30.01.2025 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 210 / Tagesordnungspunkt 20

Manuel HöferlinFDP - Innere Sicherheit - Bekämpfung von Kriminalität

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin, ehrlich gesagt, in den letzten Minuten zunehmend erschrockener und entsetzter geworden. Ich habe mir überlegt: Was denken die Menschen, die diese Debatte zum Thema „Innere Sicherheit – Bekämpfung von Kriminalität“ verfolgen?

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Ja! Das ist eine richtige Frage!)

Hier findet eine unsachliche Auseinandersetzung statt. Ich will gar nicht so sehr auf die AfD-Anträge eingehen; denn sie sind – wie nicht anders zu erwarten – nicht problemlösend, sondern sie bedienen Ihr immer wiederkehrendes Narrativ, mit dem Sie seit Jahren hierherkommen: Es gibt wenige, die Sie immer wieder als Schuldige für alle Probleme heranziehen. Wir erleben im Parlament tagtäglich von Ihnen lediglich laute Worte, aber selten Problemlösungen, und das ist heute nicht anders.

(Karsten Hilse [AfD]: Die Bürger sehen das anders! – Zuruf des Abg. Tino Chrupalla [AfD])

– Ja, Sie können ruhig bellen. Dann weiß ich, dass ich ins Schwarze getroffen habe.

(Karsten Hilse [AfD]: Die Bürger sehen das anders!)

Nach den Anschlägen von Solingen, von Magdeburg, von Aschaffenburg fragen sich die Menschen doch: Was läuft falsch in unserem Staat?

(Zuruf von der AfD: Alles!)

Was muss in Zukunft anders laufen, damit wir sicherer leben können und der Staat seine Aufgaben für die innere Sicherheit erfüllen kann?

Bei dem, was wir hier und auch im Innenausschuss erleben, wenn wir über diese Themen reden, geht es nicht um die Auseinandersetzung mit der Frage „Was kann man in Zukunft besser machen und anders organisieren?“, sondern wir diskutieren darüber: Wer war schuld?

(Mechthilde Wittmann [CDU/CSU]: Genau!)

Waren es die anderen? Wie halte ich meinen eigenen Kasten sauber?

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Thomas Heilmann [CDU/CSU] und Marlene Schönberger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich habe gestern im Innenausschuss gesagt: Ich empfinde das als Verantwortungsdiffusion. – Am Ende war irgendwie niemand schuld, und man kann – das ist viel schlimmer – auch nichts ändern, weil man nicht weiß, wo etwas schiefgelaufen ist.

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch immer so!)

Da wird die Verantwortung hin- und hergeschoben, hier und heute in der Diskussion zwischen den politischen Kräften und im Ausschuss zwischen den einzelnen Institutionen, den Strafverfolgungsbehörden und den Sicherheitsbehörden. Auch mit Blick auf Magdeburg wird die Verantwortung hin- und hergeschoben: Beim Konzept oder bei der Polizei, wo hat was nicht gepasst?

Das ist alles wichtig. Die Antworten sind wichtig, damit man weiß, was man in Zukunft ändern muss. Im Fokus sollte nicht stehen: Wer muss zurücktreten? Auch das ist in einem demokratischen Rechtsstaat wichtig; denn es geht um Verantwortung. Aber wir erleben, dass zunehmend niemand mehr Verantwortung für das übernimmt, was in den einzelnen Häusern passiert – das gilt übrigens auch immer wieder für die Bundesregierung –, was dazu führt, dass man am Ende nicht weiterkommt.

Auch die Bundesinnenministerin hat im Ausschuss nicht klar definiert, was im BAMF schiefgelaufen ist. Natürlich ist das wichtig, aber im Kern geht es doch um die Frage: Was muss man in Zukunft besser machen? Was kann man jetzt machen?

(Beifall bei der FDP)

Ich finde, dass die Vorschläge unterkomplex sind. Ich wundere mich, dass von der Union heute noch nicht das Thema Vorratsdatenspeicherung aufgegriffen wurde.

(Christoph de Vries [CDU/CSU]: Kommt noch! – Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Das Beste kommt zum Schluss!)

– „Kommt noch!“, das befürchte ich auch. – Das hat nichts mit den letzten Anschlägen, mit den Terrorakten zu tun, nichts!

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat alles nichts damit zu tun! – Christoph de Vries [CDU/CSU]: Doch! – Marc Henrichmann [CDU/CSU]: Das sehen die Sicherheitsbehörden aber anders!)

Sie wären dadurch nicht verhindert worden. Der Vorschlag wird trotzdem immer rausgekramt. Das hilft überhaupt nicht.

Was wir nicht brauchen, sind Vorschläge für neue Gesetze. Was wir brauchen, ist eine Organisation des Rechtsstaates und der Strafverfolgungsbehörden.

(Zuruf des Abg. Alexander Throm [CDU/CSU])

– Wir sind manchmal viel näher dran, Herr Throm, als Sie immer wieder sagen.

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Das ist doch Quatsch!)

Zum Beispiel brauchen wir einen besseren Datenaustausch; das wurde gestern auch im Innenausschuss besprochen. Nur, die Frage ist: Wer übernimmt denn Verantwortung dafür? Ich hatte gestern den Eindruck: Es ist damit erledigt, dass die eine Behörde der anderen Behörde Bescheid sagt; aber es wird nie nachgefragt, was mit den Informationen passiert ist.

(Zuruf des Abg. Alexander Throm [CDU/CSU])

Das ist Verantwortungsdiffusion, und das ist das Problem.

(Christoph de Vries [CDU/CSU]: Wir brauchen eine Plattform für alle!)

Da hilft übrigens auch nicht mehr Geld, liebe Grüne. Sie sagen: Wir müssen das alles besser finanzieren. – Da ist nichts Falsches dran. Aber am Ende hilft mehr Geld nicht.

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht alleine, Herr Kollege! Nicht alleine!)

Das ist hier im Haus immer wieder der Ansatz bei allen möglichen Themen: Schmeißt mehr Geld drauf! Das Problem löst sich dann von alleine. – Tut es nicht.

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das stimmt!)

Deswegen ist es wichtig, dass wir eines verändern, nämlich: Der Staat muss sich wieder auf Kernaufgaben konzentrieren.

(Marc Henrichmann [CDU/CSU]: Er braucht Befugnisse!)

Der Staat muss aufhören, Geld für Projekte auszugeben, die nicht zielführend sind,

(Beifall des Abg. Friedhelm Boginski [FDP])

und er muss Projekte endlich mal zu Ende führen. Wir reden seit Jahren über P20, ein System, das die Polizeien besser zusammenführt. Da ist so viel Geld verbraten worden, und es ist immer noch nicht lauffähig. Projekte müssen endlich mal zu Ende gebracht werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Eine Datenplattform bringt nichts, wenn man nur über sie redet, sondern man muss sie aufbauen. So ist es an ganz vielen Stellen des Austausches.

Wenn der Staat Geld dafür verschwendet, die Bürger mit Bürokratie zu belasten, sie bei Themen zu gängeln, die nicht staatliche Kernaufgabe sind, dann fehlt uns das Geld bei der inneren Sicherheit. Deswegen gibt es am Ende zu wenig Ausstattung, Projekte wie P20 werden nicht zu Ende geführt, und es gibt keinen Datenaustausch zwischen den Behörden.

(Alexander Throm [CDU/CSU]: Es sind immer nur die anderen schuld, nur nicht die FDP! – Gegenruf des Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP]: Hören Sie doch mal zu, und labern Sie nicht rein! Mein Gott!)

Die Polizisten können nichts dafür. Wir von Bund und Ländern lassen sie immer wieder im Regen stehen, weil wir hier nicht die richtigen Prioritäten setzen und weil wir am Ende Projekte nicht zu Ende führen. Das muss sich dringend ändern. Die gute Nachricht ist: Alles lässt sich ändern. Daran arbeiten wir weiter.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat das Wort Peggy Schierenbeck.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7628839
Wahlperiode 20
Sitzung 210
Tagesordnungspunkt Innere Sicherheit - Bekämpfung von Kriminalität
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