29.01.2025 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 209 / Tagesordnungspunkt 1

Sonja EichwedeSPD - Regierungserklärung zu aktuellen innenpolitischen Themen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen!

(Lachen und Beifall bei Abgeordneten der AfD – Stephan Brandner [AfD]: Deutsche demokratische Altfraktionen heißt das!)

Seit der Tat von Aschaffenburg ist unser Land tief geschockt und in tiefer Trauer. Man kann sich kaum etwas Schlimmeres vorstellen; das sage ich auch als Mutter eines zweijährigen Kindes. Deshalb möchte ich erst mal den Familien mein herzliches Beileid aussprechen: der Familie des Jungen, der ermordet worden ist, und der Familie des heldenhaften Mannes, der versucht hat, die Kinder zu schützen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Dorothee Bär [CDU/CSU])

Dabei gilt es auch zu erwähnen, dass der Junge, der ermordet worden ist, marokkanische Wurzeln hatte und dass das verletzte Mädchen syrische hat. Wenn wir an die Eltern und an die Familien denken, dann müssen wir doch auch daran denken, wie sie sich bei dieser Debatte, die wir hier jetzt führen, fühlen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir reden über Migration als Problem, und gleichzeitig haben Kinder mit Migrationshintergrund gerade diesen Angriff erlebt bzw. wurden ermordet.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das widerspricht sich überhaupt nicht!)

Das dürfen wir nicht in einen Topf werfen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das wird den Opfern nicht gerecht, das wird den Angehörigen nicht gerecht, das wird der Schwere dieser Tat nicht gerecht. Das spaltet unser Land, und das instrumentalisiert auch diese schreckliche Tat. Das dürfen wir nicht zulassen. Und ich bin sehr froh, dass die Zivilgesellschaft und die Kirchen sich hier so klar positioniert haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Als Richterin und als sozialdemokratische Abgeordnete sage ich aber auch ganz, ganz klar: Es gilt, Straftaten zu verhindern. Es gilt, richtig aufzuklären. Es gilt, konsequent hart zu bestrafen. Es gilt, Recht durchzusetzen. Regeln, die bestehen, müssen angewendet werden. Jegliche Vollzugsfehler müssen aufgeklärt werden. Und ja, da, wo es Lücken im Strafrecht gibt, müssen sie auch geschlossen werden. – Wir sind dazu bereit. Wir sind dazu auch gesprächsbereit. Aber wir können nicht mit neuen Vorschlägen reagieren, die gegen Recht verstoßen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen uns selbst an unser Recht halten. Wir müssen uns an das Europarecht halten. Der Fünf-Punkte-Plan der Union tut das eben nicht. Und wenn Sie, Herr Dobrindt, sagen, es sei kein Tabubruch, das Richtige zu tun: Es ist eben nicht das Richtige, wenn man mit den eigenen Vorschlägen gegen Europarecht, gegen das Grundgesetz, gegen höherrangiges Recht verstößt. Und es ist auch nicht das Richtige, etwas mit denjenigen beschließen zu wollen, die immer wieder gegen diese Regeln, gegen das Grundgesetz und gegen die Würde des Menschen eintreten, auftreten und hetzen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es wurde mehrfach in der Debatte gesagt: Die fünf Punkte können nicht umgesetzt werden, und sie würden auch nicht mehr Sicherheit schaffen. Wir können nicht an den Grenzen zurückweisen. Es gibt dafür ein europäisches System, ein geordnetes Verfahren. – Ja, das muss reformiert werden. Das machen wir auch mit GEAS. Aber wir müssen dann doch das Recht ändern und nicht gegen das Recht verstoßen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und Sie, Herr Merz, als Vorsitzender der CDU, als Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, als einer, der in seinen Ämtern in den Fußstapfen von Konrad Adenauer und von Helmut Kohl steht, zwei großen Europäern, können doch nicht die Sicherheit in Europa und den Zusammenhalt in Europa durch Ihr Handeln so gefährden.

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das Gegenteil ist richtig!)

Denn wenn wir uns nicht mehr an europäisches Recht halten, dann tun es alle anderen auch nicht mehr, und dann gefährdet das auch die Sicherheit unseres Landes.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das ist auch als CDU-Vorsitzender nicht richtig.

(Zuruf von der CDU/CSU: Oijoijoi!)

Die Europäische Union hat uns Sicherheit und Einigkeit gebracht. Das ist an keinem Tag so deutlich wie am heutigen, nach der Gedenkstunde, die wir eben hatten. Nach dem Gedenken an die Shoah. An welchem Tag ist es deutlicher, dass Demokraten für Recht und Rechtsstaatlichkeit eintreten müssen? An welchem Tag ist es deutlicher, dass Demokraten bereit sein müssen, mit Demokraten Kompromisse einzugehen, statt zu sagen: „Es ist das oder nichts anderes“? An welchem Tag ist es deutlicher, dass Demokraten mit Demokraten stimmen müssen, weil sie sonst diejenigen, die unsere Demokratie kaputtmachen, normalisieren?

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Dr. Alice Weidel [AfD])

Wir streiten für einen gut ausgestatteten Rechtsstaat. Wir wollen ihn stärken. Wir wollen bessere Regeln schaffen. Aber wir wollen das auf der Grundlage des Rechts und des Rechtsstaates, wie wir ihn haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Schau mal ins Gesetzbuch!)

Das Wort hat Thomas Seitz.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD und bei fraktionslosen Abgeordneten)

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Electoral Period 20
Session 209
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