30.01.2025 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 210 / Tagesordnungspunkt 11

Robin MesaroschSPD - Abschluss der Beweisaufnahme im 2. UA (Atomausstieg)

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wer beim Märchen „Hänsel und Gretel“ nur das Ende liest und es ansonsten vielleicht nicht kennt, der gewinnt schrägerweise den Eindruck: Da geht es um zwei grausame Kinder, die eine alte Frau verbrennen und dann fröhlich nach Hause gehen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Braun [AfD]: Sie sind ja lustig, Herr Mesarosch! Hahahaha!)

Deswegen ist Zusammenhang so wichtig; deswegen ist es immer wichtig, die ganze Geschichte zu erzählen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Beim Atomausstieg ist es so, dass CDU/CSU, FDP, AfD – diese unheilige Allianz – nur diesen 15. April im Kopf haben und in den Blick nehmen, als die letzten drei Atomkraftwerke vom Netz gingen. Dabei fällt der Anfang der Geschichte weg, 50 Jahre, in denen über den Atomausstieg diskutiert worden ist, 23 Jahre, in denen klar war: SPD und Grüne haben den Ausstieg vereinbart. – Danach haben CDU/CSU und FDP den Rückwärtsgang eingelegt, dann waren sie wieder dabei. Markus Söder war damals so entschlossen, dass man Angst haben musste, dass er sich mit wehender Bratwurst an einen Castortransport kettet. Das ist halt, was die CDU/CSU macht – die Leute, die uns heute erklären wollen, wie es seriös geht. Das alles fällt unter den Tisch.

Es fällt auch unter den Tisch, dass die Ampel sogar noch drei Monate an die Zeit drangehangen hat, in der sich alle Kraftwerksbetreiber darauf einstellen konnten, dass es zu Ende geht. Es ging zu Ende, alle waren darauf eingestellt, außer der CDU/CSU. Die war wohl überrascht: Jetzt ist das passiert, worüber seit 50 Jahren alle gesprochen haben. Nanu!

(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und dann mussten Sie untersuchen, was da eigentlich passiert war. Oder? Ich weiß bis heute nicht, was Sie da untersucht haben, ganz ehrlich. – Das ist das erste Schräge.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dass die AfD im Untersuchungsausschuss nur durch Populismus auffallen würde, das war erwartbar. Die Spitze war für mich: Sie wirft der Bundesregierung vor, Atomkraftwerke nicht länger laufen zu lassen, die noch 5 Prozent unserer Stromversorgung abgedeckt haben.

(Zurufe von der AfD)

Gleichzeitig fordert Ihre Spitzenkandidatin, nach der Wahl sofort alle Windkrafträder abzubauen, die ein Drittel, 33 Prozent, unseres Strombedarfs abdecken.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und gleichzeitig sagt man, die Bundesregierung handele ideologisch. Das ist doch alles hochgradig spannend, wäre es nicht so traurig.

(Zuruf des Abg. Andreas Bleck [AfD])

Das Dramatische ist: Die CDU/CSU hat sich – und das muss man so hart sagen – auf dasselbe Niveau begeben. Auch da wurde skandalisiert, dass die Atomkraftwerke – wie geplant – vom Netz gingen, die noch 5 Prozent unseres Strombedarfs abgedeckt haben. Unerwähnt blieb zum Beispiel, dass wir allein letztes Jahr die viereinhalbfache Leistung allein durch Sonne und Wind ans Netz gebracht haben.

(Andreas Bleck [AfD]: Bringt uns im Winter aber nichts!)

Und es ist doch genau andersrum. Sie skandalisieren, dass planbar was weggefallen ist. Dabei ist der eigentliche Skandal, wie wenig Sie sich dafür eingesetzt haben, dass Neues dazukommt. Das haben wir getan. Das Versäumnis lag bei Ihnen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Da kann man noch sagen: Das ist das, was passiert; die Opposition erzählt, dass alles so schlecht ist, und die Regierung, wie gut alles ist. – Aber das wird nicht dem gerecht, was in diesem Ausschuss passiert ist. Und ich muss sagen: Ich fand das skandalös. – Sie laden Sachverständige ein. Ihre Sachverständigen sagen Ihnen: Der Atomausstieg hatte keine Wirkung auf den Preis.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Rainer Kraft [AfD]: Wer hat das gesagt?)

Das hören wir alle, das hört auch die Öffentlichkeit, aber Sie haben nichts Besseres zu tun, als direkt danach hier ins Plenum zu gehen und das falsche Gegenteil zu behaupten. Und das geht nicht; das ist nicht normal.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie werfen der Bundesregierung Täuschung vor, finden nichts, und dann täuschen Sie darüber, dass Sie gar keine Täuschung gefunden haben. Sie werfen der Regierung vor, nicht ergebnisoffen geprüft zu haben, Sie prüfen irgendwas, finden nichts, bleiben aber bei Ihrer Meinung. Das ist doch schräg.

Es wäre noch verzeihlich – und das wäre Ihr Recht –,

(Zuruf des Abg. Jürgen Braun [AfD])

einen haltlosen Vorwurf zu machen und dann zu merken: Das war nichts. – Aber unverzeihlich ist es, so einen Vorwurf zu machen und dann weiter darauf zu bestehen, dass man recht hatte, obwohl nichts dran war.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieses Vorgehen, diese Strategie hätte genauso von rechts außen kommen können. Das ist das Resultat, wenn man eine Physikerin an der Spitze durch einen Populisten austauscht; das sehen wir in diesen Tagen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Kruse [FDP]: Sie meinen die Bundesregierung, oder was?)

Meine Damen und Herren, das ist vorerst voraussichtlich meine letzte Rede im Bundestag.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Ja, Gott sei Dank! – Jürgen Braun [AfD]: Ja, wurde auch Zeit!)

Ich möchte um Entschuldigung bitten: In dreieinhalb Jahren ist es mir nicht gelungen, zu verhindern, dass Rechtsextreme in Deutschland im Bundestag mehr Macht haben.

(Enrico Komning [AfD]: Nee, ihr habt uns verdoppelt! – Dr. Rainer Kraft [AfD]: Sie haben uns verdoppelt! Danke schön dafür!)

Jetzt mag man sagen, das ist nicht meine Schuld. Aber das ist nicht der Punkt. Wenn wir alle mehr Verantwortung für unser Handeln und für das, was in der Welt passiert, übernehmen, sei es beim Ausstieg aus der Atomkraft oder beim Aufstieg des Rechtsextremismus,

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Sie haben die Verantwortung, dass wir immer stärker werden!)

dann kann die Zukunft, die gestern für Millionen Leute in diesem Land sehr dunkel geworden ist, auch wieder heller werden.

Auf Wiedersehen!

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Andreas Bleck [AfD]: Meine Eltern haben mal SPD gewählt! Nun machen sie das nicht mehr, aus guten Gründen!)

Der nächste Redner ist Dr. Stefan Heck für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7628989
Wahlperiode 20
Sitzung 210
Tagesordnungspunkt Abschluss der Beweisaufnahme im 2. UA (Atomausstieg)
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