30.01.2025 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 210 / Zusatzpunkt 14

Helge LimburgDIE GRÜNEN - Rehabilitierung für Opfergruppen in der DDR

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was bedeutet Zwangsaussiedlung? Ich möchte dafür aus einem Zeitzeugenbericht zitieren:

„Am 3. Oktober 1961 wurde meine elterliche Familie, also meine Eltern, meine damals 78-jährige Großmutter und ich, von einem bewaffneten Kommando … gegen unseren erklärten Willen aus unserem Haus getrieben. … Wir wurden genötigt, in einen Kleinbus zu steigen, unter Bewachung durch einen bewaffneten Polizisten … in einen uns bis dato unbekannten Ort im Inland deportiert. Dort wurden wir in ein eigentlich nicht zumutbares Quartier eingewiesen.

Der Gesundheitszustand der alten Großmutter ließ in dieser Situation keine weiteren Aufregungen zu. Nur deshalb stiegen wir aus und bezogen an diesem Abend drei kleine Räume ohne funktionierende Wasser- und Abwasserversorgung.

Am nächsten Tag erhielten wir unsere Personalausweise wieder ausgehändigt … In den Ausweisen war die Berechtigung zum Betreten unseres Heimatortes … gelöscht.“

Meine Damen und Herren, es ist höchste Zeit, dass wir die Zwangsausgesiedelten entschädigen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der Linken sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

Dass es gerade bei dem Thema „Entschädigung für SED-Opfer“ zu einer übergreifenden guten Zusammenarbeit der Demokratinnen und Demokraten gekommen ist, war ein gutes Signal. Vielen Dank dafür an die Kolleginnen und Kollegen hier im Haus und ein besonderer Dank auch an die beteiligten Ministerien. Es ist bereits gesagt worden, aber ich möchte es wiederholen: Lieber Johann Saathoff, auch dein Einsatz ist ausdrücklich zu würdigen. An dieser Stelle vielen Dank dafür.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Es ist wichtig, dass die Zwangsausgesiedelten entschädigt werden. Es ist wichtig, dass wir die Anerkennung von Gesundheitsschäden vereinfachen und die Opferrente dynamisieren. Das Zweitantragsrecht ist wichtig, genauso wie der bundesweite Härtefallfonds. Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben es gesagt: Es bleibt als Aufgabe – das halten wir in einem Entschließungsantrag fest –, eine Regelung für Opfer von Zwangsdoping zu finden.

Auch ich möchte mich natürlich dem Dank an die SED-Opferbeauftragte des Bundestages, Frau Evelyn Zupke, und an ihr Team und natürlich dem Dank an alle Vertreterinnen und Vertreter der Opferverbände anschließen. Ihrer Arbeit ist es ganz maßgeblich zu verdanken, dass dieses Gesetzesvorhaben heute hier in dieser Einigkeit möglich geworden ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich selbst komme aus Niedersachsen. Meine Familie stammt aus dem Westharz. Dort war die deutsche Teilung immer präsent. Und als die Mauer fiel und die Grenze offen war, herrschte das Gefühl, dass der Harz endlich wieder vollständig war. Die Teilung war kein ostdeutsches Problem, sie war eine gesamtdeutsche klaffende Wunde.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD und des Abg. Philipp Hartewig [FDP])

Die SED-Diktatur und ihre Opfer, die natürlich ganz überwiegend Ostdeutsche waren, sind aber kein rein ostdeutsches Thema. Sie sind Teil der gesamtdeutschen Geschichte und, was die Nachwirkungen auf die Opfer bis heute angeht, auch Teil der gesamtdeutschen Gegenwart. Das menschenverachtende, zum Teil sogar mörderische Agieren der DDR-Staatssicherheit beschränkte sich auch nicht auf die frühere DDR. Die Stasi spitzelte, zersetzte und ja, sie mordete auch in der Bundesrepublik.

Mit den Folgen der SED-Diktatur müssen wir uns auch jetzt, 35 Jahre nach dem Mauerfall, in ganz Deutschland auseinandersetzen. Deshalb ist es selbstverständlich eine gesamtdeutsche Aufgabe, die Opfer – alle Opfer – dieser Diktatur angemessen zu entschädigen. Mit diesem Gesetz gehen wir einen weiteren wichtigen Schritt.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. – Nächster Redner ist der Kollege Philipp Hartewig, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7629044
Wahlperiode 20
Sitzung 210
Tagesordnungspunkt Rehabilitierung für Opfergruppen in der DDR
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