30.01.2025 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 210 / Zusatzpunkt 7

Michael SchrodiSPD - Mehr Netto vom Brutto

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vielen Dank für diesen Antrag! Das gibt allen Bürgerinnen und Bürgern die Gelegenheit, zu sehen, was die FDP und übrigens auch die CDU/CSU und AfD tatsächlich in der Steuer- und Finanzpolitik vorhaben.

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Entlastung!)

Die Zahlen, die ich jetzt vortrage, stammen nicht von mir, sondern basieren auf Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft und des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung.

(Kay Gottschalk [AfD]: Genau! Die auch schön von der Regierung finanziert werden!)

Ganz kurz zusammengefasst drei Ergebnisse der Politik der FDP, der CDU/CSU und der AfD entsprechend ihrer Wahlprogramme:

Erstens: Umverteilung von der Mitte der Gesellschaft, von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, hin zu den Reichsten in unserem Land.

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Was ist das für ein Nonsens hier!)

Zweitens. Sie reißen ein riesiges Loch in die öffentlichen Kassen: die FDP 116 Milliarden Euro ohne Gegenfinanzierung,

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Das ist Quatsch!)

die AfD 97 Milliarden Euro, die CDU/CSU 47 Milliarden Euro. Gleichzeitig wollen Sie an der Schuldenbremse festhalten. Wer kann hier nicht mit Geld umgehen?

Und drittens. Sie wollen dann massiv kürzen und eben umverteilen. Sie wollen sparen, an der Rente, am Kindergeld, an Gesundheit und Pflege, aber auch an dringend notwendigen Investitionen. Das sagen Sie aber nur verdruckst, um die Wählerinnen und Wähler nicht zu verschrecken. Am Ende entziehen Sie den Menschen damit Kaufkraft. Sie legen damit die Axt an den gesellschaftlichen Zusammenhalt und an die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Das werden wir niemals mitmachen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zur Einkommensteuer. Herr Vogel, Sie haben nichts konkretisiert, weil Sie wissen, wie schlecht Ihre Zahlen sind, und haben sich bei jeder Nachfrage, wie das gegenfinanziert ist, gewunden.

(Johannes Vogel [FDP]: Welche Nachfrage? – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Es gab ja gar keine Nachfrage, Herr Schrodi! Sie hätten ja mal eine Nachfrage stellen können! Man kann sich ja melden!)

Wir Sozialdemokraten haben gesagt: 95 Prozent der Menschen wollen wir entlasten. Das reichste 1 Prozent soll einen Beitrag leisten zur Gegenfinanzierung. Das ZEW hat nachgerechnet und bestätigt:

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Klassenkampf!)

Mittlere Verdiener, Familien mit zwei Kindern profitieren davon, haben über 800 Euro mehr in der Tasche.

Wie sieht es da bei der FDP aus? Bei mittleren Einkommen ein Minus: 1 500 Euro weniger im Geldbeutel,

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Das ist Quatsch! – Zuruf der Abg. Katharina Willkomm [FDP])

aber bei Einkommen von über 180 000 Euro brutto sind es 12 000 Euro mehr. Sie machen Politik für die Reichsten in diesem Land.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)

Bei der AfD übrigens genauso: weniger Geld – das ist nachlesbar – bei denen mit kleinen und mittleren Einkommen; die haben weniger in der Tasche. Dafür schenken Sie denen mit den höchsten Einkommen 20 000 Euro mehr.

(Zuruf des Abg. Jörn König [AfD])

Bei der CDU/CSU sind es 6 000 Euro mehr für die ganz oben.

Herr Merz hat gestern etwas ganz Entscheidendes gesagt, nämlich dass das, was aus seiner Sicht richtig sei, nicht falsch sein kann, wenn die AfD zustimmt.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Das sind Textbausteine!)

In Ihrer Logik, meine sehr geehrten Damen und Herren der CDU/CSU, heißt das: Sie werden nach der Wahl, wie es in Österreich auch gerade passiert,

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Oah! Der Textbaustein eins!)

gemeinsam mit der AfD das umsetzen, was in Ihren Wahlprogrammen steht:

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Textbaustein zwei!)

bei kleinen und mittleren Einkommen kürzen

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Textbaustein drei!)

und Steuergeschenke an die Reichsten verteilen. Das bereiten Sie gerade vor, und das sollten und können alle wissen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich sage Ihnen: Wenn Ihnen die Falschen, die Rechtsradikalen, zustimmen und Herr Orbán heute postet: „Germany, welcome to the club“, dann sollte Ihnen das ein Signal sein, dass Sie völlig falsch abgebogen sind, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

CDU/CSU und auch FDP verstecken ihre Umverteilung von unten nach oben nachgewiesenermaßen unter dem Deckmantel der Wirtschaftswende, wie wir heute wieder gehört haben. Aber was braucht denn, wenn man mal genauer hinhört, die Wirtschaft wirklich? Es wird oft ein Ranking zitiert, um zu belegen, dass Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit zurückgeht.

(Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD])

Aber Sie sagen nie dazu, in welchen Kategorien Deutschland zurückgefallen ist. Am stärksten zurückgefallen sind wir in dem Bereich „Haltung und Werte“,

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Davon kann niemand leben!)

bei dem unter anderem die niedrige Beschäftigungsquote von Frauen als negativer Faktor für die Standortattraktivität eine Rolle spielt.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Spreewaldgurken schließt! Was sagen Sie den Arbeitnehmern?)

Wir sind zurückgefallen bei technologischer und allgemeiner Infrastruktur, nicht aber im Bereich der Steuern. Herr Vogel, Sie werfen Nebelkerzen und wissen nicht, was die Experten sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Wenn da schon Ihre Leute so wenig klatschen, dann scheint da wenig dran zu sein!)

Ich darf aus der OECD-Wachstumsprognose für Deutschland zitieren:

„Ein … Grund für das relativ schwache Wachstum ist die im Vergleich zu anderen Ländern der Eurozone restriktivere Fiskalpolitik.“

(Kay Gottschalk [AfD]: Ah! Jetzt geht es an die Schuldenbremse!)

Das Sparen:

„Die Wiedereinsetzung der Schuldenbremse …

– und anderes –

führten 2024 zu einer starken Reduzierung der öffentlichen Ausgaben.“

Und damit zu einer schwachen wirtschaftlichen Entwicklung. Und das wollen Sie fortsetzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in herausfordernden Zeiten für die Gesellschaft und für die Wirtschaft wollen und müssen wir starke fiskalische Impulse zur Stützung und Stärkung unserer Wirtschaft setzen. Genau das wollen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten tun. Wir wollen und müssen jetzt das tun, was IWF, OECD, der BDI, der DGB und die Wirtschaftsweisen fordern. Wir brauchen massiv mehr private und öffentliche Investitionen. Wir brauchen gezielte steuerliche Anreize für die Modernisierung unserer Wirtschaft. Beim „made in Germany“-Bonus erhalten diejenigen, die hier investieren, eine steuerliche Erleichterung. Abschreibungsmöglichkeiten sollen ausgebaut werden.

Und wir brauchen – das ist auch durch mehrere Gutachten belegt – insgesamt 600 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren an öffentlichen Investitionen: in den Breitbandausbau, in Straßen und Brücken und vor allem in die Bahn, in bezahlbare Wohnungen und in Krankenhäuser, in Kitas und Schulen. Das alles dient der notwendigen Modernisierung unseres Landes, stärkt gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und sorgt für gut bezahlte und tarifgebundene Arbeitsplätze.

Es ist also eine Richtungsentscheidung, auch wie es in der Finanzpolitik weitergeht: Haben wir eine Umverteilung von unten nach oben, wie die FDP, die CDU/CSU und die AfD es wollen, nicht gegenfinanziert, ein Sparen an der Rente, am Kindergeld, an notwendigen Investitionen, oder haben wir eine solide Finanzierung der notwendigen Aufgaben, um den sozialen Zusammenhalt zu garantieren und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken? Das ist die Richtungsentscheidung. Und wir stehen da auf der richtigen Seite.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Für die Union hat jetzt Olav Gutting das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Endlich Niveau!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/cvid/7628783
Wahlperiode 20
Sitzung 210
Tagesordnungspunkt Mehr Netto vom Brutto
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