30.01.2025 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 210 / Zusatzpunkt 7

Sascha MüllerDIE GRÜNEN - Mehr Netto vom Brutto

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich den Antrag zum ersten Mal gelesen habe, hatte ich eigentlich einen etwas süffisanten Umgang damit vor, hätte natürlich das Trennende erwähnt und die Gemeinsamkeiten gesucht, manchmal lächelnd angemerkt, warum ihr eigentlich die Koalition verlassen habt, weil das eine oder andere hättet ihr mit uns wirklich gut besprechen können. Aber ehrlich gesagt, ich habe dann nach den Abstimmungen gestern meine Überlegungen zu der Rede abgebrochen und noch mal begonnen. Denn es erscheint mir nach den Ereignissen von gestern unpassend. Ich zweifle, ob es die FDP, an der man sich als sozial-liberal denkender Mensch, als den ich mich sehe, reiben konnte, die aber immer auch Überzeugungen hatte, die es zu beachten gilt, nach dem gestrigen Ereignis, nach den Beschlüssen, die sicher nicht liberal, sondern nationalistisch und autoritär sind, wirklich noch gibt.

(Beifall der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])

Also werde ich mich rein sachlich mit dem Antrag auseinandersetzen.

Wir alle wünschen uns, dass die Menschen mehr Geld übrig haben. Ich sage das, auch wenn ich große Zweifel habe, ob wir – wenn wir die aktuellen Berechnungen diverser Institute der Wahlprogramme der einzelnen Parteien betrachten – die gleichen Menschen im Blick haben. Aber gut, Sie wollen den Grundfreibetrag erhöhen – das wollen so ziemlich alle hier, meine Partei inklusive –; Sie wollen die Einkommensteuersätze insbesondere für mittlere und niedrige Einkommen senken. Das klingt erst mal gut. Menschen mit kleinen Einkommen haben von Ihren Plänen allerdings kaum etwas; sie zahlen keine oder fast keine Einkommensteuer. Und „insbesondere für mittlere und niedrige Einkommen“ heißt natürlich auch, auch für hohe und sehr hohe Einkommen soll es Steuersenkungen geben. Spätestens da stellt sich die Frage der Gegenfinanzierung.

Sie fordern weiterhin eine negative Einkommensteuer. Ja, auch wir denken in unserem Wahlprogramm in eine ähnliche Richtung mit Steuergutschriften etwa für Alleinerziehende oder Menschen mit geringem Einkommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das kann ein Baustein sein, um das Problem der sogenannten Transferentzugsraten zu lösen, also das Problem, dass bei geringen Einkommen zusätzlich zustehende Sozialleistungen durch höheres Einkommen, etwa durch mehr Wochenstunden, wegfallen und dass unter dem Strich kein zusätzliches verfügbares Einkommen übrig bleibt. Dass Sie aber Sozialleistungen zusammenfassen wollen, wirft dann schon Fragen auf, und es steht zu befürchten, dass es neue Ungerechtigkeiten gibt, wenn etwa spezifische Bedarfe nicht mehr berücksichtigt werden.

Steuerliche Absetzbarkeit von Betreuungskosten verbessern: Ja, das haben wir – noch gemeinsam als ehemalige Dreierkoalition – bereits gemacht mit dem Jahressteuergesetz. Es ist gut, dass wir das gemacht haben. Klar ist aber auch: Steuererleichterungen allein reichen nicht. Wir brauchen auch ein flächendeckendes, bezahlbares und qualitativ hochwertiges Betreuungsangebot.

Zum Soli. Wir hatten erst kürzlich einen FDP-Antrag zu seiner schrittweisen Abschaffung. Jetzt wollen Sie ihn offenbar auf einen Schlag abbauen. Ja, was denn nun?

Ich habe nur noch wenig Redezeit, deswegen mein letzter Punkt. Der Anstieg der Sozialleistungen soll bekämpft werden, und angesichts der Erhöhungen unserer Krankenkassenbeiträge zum Jahreswechsel ist das ein definitiv berechtigtes Anliegen. Und da liegen ja Vorschläge auf dem Tisch. Aber wehe, es sagt jemand, dass Menschen mit großem Vermögen in geeigneter Weise herangezogen werden sollten. Es entstehen dann ganz schnell Legenden auch aus Ihren Reihen. Plötzlich soll es genau um die anderen gehen. Deshalb hier ganz klar von meiner Seite: Wenn Sie zu Hause einen ETF-Sparplan haben, beispielsweise für Ihre Altersvorsorge, behalten Sie ihn. Es ist gut, dass Sie ihn haben. Solange Sie damit nicht Millionär werden – was in wenigen Fällen der Fall sein wird –, werden Sie keine Sozialabgaben darauf zahlen.

Wir stehen für eine Politik, die gezielt diejenigen entlastet, die es wirklich brauchen, und die sicherstellt, dass unser Staat handlungsfähig bleibt. Darum wird es in wenigen Wochen bei der Wahl gehen.

Im Übrigen gilt: „Nie wieder!“ ist genau jetzt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Johannes Steiniger hat das Wort für die CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7628805
Wahlperiode 20
Sitzung 210
Tagesordnungspunkt Mehr Netto vom Brutto
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta