31.01.2025 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 211 / Zusatzpunkt 35

Lars CastellucciSPD - Zustrombegrenzungsgesetz

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Danke. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Ende dieser Debatte habe ich leider den Eindruck, dass die Kolleginnen und Kollegen von der Union und der FDP gar nicht verstanden haben, was am Mittwoch dieser Woche in diesem Haus passiert ist.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Herr Merz, Sie haben uns und der deutschen Öffentlichkeit Ihr Wort gegeben,

(Zuruf des Abg. Wolfgang Kubicki [FDP])

und Sie sind wortbrüchig geworden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Selbstverständlich kann man seine Meinung korrigieren. Aber man sollte den Grundkonsens nicht verlassen, auf dem unser Land vor über 80 Jahren wieder aufgebaut werden konnte und zu neuer Blüte hat geführt werden können: Mit den Radikalen am rechten Rand macht man keine gemeinsame Sache!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und genau das ist passiert. Es ist für mich unglaublich, dass Sie hier ankündigen, dass Sie das heute mit einem Gesetzentwurf so fortsetzen wollen.

(Zuruf des Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU])

Dabei haben Sie doch einen richtigen Satz gesagt, Herr Merz. Sie haben gesagt: Die Menschen erwarten von uns gemeinsame Lösungen. – Sehr richtig.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ja! Und ihr verweigert euch!)

Aber warum, Herr Merz,

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Weil ihr euch verweigert!)

haben Sie dann gleichzeitig gesagt: „Kompromisse sind nicht mehr möglich?“

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Wo habe ich das gesagt? – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wer hat das denn gesagt? – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Quatsch! – Gegenruf der Abg. Saskia Esken [SPD]: Die Zeit der Arbeitskreise ist vorbei! Hat er gesagt, Herr Merz!)

Am Mittwoch haben Sie gezeigt, dass Sie sich die nötigen Stimmen im Zweifel rechts außen holen. Ich kann Ihnen eines versichern: Erpressen lassen wir uns nicht!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die SPD ist immer gesprächsbereit.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Sind Sie nicht! – Christian Dürr [FDP]: Sie werden gleich gegen die Beschlusslage der SPD stimmen! Das ist doch verrückt!)

Aber in diesen Gesprächen muss alles auf den Tisch, was die Beteiligten für eine gute Lösung in der Situation für nötig erachten.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das werden wir dokumentieren! Wir nehmen euer Programm und legen das daneben! Das können wir dokumentieren! – Christian Dürr [FDP]: Ihr werdet gegen Stephan Weil stimmen! – Abg. Andrea Lindholz [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Das haben wir heute angeboten: Rücküberweisung, Gemeinsames Europäisches Asylsystem, Bundespolizeigesetz, Sicherheitsgesetze – alles auf dem Tisch.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Ministerpräsidentenkonferenz!)

Sie haben das abgelehnt, Herr Merz.

Möchten Sie eine Zwischenfrage von Frau Lindholz zulassen?

(Zurufe von der SPD: Nein!)

Ja, okay.

Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Castellucci, vielen Dank, dass Sie diese Zwischenfrage zulassen. Und vielen Dank, dass Sie hier links neben uns die Toleranz aufbringen, noch zuzuhören, und hier nicht mit Zwischenrufen und Zwischenthesen kommen.

(Zuruf von der AfD)

Herr Dr. Castellucci, Sie sind Vorsitzender des Innenausschusses.

(Katja Mast [SPD]: Zum Glück! – Beatrix von Storch [AfD]: Stellvertretender! – Gegenruf der Abg. Katja Mast [SPD]: Kommissarischer!)

– Stellvertretender Vorsitzender des Innenausschusses. – Der aktuelle Gesetzentwurf, der hier jetzt heute zur Abstimmung steht, ist zunächst hier und danach im Innenausschuss beraten worden. Er hat den Innenausschuss im Herbst letzten Jahres – ich glaube, im November letzten Jahres – verlassen. Er steht also hier heute zur Abstimmung; er ist abstimmungsreif. Er wurde im Innenausschuss beraten. Sämtliche Einwendungen, die man gegen diese drei einfachen Punkte hätte vorbringen können, konnte man im Innenausschuss vorbringen.

(Zuruf von der SPD: Ist ja auch abgelehnt worden! – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Punkt eins. Die Begrenzung stand bis zum Jahr 2023, bis Sie das herausgenommen haben, im Gesetz.

Punkt zwei. Die vorübergehende Aussetzung des Familiennachzuges hat die SPD zusammen mit uns, der Union, im Jahr 2016, als es hier schon mal eine große Migrationskrise gab, beschlossen und umgesetzt. Die jetzige Textformulierung entspricht der Textformulierung von damals.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ist es!)

Und den dritten Punkt, die Befugniserweiterung für die Bundespolizei, hat diese SPD mit uns in der letzten Legislaturperiode beschlossen. Der Text ist wortgleich. Er ist im Bundesrat gestoppt worden.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: So ist es!)

Ich habe heute nur eine einzige Frage: Warum können Sie diesem Gesetzentwurf, der entweder schon Gesetz war oder mit Ihrer Stimme mitbeschlossen worden ist, heute in zweiter und dritter Lesung nach der Beratung im Innenausschuss nicht zustimmen?

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Genau das ist die Frage!)

Geschätzte Frau Kollegin Lindholz, ich kann Ihnen zwei Antworten darauf geben. Einmal ist das der Dammbruch, der am Mittwoch passiert ist.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das ist doch Quatsch! Das hätten Sie doch vorher klären können! Das stimmt doch nicht! Lüge! – Wolfgang Kubicki [FDP]: Den können Sie doch jetzt verhindern! – Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)

Das andere Problem mit der Abstimmung am Mittwoch war der Inhalt.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Welcher Inhalt?)

Sie gaukeln den Menschen nämlich vor, es gebe einfache Lösungen.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Wir reden doch über ein Gesetz! – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Sie wollen nicht in der Sache reden! Ganz schwache Nummer! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Das heißt, Sie wollen nicht nur mit den Populisten gemeinsame Sache machen, sondern Sie äffen die Populisten auch noch nach. Und für das Vorgehen werden Sie nicht die Zustimmung der SPD-Fraktion haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU)

Das, was Sie heute vorgelegt haben, ist inhaltlich völlig unzureichend

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Unzureichend? – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Hoffentlich sehen Ihre Wähler das! – Christian Dürr [FDP]: Sie merken, wie Sie schwimmen, Herr Kollege, oder?)

und auch nicht der Sache angemessen, auch nicht angesichts der schrecklichen Taten, die unser Land in den letzten Wochen beschäftigt haben.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das ist ja ganz schwach! Ganz schwach! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU – Zurufe von der FDP)

– Ich weiß nicht, ob Sie sich vielleicht wieder beruhigen wollen,

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Nee! Das ist doch keine Begründung! – Zuruf des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU])

wenn wir jetzt schon mal die Gelegenheit haben, über die Sachfrage zu reden.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Dann reden Sie doch mal!)

Frau Kollegin Lindholz hat mich gefragt, warum die SPD-Fraktion nicht zustimmen will,

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Sie wollen keine Lösung!)

das Wort „Begrenzung“ wieder hineinzunehmen als Zweckbestimmung des Aufenthaltsgesetzes. Darauf gibt es eine sehr einfache Antwort: Sie haben recht: Bis zum Jahr 2023 stand das Wort „Begrenzung“ im Aufenthaltsgesetz.

(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Das heißt „Steuerung und Begrenzung“!)

Davor haben wir Jahre mit dem größten Zuzug unter der Verantwortung Ihrer Bundeskanzlerin

(Beifall der Abg. Dr. Daniela De Ridder [SPD])

und Ihrer Innenminister erlebt.

(Widerspruch bei der CDU/CSU – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Falsch! Quatsch!)

Wir haben es im Jahr 2023 geändert, und im Jahr 2024 sind die Zahlen so gesunken, wie es die Ministerin gerade vorgestellt hat.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Merken Sie eigentlich irgendwas? Sie streuen den Leuten Sand in die Augen. Das sind doch keine Lösungen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Außerdem: Von der über 1 Million Menschen, die in unser Land gekommen sind, sind leider nur 70 000 eingewandert, die dabei helfen, den eklatanten Arbeitskräftemangel zu beheben, den wiederum Sie zu verantworten haben.

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Was? Bei euch darf wohl jeder reden! Das ist ja der Hammer!)

Es geht also nicht nur um Begrenzung der Migration, sondern es geht um gezielte, um kluge Migration, die unserem Land nützt; und dafür müssen wir uns gemeinsam einsetzen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wie schwach ist das denn?)

Jetzt haben Sie noch 15 Sekunden Redezeit.

Letztlich haben wir uns entschieden, heute nicht zuzustimmen, weil Sie nicht ausgeschlossen haben, das Sie versuchen, das mit den Rechtsradikalen hier durchzustemmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Kubicki [FDP]: Was ist denn das für eine Argumentation? – Zurufe von der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Tage und Stunden gehen vielen von uns an die Substanz. Ich weiß nicht, ob wir nicht Zeugen einer Entwicklung sind, die man uns einmal vorhalten wird,

(Beatrix von Storch [AfD]: In der Tat!)

verbunden mit der Frage, ob wir das nicht hätten aufhalten können. Ich appelliere an alle Demokratinnen und Demokraten: Bewahren wir Maß und Mitte!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie kommen zum Ende, bitte.

Finden wir zusammen! Überlassen wir das Land nicht den Radikalen!

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Das war so schwach! Hoffentlich haben das viele Leute gesehen!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7629217
Wahlperiode 20
Sitzung 211
Tagesordnungspunkt Zustrombegrenzungsgesetz
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