete steigt. Für die Unternehmen kann diese Regelung möglicherweise sogar mehr Umsatz bedeuten. Sie sind also an der Stelle sogar relativ entspannt.
Unser Anspruch muss sein, dass wir der Masse der Kollegen gute Arbeitsbedingungen bieten, die es ihnen erlauben, diesen Job lange auszuüben. In der Branche gibt es einfach Belastungsspitzen. Ich kenne das selber aus meiner Zeit bei Edeka: Im Weihnachtsgeschäft hatten wir echt viel zu tun. Das trifft auf die Kolleginnen und Kollegen in der Paketbranche umso mehr zu. Im Alter ist das noch viel schwieriger. An der Stelle sollten wir wirklich innehalten und fragen: Was können wir tun?
Deshalb sage ich ganz klar: Lasst uns das Gesetz so machen, dass diese Menschen ihren Job auch im Alter noch ausüben können. Gerade jetzt, in der Weihnachtszeit, sollten wir im Auge behalten, dass diese Tätigkeiten sehr fordernd sind. Die in dieser Branche Tätigen fallen quasi am Ende ihres Arbeitstages erst mal aufs Sofa oder ins Bett. Für sie ist Weihnachten vor allem ein Ankommen und Durchschnaufen. Dementsprechend hoffe ich, dass dieser Gesetzentwurf in den Beratungen eine Mehrheit findet.
Für mich ist dies in diesem Jahr die letzte Rede im Bundestag, und ich wünsche Ihnen schöne Weihnachten und eine schöne Zeit. Ich freue mich auf das Fest mit meiner Familie. Ich werde heute Abend noch mal Weihnachtslieder singen. Nachdem wir gestern in der Kuppel des Bundestages so schön Weihnachtslieder gesungen haben, ist heute bei uns im Schöneicher Rathaus Weihnachtsliedersingen angesetzt.
Ich wünsche Ihnen allen schöne Weihnachten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und des Abg. Jan Metzler [CDU/CSU])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7620026 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 208 |
Tagesordnungspunkt | Arbeitsbedingungen in der Paketbranche |