30.01.2025 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 210 / Tagesordnungspunkt 10

Peter HeidtFDP - Abschluss der Beweisaufnahme im 1. UA (Afghanistan)

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ein Beamter beschrieb die Situation treffend mit den Worten: „Wahnsinn. Eine humanitäre Katastrophe mit Ansage. Eine Riesenscheiße.“ Diese Worte waren Realität.

Der Fall Kabuls am 15. August 2021 war kein unvorhersehbares Ereignis. Vielmehr war es das Ergebnis jahrelanger Fehlentscheidungen und einer unzureichenden Vorbereitung. Bei allen zutage getretenen Mängeln im politischen Berlin sind die persönlichen Leistungen vor Ort in Afghanistan herausragend gewesen; Kollegin Jurisch hat es erwähnt.

Exemplarisch können der deutsche Geschäftsträger in Kabul, van Thiel, und der Bundespolizist der deutschen Botschaft mit dem Arbeitsnamen „Fisch“ genannt werden oder auch die am Flughafen eingesetzten deutschen Kräfte. Ihr entschlossenes Handeln, Improvisationsgeschick, Durchhaltevermögen waren maßgeblich dafür verantwortlich, dass so viele deutsche Staatsangehörige, Ortskräfte und deren Familien gerettet werden konnten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sehr unterschiedlich sind die Minister aufgetreten. Die Minister Seehofer und Müller haben uns ja erklärt: Alles ist gut, hervorragende Leistungen, gar keine Probleme. – Erstaunlich traurige Auftritte. Und dass sich Bundeskanzler Scholz wie immer nicht erinnern konnte, hat eigentlich auch niemanden überrascht.

Anders die ehemalige Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer, die selbstkritisch war. Sie hatte durchaus frühzeitig erkannt, dass das Ortskräfteverfahren auf Dauer nicht praktikabel ist. Sie wollte es ändern, aber sie konnte sich gegen Seehofer nicht durchsetzen, und die Kanzlerin hat ihr nicht geholfen. Viel zu spät, erst im Juni 2021, wurden dann die ersten Änderungen am Verfahren vorgenommen.

Insgesamt hat sich gezeigt, dass Kanzlerin Merkel an dem Thema Afghanistan nicht wirklich interessiert gewesen ist. Das Kanzleramt hat praktisch überhaupt nichts getan, hat sich in die problematische Ressortabstimmung nicht eingeschaltet, hat vielmehr alles laufen lassen, Staatssekretärsrunden, die eher Kaffeekränzchen waren, nicht begleitet. Und auch die Berichte vom BND hat sie nicht gelesen. Das als wahrscheinlichste Szenario deklarierte Emirat 2.0 war ihr völlig unbekannt – eine für mich schockierende Aussage.

Der Untersuchungsausschuss hat wertvolle Erkenntnisse geliefert, die in Zukunft entscheidende Impulse für die sicherheitspolitische Ausrichtung Deutschlands geben können. Die gewonnenen Einsichten verdeutlichen die dringende Notwendigkeit, geopolitische Entwicklungen frühzeitig zu analysieren und strategische Handlungsoptionen flexibel und koordiniert zu gestalten. Angesichts der zunehmenden sicherheitspolitischen Herausforderungen ist es essenziell, dass Deutschland seine Sicherheitsstruktur an die neuen geopolitischen Realitäten anpasst und strategische Schwachstellen konsequent adressiert.

Träge Entscheidungsprozesse trotz Handlungsdruck, mangelnde Zusammenführung von verschiedenen Lagebildern innerhalb der Bundesregierung: Wir als Freie Demokraten fordern die Einrichtung eines beim Bundeskanzleramt angesiedelten nationalen Sicherheitsrats.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Es reicht eben nicht aus, nur militärisch zu intervenieren. Wir müssen langfristige Strategien entwickeln, Krisen-Mindsets in den Ressorts stärken, sicherheitspolitische Kompetenzen im Auswärtigen Amt stärker verankern, Handeln von befreundeten Staaten besser analysieren. Kommende Regierungen müssen sicherstellen, dass wir nicht nur kurzfristige Lösungen suchen, sondern auch die langfristigen Folgen unseres Handelns im Blick haben.

Und an der Stelle: Die AfD hat es als einzige Fraktion geschafft, im Ausschuss permanent Fragen zu stellen, die rechtlich unzulässig waren.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Ja, aber das ist doch konsequent von der AfD!)

Dass Sie sich jetzt hier beschweren, dass der Vorsitzende Sie auf die rechtlichen Begebenheiten hinweist, spricht Bände hinsichtlich Ihrer Einstellung. Ihnen ist Recht und Gesetz völlig wurscht!

(Stefan Keuter [AfD]: Schauen Sie sich den Bericht an!)

Das ist traurig. Alle anderen Fraktionen, selbst die Linken, haben es geschafft. Sie nicht! Ihr Verhalten spricht Bände.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Das ist doch konsequent bei der Truppe!)

Ich halte meine letzte Rede in dieser Wahlperiode.

(Steffen Janich [AfD]: Das ist gut so! – Stefan Keuter [AfD]: Wie wahrscheinlich Ihre ganze Fraktion! – Gegenruf der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD]: Benehmen ist bei Ihnen auch dahin!)

Ich möchte exemplarisch Menschen wie Derya, Boris und Stephan nennen. Es gibt Freundschaften über Parteigrenzen hinweg, und dafür bin ich sehr dankbar; denn das bleibt. Ich bin meiner Fraktion dankbar, dass sie so kameradschaftlich-kollegial mit mir zusammengearbeitet hat. Ich bin ja authentisch in meiner Art und Weise,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

und das durfte ich in dieser Fraktion sein. Auch dafür vielen Dank. Und ebenso meinem Team vielen Dank.

Am Schluss bleibt der Satz: Im Übrigen bin ich der Auffassung: Wir sollten unverzüglich Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Gabriele Katzmarek [SPD]: Da können wir leider nicht klatschen!)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7628897
Wahlperiode 20
Sitzung 210
Tagesordnungspunkt Abschluss der Beweisaufnahme im 1. UA (Afghanistan)
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