Stefan KeuterAfD - Abschluss der Beweisaufnahme im 1. UA (Afghanistan)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir schauen auf zweieinhalb Jahre Arbeit im Untersuchungsausschuss zurück, und dieser Untersuchungsausschuss hatte von Anfang an einen großen Fehler: Der Untersuchungszeitraum wurde nämlich nur auf das Ende des Afghanistan-Engagements begrenzt und hat nicht den kompletten Einsatz beleuchtet.
(Dr. Ann-Veruschka Jurisch [FDP]: Dafür gab es die Enquete-Kommission!)
Die wichtigste Erkenntnis für meine Fraktion ist aber, dass es eine objektive Bedrohung für Ortskräfte nie gegeben hat. Keine Ortskraft ist nachweislich durch Taliban zu Schaden gekommen. Die Taliban haben mehrfach Amnestien verkündet und sich auch penibelst daran gehalten. Eine subjektiv empfundene Bedrohungslage ist etwas anderes; aber objektiv hat diese, wie uns viele Zeugen bestätigt haben, nie existiert.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Schauen wir zurück zum August 2021. Merkel und ihr damaliger Außenminister Maas sind vor die Kameras getreten und haben gesagt: „Wir haben die Lage falsch eingeschätzt.“ Man sei von dem Zusammenbruch überrascht worden. Das ist eine glatte Lüge. Bereits im Herbst 2020 haben Lageeinschätzungen des Bundesnachrichtendienstes und Bewertungen des Bundesverteidigungsministeriums vorausgesagt,
(Zuruf der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD])
dass ein Emirat 2.0 der wahrscheinlichste Ausgang sein wird. Merkel schärfte ihrem letzten Befehlshaber in Afghanistan ein: „Ich will keine Bilder wie in Saigon“, und wiederholte dies im Januar 2021 noch einmal: „Ein Saigon-Szenario muss unter allen Umständen verhindert werden.“ Hört sich das wie eine Überraschung an? Nein, natürlich nicht. Man wusste ganz genau, was passiert. Unser Nachrichtendienst hat eine hervorragende Arbeit gemacht.
(Beifall bei der AfD)
Die Amerikaner wollten raus, sind dann aber auf Falschmeldungen hereingefallen, haben panisch zum Flughafen verlegt, die Deutschen im Schlepptau hinterher.
Noch im März 2021 hat sich die Bundesregierung einen Blankoscheck bei der Mandatsverlängerung ausstellen lassen. Im Verteidigungsministerium tauchten dann plötzlich Schreiben auf, wo es hieß, wir sollten die Abgeordneten in homöopathischen Dosen auf die Realität in Afghanistan vorbereiten. Da frage ich mich: Sind wir hier als Parlament bewusst getäuscht worden? Die Taliban drohten dann natürlich postwendend mit Angriffen. Der Bundesnachrichtendienst riet dann der damaligen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer von Ihrer Fraktion, liebe Union, mit den Mullahs zu verhandeln. AKK lehnte dies ab mit der Begründung: Das ist politisch nicht vertretbar. Verluste kann man eh nicht ganz verhindern. Es wird schon nichts passieren. – Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen, wie hier mit dem Leben unserer deutschen Landsleute in Afghanistan politisch gespielt wurde!
(Beifall bei der AfD)
Heiko Maas, unser ehemaliger Außenminister, hat im Untersuchungsausschuss unverblümt zugegeben, dass er dem Bundesnachrichtendienst bewusst den Schwarzen Peter zugeschoben habe. Schließlich sei ja Wahlkampf gewesen. Ich würde den Bundeskanzler, der heute leider nicht da ist, fragen, ob er von diesem feigen Manöver wusste. Er als damaliger Kanzlerkandidat wird hier doch mit Sicherheit eingebunden gewesen sein.
(Thomas Röwekamp [CDU/CSU]: Hättet ihr ja fragen können! Er war ja im Ausschuss! – Zurufe von der SPD)
Lassen Sie uns noch kurz über den Ausschussvorsitzenden reden. Dieser, der Herr Stegner, hat es tatsächlich geschafft, diesen Untersuchungsausschuss in ein Zeugenschutzprogramm zu verwandeln.
(Dr. Ann-Veruschka Jurisch [FDP]: Jetzt reicht’s aber! – Gabriele Katzmarek [SPD]: Oh, oh, oh! Böses Foul!)
Uns sind E-Mails und Dokumente vom Auswärtigen Amt unterschlagen worden.
(Jörg Nürnberger [SPD]: Sie lehnen sich weit aus dem Fenster!)
Statt sich vehement für die Lieferung der Daten einzusetzen, hat er den Mantel des Schweigens darübergebreitet. Das haben wir alles im Sondervotum dokumentiert, auch das ständige Unterbrechen meiner Fraktion, Zurechtweisungen, Behinderungen bei Zeugenvernahmen. Dies haben wir schön wissenschaftlich aufgearbeitet. Wir empfehlen unser Sondervotum.
(Dr. Ann-Veruschka Jurisch [FDP]: Wir haben es alle gesehen! Das stimmt überhaupt nicht! Wir waren dabei! – Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das erste Mal, dass Sie was wissenschaftlich aufarbeiten, Herr Keuter!)
Es ist müßig, zu erwähnen, dass uns der Kalender der Bundeskanzlerin bis heute nicht vorliegt. Er ist im Bundeskanzleramt offensichtlich gelöscht worden, wie es hieß. Wir als AfD-Fraktion haben dann einen Antrag zur Beiziehung dieses Beweismittels gestellt. Das ist durch alle anderen Fraktionen dieses Hauses abgelehnt worden. Da sieht man mal, wie ernst es mit der Aufklärungsarbeit und dem Willen zur Aufklärung in diesem Hause bestellt war, ganz nach dem Motto: „Wasch mich, aber mach mich nicht nass.“
(Beifall bei der AfD)
Das ist eine Schande angesichts 60 toter Landsleute und 18 Milliarden Euro eingesetztem deutschen Steuergeld.
Kommen wir zurück zum August 2021. Medienwirksam wurde dann eine Evakuierungsoperation durchgeführt. Das Erste, was nach Afghanistan kam, war ein Kamerateam der Bundeswehr. Wir haben dann Vergewaltiger und Schwerstkriminelle durch die Luftwaffe wieder einfliegen lassen. Wir haben die Luftwaffe zum Transport ausländischer Zivilisten eingesetzt. Ich sage Ihnen: Das war verfassungswidrig. – Im BMVg tauchten dann auch Schreiben und Kommentare auf, wo es hieß: Wir müssen aufpassen, dass das nicht in Karlsruhe landet. – Mit dieser Regierung landet das natürlich nicht in Karlsruhe.
Das Ortskräfteprogramm wurde dann schrittweise erweitert, ausgedehnt auf Akteure der zivilen Gesellschaft, auf Menschenrechtler, Frauenrechtler, Lehrer.
(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, schreckliche Leute in Ihren Augen! – Gabriele Katzmarek [SPD]: Was Moskau alles weiß!)
Die sind alle mit auf diese Evakuierungslisten gesetzt worden. Wir wissen bis heute nicht, wer wie viele Personen benannt hat. Ich habe das die Bundesregierung mehrfach gefragt, auch im Rahmen meines parlamentarischen Fragerechtes. Ich habe hier keine Antworten bekommen und war dann gezwungen, das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Ich hoffe, dass hier irgendwann ein Urteil kommen wird.
Ich selber bin dann nach Pakistan gereist. Dank an die pakistanische Regierung, dass sie es mir möglich gemacht hat, am Gate zu stehen und zu gucken, wer in die Flieger nach Deutschland steigt. Es waren keine Kernfamilien, es waren Großfamilien. Es waren Menschen, die nicht gefährdet waren. Ich sprach mit ihnen. Sie alle freuten sich auf ihre neue Zukunft. Die Kernaussage, die ich hörte, war: I want to have a better life. – Ich möchte ein besseres Leben haben. – Dafür habe ich Verständnis, aber bitte nicht zulasten unserer inneren Sicherheit und nicht zulasten unserer deutschen Steuerzahler.
(Beifall bei der AfD)
Wir halten noch einmal fest: Die Ortskräfte waren nie gefährdet. Sie waren damals in Afghanistan schon privilegiert und befürchteten, diese Privilegien zu verlieren.
(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Unsinn, Herr Keuter! – Zuruf der Abg. Gülistan Yüksel [SPD])
Wir sehen Parallelen zu Syrien und Afghanistan. Der Bürostuhl von Assad war noch warm, niemand wusste, wie die neuen Machthaber in Damaskus ticken, da ist unsere Außenministerin schon nach Damaskus geflogen, ohne sich mit Ankara und Tel Aviv abzustimmen.
(Dr. Ann-Veruschka Jurisch [FDP]: Wir reden über Afghanistan! – Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie disqualifizieren sich wirklich immer weiter! – Zuruf der Abg. Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Hals über Kopf ist sie dort hingereist. Ohne jede Berührungsangst traf sie sich mit Islamisten. Und nicht nur das: Sie hat mit den Menschen gesprochen, an deren Händen noch Blut klebte, die teilweise von den USA noch mit internationalem Haftbefehl gesucht wurden. Wäre nicht die Schaffung einer Beziehung zu den Taliban in deutschem Interesse?
(Thomas Erndl [CDU/CSU]: Sie sind doch zu Assad gefahren!)
Ich habe mich mit dem Kollegen Wundrak kürzlich mit den Taliban in Katar getroffen. Wir haben pragmatische Gespräche geführt.
(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Das ist eine gute Gesellschaft! – Peter Beyer [CDU/CSU]: Heldenhaft, Herr Kollege! Heldenhaft!)
Die Taliban haben uns zugesichert, wenn es nach ihnen geht, alle Afghanen aus Deutschland zurückzunehmen, inklusive Straftätern und denjenigen, die diese Bundesregierung nicht abgeschoben kriegt.
(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also, die AfD trifft sich mit Islamisten in ihrer Freizeit! Oder was ist jetzt die Botschaft? – Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben die Taliban Ihnen denn dafür versprochen, Herr Keuter?)
Zum Schluss möchte ich mich ganz herzlich bei unserem Expertenteam Untersuchungsausschüsse bedanken, die hervorragend zugearbeitet haben, und insbesondere bei meinem Kollegen Joachim Wundrak, Generalleutnant a. D. der Bundeswehr, der ganz hervorragende Arbeit in diesem Untersuchungsausschuss gemacht hat.
(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: … und sich hoffentlich für Sie schämt!)
Und, Herr Vorsitzender, wie Sie Herrn Wundrak begegnet sind, war in vielerlei Hinsicht einfach despektierlich.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der AfD – Dr. Karamba Diaby [SPD]: Wo ist die AfD-Fraktion denn? – Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Boah, ist das peinlich! AfD trifft sich mit den Taliban! Ich fasse es nicht!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7628893 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 210 |
Tagesordnungspunkt | Abschluss der Beweisaufnahme im 1. UA (Afghanistan) |