Andreas LenzCDU/CSU - Abschluss der Beweisaufnahme im 2. UA (Atomausstieg)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Zentrum steht die Frage: Wurde ein Weiterbetrieb tatsächlich ergebnisoffen geprüft?
(Zuruf des Abg. Lukas Benner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das hatte Minister Habeck öffentlich angekündigt. Um es vorwegzunehmen: Das wurde nicht gemacht.
(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beweise?)
Wenn Sie eh nie prüfen wollten, dann hätten Sie nicht sagen dürfen, prüfen zu wollen. Und wenn Sie vorgehabt hätten, zu prüfen, dann haben Sie oder Ihr Ministerium es eben nicht gemacht. So einfach ist das eigentlich.
Die zweite intellektuelle Hürde: Es ist ein großer Unterschied, meine Damen und Herren, ob man neue Kernkraftwerke baut
(Andreas Bleck [AfD]: So ist es!)
oder bestehende weiterbetreibt, insbesondere was die Kosten betrifft.
(Andreas Bleck [AfD]: Richtig!)
Dadurch, dass die Kernkraftwerke nicht weiterbetrieben wurden, ist ein volkswirtschaftlicher Schaden in Milliardenhöhe entstanden, aber auch ein Technologieabfluss, der immens ist, ein Know-how-Verlust.
(Carsten Träger [SPD]: Was? Was erzählen Sie denn da?)
Die Dimension des Fehlers wird umso größer, je tiefer man sich mit den Umständen beschäftigt.
(Lukas Benner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer konnte diesen Atomausstieg bloß beschließen?)
Diese sind nämlich skandalös, meine Damen und Herren. Der Weiterbetrieb der Kernkraftwerke ist nie ergebnisoffen geprüft worden. Es entstand eine regelrechte Täuschungsmaschinerie im BMWK und im BMUV.
(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Milliarden haben Sie verballert beim Ausstieg vom Ausstieg damals!)
Alles, aber auch wirklich alles wurde unternommen, um die Versorgungssicherheit auch ohne die verbliebenen Kernkraftwerke darzustellen. In einer E-Mail steht beispielsweise: Patrick bittet insbesondere darum, darzustellen, wie wir auch ohne die drei in Rede stehenden Atomkraftwerke die Versorgungssicherheit sichern können.
(Robin Mesarosch [SPD]: Das ist doch Teil der ergebnisoffenen Prüfung!)
Eine weitere E-Mail des ehemaligen Staatssekretärs Graichen geht an die „Freunde des geordneten Atomausstiegs“.
(Lukas Benner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist der Zweck des Atomgesetzes!)
Mal im Ernst: Schaut so eine ergebnisoffene Prüfung aus? Ich finde, nicht, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meine Güte, Herr Lenz! – Robin Mesarosch [SPD]: Da klatscht noch nicht mal die FDP!)
Vermerke der Fachebene wurden von der Leitungsebene inhaltlich geändert mit dem Ziel, die Möglichkeit des sicheren Weiterbetriebs frühzeitig auszuschließen. Eine Änderung durch die Leitungsebene ist ja kein Problem; aber wenn die fachliche Fundierung fehlt, dann habe ich schon ein Problem. Da schrieb beispielsweise ein Kernphysiker etwas zur Sicherheit auf; geändert wurde der Vermerk dann vom Pressesprecher, der die nukleare Sicherheit dann entsprechend ausschloss.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Auch im Ausschuss wurde das bestätigt.
Die Öffentlichkeit wurde insofern falsch informiert, auch vom Minister.
(Lukas Benner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind Behauptungen!)
So sagte dieser am 27. Februar 2022 im „Bericht aus Berlin“, dass die Atomkraftwerke „nur unter höchsten Sicherheitsbedenken“ weiterbetrieben werden können. Im Ausschuss sagte er hingegen: Auch die Frage der nuklearen Sicherheit, für die das BMUV zuständig ist, wurde erörtert. Technisch, so sagte er im Ausschuss, war der Weiterbetrieb damals, 2022, machbar. Außerdem sagte er, dass „die Dinger“ zu den sichersten Atomkraftwerken der Welt gehören.
(Andreas Bleck [AfD]: Hört! Hört! – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie verstehen die Systematik nicht, Herr Lenz!)
Das passt doch alles nicht zusammen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Frank Schäffler [FDP] – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meine Güte! All die Stunden umsonst! Noch nicht mal was gelernt im Ausschuss!)
Das zuständige Wirtschaftsministerium hatte die möglichen Preiseffekte nicht einmal untersucht, meine Damen und Herren. Um zu verstehen, dass mehr Angebot zu günstigeren Gestehungskosten, zu günstigeren Gesamtpreisen führt, muss man nicht Atomphysik studieren.
(Zuruf von der SPD: Das haben die Ökonomen widerlegt!)
Die wissenschaftlichen Gutachten gehen von einem Preiseffekt von circa 10 Prozent im Jahr 2023 aus. Das sind circa 5 Milliarden Euro, und das sind entstandene Kosten für die Volkswirtschaft, die auf Ihr Konto gehen, die in Ihrer Verantwortung liegen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wissen gar nicht, welche Kosten entstanden wären! – Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Gutachter sagten was anderes! Das ist völliger Quatsch!)
– Überhaupt nicht. – Übrigens haben die Betreiber EnBW und PreussenElektra noch im August 2022 einen Weiterbetrieb angeboten, sogar einen Industriestrompreis von 6 Cent.
(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn der Staat die Haftung übernimmt! Sie wollen den Staat haften lassen!)
Da gab es nicht mal eine Antwort aus dem Bundeswirtschaftsministerium, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Frank Schäffler [FDP])
Aber auch CO2-Einspareffekte waren dem Klimaschutzministerium egal: 30 Millionen Tonnen im Jahr. Der Effekt wäre 20-mal größer als der eines Tempolimits von 120 km/h. Das war dem Klimaministerium bzw. dem Klimaminister in der Abwägung völlig egal, meine Damen und Herren.
(Frank Schäffler [FDP]: Der gesamte Effekt des Heizungsgesetzes!)
Wenn man sich die Akten so durchlas, dann stellte sich auch die Frage, ob eigentlich Habeck oder sein Staatssekretär Graichen der Minister war. Klar ist: Herr Habeck, Sie haben Ihr Ministerium nicht im Griff.
(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meine Güte!)
„Chaotische Führung“ oder „chaotische Lagebeurteilung“ könnte man es auch nennen. Bei Ihnen zählt mehr das Erzählte.
(Zuruf des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das reicht aber eben dauerhaft nicht aus. Wenn wir heute auch die Ausführungen zum Jahreswirtschaftsbericht gehört haben, wenn wir uns anschauen, was bei Northvolt passiert, dann stellt sich doch die Frage, wie Sie glauben können, ein guter Kanzler zu werden, wenn Sie ein so schlechter Wirtschaftsminister waren.
(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Eines fiel auch auf: Selbst wenn der Minister ergebnisoffen prüfen wollte – da bin ich mir übrigens immer noch nicht ganz sicher –: Sämtliche Schlüsselstellen in den Ministerien waren mit Personen besetzt, die die Umsetzung des Ausstiegs aus der Kernkraft und nicht deren Weiterbetrieb als Antrieb sahen.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie beschlossen von der Union! Das war die Gesetzeslage! Meine Güte! – Zuruf des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es ist doch so, dass das Lebenswerk von Trittin und Co plötzlich infrage gestellt wurde. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf: So wurde hier gearbeitet, meine Damen und Herren, und das ging aus der Untersuchung auch ganz klar hervor.
Die Aktenlage lässt also nur einen Schluss zu: dass nie ergebnisoffen geprüft wurde.
(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Ausschuss war voreingenommen!)
Der Schaden ist da: für die Wettbewerbsfähigkeit, für die CO2– Einspareffekte, für die Versorgungssicherheit, aber auch für die Bezahlbarkeit von Energie, meine Damen und Herren.
(Zuruf des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Übrigens: Auch die Richtlinienentscheidung des Bundeskanzlers machte ein ganz falsches Vorgehen nur noch falsch.
(Jakob Blankenburg [SPD]: Die sehr strukturiert war! Sehr strukturiert!)
– Ja, Herr Blankenburg. – Der Kanzler griff eben aufgrund seiner Führungsschwäche zu spät ein, und es war dann auch zu wenig, was gemacht wurde.
(Frank Schäffler [FDP]: Der hat sich an nichts erinnert!)
Eines sage ich Ihnen, Herr Blankenburg: Strukturierte Führungsschwäche ist immer noch Führungsschwäche, und die wurde auch an diesem Punkt beim Bundeskanzler sehr, sehr deutlich.
(Zuruf des Abg. Carsten Träger [SPD])
Der Kanzler will jetzt Wasserstoff, produziert in Kraftwerken aus Frankreich, haben.
Sie müssen bitte zum Schluss kommen.
Der Kanzler will weiterhin Strom aus Frankreich importieren, also keinen Strom mehr aus deutschen Kraftwerken, sondern aus französischen haben. Das zeigt doch, –
Kommen Sie bitte zum Schluss.
– wie dysfunktional und bizarr die rot-grüne Energiepolitik ist,
(Zuruf des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
und es zeigt, wie wichtig es war, –
Herr Abgeordneter, ich werde jetzt das Mikrofon abstellen.
– hier Transparenz zu schaffen.
Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Frank Schäffler [FDP])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 210 |
Tagesordnungspunkt | Abschluss der Beweisaufnahme im 2. UA (Atomausstieg) |