30.01.2025 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 210 / Tagesordnungspunkt 11

Patrick SchniederCDU/CSU - Abschluss der Beweisaufnahme im 2. UA (Atomausstieg)

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Den 2. Untersuchungsausschuss haben wir Abgeordnete der Union als ein Viertel der Mitglieder des Hohen Hauses durchgesetzt. Der Ausschuss war nötig, und er war ertragreich. Seine drei wichtigsten Ergebnisse sind:

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Außer Spesen nichts gewesen!)

Erstens. Bei den energiepolitischen Entscheidungen nach dem russischen Überfall auf die Ukraine spielten für Grüne und SPD die Energiepreise keine Rolle, nicht mal eine Statistenrolle.

(Dr. Andreas Lenz [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Zweitens. Klimaschutz und CO2-Ausstoß haben Sie, Herr Bundesminister Habeck, damals ausdrücklich hintangestellt. So klar haben Sie das auch in Ihrer Befragung gesagt.

Drittens. Grünen Ankündigungen kann man nicht trauen. Sie halten Zusagen nicht ein,

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagen die Richtigen!)

oder Sie haben es nicht drauf, sich in wichtigen Fragen durchzusetzen. Für die Bürgerinnen und Bürger ist eines so schlimm wie das andere.

(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Räuberpistole ist das! – Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was war Ihre Rolle im Ausschuss?)

Herr Minister Habeck, Sie haben den Bürgerinnen und Bürgern nach dem 27. Februar 2022 eine Prüfung aller energiepolitischen Optionen ohne Tabus versprochen, natürlich auch der Kernenergie. In Ihrer Partei und Fraktion hatte das keine Chance. Um mehr Realismus und weniger Ideologie durchzusetzen, hatten Sie nicht die Kraft. Als bloßes Positionspapier ordnet Ihr Koalitionspartner den Vermerk zur Bekräftigung altbekannter Standpunkte ein, den Sie schon zehn Tage nach Ihrem Versprechen auf der Homepage Ihres Hauses veröffentlicht haben. Die von Ihnen zugesagte unvoreingenommene Prüfung hat es nie gegeben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Frank Schäffler [FDP] – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hammer!)

„Atomkraft? Nein Danke!“ ist eine Kernidentität der Grünen; das ist nichts Neues. Öffentlich bemühen sich die Grünen aber auch um den Eindruck, Klimaschutzpartei zu sein.

(Andreas Bleck [AfD]: Ja! Und Friedenspartei!)

In der Energiekrise 2022 zwischen Kernkraft und Kohle entscheiden zu müssen, hätten wir für ein echtes Dilemma gehalten, für eine Entscheidung, um die gerungen werden muss. Spuren eines solchen Ringens hat der Ausschuss bei Ihnen aber nicht gefunden. Zugunsten grüner Antikernkraftideologie war der Klimaschutz mal eben nachrangig.

(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer ist denn hier ideologisch? – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Schnieder, bleiben Sie bei der Wahrheit!)

Das ist Ihr Wort, „nachrangig“, Herr Minister Habeck. Das war nicht sachgerecht. Das schwingt in Zukunft immer mit, wenn Grüne mehr Einsatz für Klimaschutz fordern.

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da klatscht bei Ihnen jetzt auch niemand! – Beifall des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

„Ein Mensch. Ein Wort.“ lassen Sie, Herr Minister Habeck, als grüner Spitzenkandidat zigtausendfach in Deutschland plakatieren. Ich habe mal das Wort „Transparenz“ in Ihrem Wahlprogramm gesucht.

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie sich aber Arbeit gemacht!)

Auf 272 Seiten des Wahlprogramms der Grünen wurden die Worte „Transparenz“, „transparent“, „transparenter“ gefunden. Wenn es um Sie selber geht, wissen Sie nicht einmal, wie man das Wort schreibt. Anderen mit dem Anspruch höherer Moral gegenübertreten und sich selbst nicht an die Regeln halten, das ist die grüne Zuverlässigkeit oder – besser gesagt – Unzuverlässigkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie denn jetzt im Ausschuss rausgefunden? Was denn?)

– Hören Sie gut zu! – Keine Bundesregierung hat sich gegenüber einem Untersuchungsauftrag des Deutschen Bundestages weniger von Transparenz leiten lassen als die amtierende Regierung, deren Vizekanzler Sie sind, Herr Habeck.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wirklich ein lächerlicher Vorwurf!)

Der Untersuchungszeitraum des 1. Untersuchungsausschusses, mit dem wir uns unter dem vorherigen Tagesordnungspunkt befasst haben, umfasst 19 Monate. Der Untersuchungszeitraum des 2. Untersuchungsausschusses umfasst 29 Monate. Obwohl der Untersuchungszeitraum deutlich länger war, legen Sie aber nur ein Zwanzigstel der Akten- bzw. Datenmenge vor.

(Lukas Benner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie können doch nicht aus der Datenmenge schließen! Das ist irre!)

Im 2. Ausschuss geht es um die von Ihnen mitgetragene Regierung, im 1. ging es um die Vorgängerregierung. Nur rund ein Zwanzigstel Transparenz, wenn es um Sie selber geht, das ist grüne Glaubwürdigkeit oder – besser gesagt – Unglaubwürdigkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Frank Schäffler [FDP] – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind doch abwegige Verschwörungstheorien! – Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die FDP hat geschwärzt!)

Im Übrigen ist der 2. Untersuchungsausschuss der erste überhaupt, dem die Bundesregierung keine Vollständigkeitserklärungen vorgelegt hat, sondern Unvollständigkeitserklärungen.

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alle Akten waren vollständig! Sie haben keine einzige Akte gelesen! Lesen bildet!)

Der Auftrag des Deutschen Bundestages umfasst eindeutig die Anpassung der gesamten Energiepolitik an die Lage nach dem russischen Überfall auf die Ukraine.

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach dem ersten oder zweiten Überfall? 2014 haben Sie ja ignoriert! – Zuruf des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Beweismittel wurden aber nur zur Frage der Laufzeitverlängerung vorgelegt. Die Bundesregierung hat eigenmächtig den Untersuchungsauftrag eingeschränkt. Dafür gab es keine Rechtsgrundlage. Das darf ein Untersuchungsausschuss nicht einmal selbst. Der Ausschuss hat seinen Auftrag nicht vollständig erfüllen können, weil die Bundesregierung ihn boykottiert hat. Diese Vorlagepraxis der Bundesregierung ist ein Rechtsbruch.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD – Gegenruf des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die AfD klatscht!)

Diesen Rechtsbruch verantwortet auch der Herr Bundeskanzler. Das Kanzleramt steht dem Wirtschaftsministerium in Sachen Intransparenz in nichts nach.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lächerlich, Herr Schnieder! Dann hätten Sie halt geklagt! Eine einzige Räuberpistole!)

Auch beim Kanzleramt ist der Vergleich der Vorlagepraxis im 1. Untersuchungsausschuss mit der im 2. Untersuchungsausschuss sehr lehrreich, Herr von Notz. Im 2. Ausschuss wurden Kabinettvermerke nicht vorgelegt, angeblich um den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung zu schützen. Im 1. Ausschuss ging es nicht um Sie und Ihre Regierung. Da wurden Kabinettvermerke vorgelegt. Messen Sie mit zweierlei Maß? Ist das Ihr Verständnis von Rechtsstaat?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Untersuchungsausschüsse der letzten drei Wahlperioden standen für umfassende Aufklärung.

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie waren nicht da!)

Die Bundesregierung hat die parlamentarische Kontrolle ernst genommen und hat ihre Pflicht gegenüber dem Parlament erfüllt. Diese Wahlperiode dagegen brachte schwere Rückschläge. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik lehnte die Mehrheit einen Einsetzungsantrag ab. Unsere Klage liegt immer noch in Karlsruhe. Erstmals in der Geschichte schränkte die Bundesregierung eigenmächtig einen Untersuchungsauftrag ein, und die sie tragenden Fraktionen wagten nicht einmal Protest.

Ja, auch das ist eine Lehre aus diesem Untersuchungsausschuss: Ein Politikwechsel ist überfällig, gerade auch für Regeltreue im Verhältnis von Exekutive und Legislative.

(Beifall bei der CDU/CSU – Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist der Skandal?)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7628909
Wahlperiode 20
Sitzung 210
Tagesordnungspunkt Abschluss der Beweisaufnahme im 2. UA (Atomausstieg)
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