Peter BeyerCDU/CSU - Bericht d. Enquete-Kommission Lehren aus Afghanistan
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Auftrag des Bundestages vor knapp drei Jahren lautete, 20 Jahre deutsches Engagement in Afghanistan aufzubereiten und aufzuarbeiten. Aber da stoppte der Auftrag nicht, sondern der Schwerpunkt unserer Arbeit als Enquete-Kommission lag auch auf den Lehren, die wir daraus ziehen wollten und sollten, was wir auch gemacht haben. Und darüber hinaus war unser Auftrag: Welche konkrete Handlungsempfehlungen haben wir?
Diesen Auftrag haben wir in den vergangenen knapp drei Jahren umgesetzt. Vielfach haben wir uns den besonderen Bedürfnissen, Erfahrungen, Erkenntnissen, Lehren aller Einsatzkräfte in den Dialogen, in den Anhörungen gewidmet. Wir haben auch – das möchte ich noch sagen, weil es mich persönlich sehr berührt hat – beim Wald der Erinnerung auf dem Gelände des Einsatzführungskommandos Stopp gemacht, diesen Ort besucht und den Verwundeten und Gefallenen dort Respekt gezollt. Allen Einsatzkräften, die in den fast zwei Jahrzehnten Engagement in Afghanistan tätig gewesen sind, gebührt unser Respekt und unser Dank, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und des Abg. Jan Ralf Nolte [AfD])
Auch bedanken möchte ich mich im Namen der Unionsbundestagsfraktion bei den Kolleginnen und Kollegen aller anderen Fraktionen, die hier über diese knapp drei Jahre hinweg tatkräftig und fast zu 100 Prozent im Konsens gearbeitet haben. Ich möchte insbesondere die sachverständigen Mitglieder der Kommission heraus- und hervorheben. Sie haben einen unschätzbaren Beitrag geleistet, gerade zur wissenschaftlichen Arbeit. Ich darf frank und frei sagen: Wir hätten die Arbeit sonst nicht geschafft. Herzlichen Dank auch an die sachverständigen Mitglieder der Kommission.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und des Abg. Jan Ralf Nolte [AfD])
Der Kollege Müller hat es gesagt: Wir haben 72 sehr konkrete Handlungsempfehlungen zusammengestellt, die für den nächsten Bundestag, für die nächsten Bundesregierungen aufgeschrieben worden sind. Sie bilden eine solide Grundlage für eine deutlich in die Zukunft, nach vorne gerichtete Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands; denn diese müssen wir in die Zukunft gerichtet strategisch neu ausrichten und unser internationales Krisenmanagement deutlich effektiver gestalten. Darin liegt auch die historische Chance für eine echte Zeitenwende in der Außen- und Sicherheitspolitik, meine Damen und Herren.
Es ist fast schon eine logische Ableitung aus der Arbeit und den Erkenntnissen der Enquete-Kommission, dass es der Einsetzung eines nationalen Sicherheitsrats bedarf; denn kurz zusammengefasst war die Haupterkenntnis der Arbeit der Kommission, dass es in den zwei Jahrzehnten des Einsatzes massive Koordinierungsdefizite gegeben hat. Ein nationaler Sicherheitsrat ist darauf die richtige Antwort.
Wir als Unionsbundestagsfraktion haben einen eigenen Akzent in einem Sondervotum zum Abschlussbericht gesetzt, der ausdrücklich auch von unseren drei sachverständigen Mitgliedern Masala, Zeino und Vollmer getragen wird.
Was wir vorschlagen, ist das deutsche Modell eines nationalen Sicherheitsrats als zentrale Koordinierungsstelle für sicherheitsrelevante Informationen sowie als Ort für strategische Entscheidungsfindung. Das steigert die Effizienz und die Kohärenz der gesamten deutschen Sicherheitspolitik ganz erheblich. Es reicht gerade nicht aus – und das ist meine feste Überzeugung –, das, was in der Vergangenheit schon nicht ausgereicht hat, etwas aufzuhübschen, etwas aufzumöbeln, Stichwort „Staatssekretärsrunde“. Da müssen wir mehr liefern, meine Damen und Herren.
Das deckt sich im Übrigen auch mit den weit überwiegenden, wenn nicht allen Empfehlungen in den öffentlichen Expertenanhörungen, die auch zu diesen Schlüssen gekommen sind; denn in einem nationalen Sicherheitsrat lassen sich Krisenlagen bündeln und ein einheitliches Lagebild erstellen.
Die Bundesregierung – und das war ja in den zwei Jahrzehnten des Einsatzes häufig nicht so gewesen – hätte dann die Möglichkeit, über alle Ministerien hinweg mit einer einheitlichen Stimme zu reden. Das ist die Verantwortung Deutschlands – nicht nur für die eigenen Interessen, sondern auch für die Handlungsfähigkeit Europas.
Eine Erkenntnis, die wir nicht nur aus der Arbeit der Kommission gewonnen haben, sondern die einfach ein historisches Faktum ist: Die Welt, in der wir heute leben – und wir haben das auch in der Debatte heute wieder gesehen –, ist eine andere Welt als die von vor zwei Jahrzehnten, als der Kampf gegen den Terror und der Einsatz in Afghanistan begonnen hat. Die Herausforderungen heute sind völlig anders, und dafür müssen wir gewappnet sein.
Deswegen müssen wir jetzt die notwendigen politischen und auch administrativen Infrastrukturen schaffen, um eben die Erkenntnisse und auch die 72 Empfehlungen, die wir in dem Schlussbericht konkret gefasst haben, tatsächlich auch umsetzen zu können, damit wir unseren Beitrag dazu leisten, dass Europa einiger und stärker wird und besser mit den Herausforderungen umgehen kann.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dazu bedarf es, meine Damen und Herren, nicht nur eines Gremiums wie eines Sicherheitsrats, sondern es braucht auch eine echte nationale Sicherheitsstrategie, die eben nicht nur Ziele beschreibt, sondern auch die notwendigen Handlungen ableitet.
(Beifall des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU])
Deswegen wäre es mein Wunsch, dass die Empfehlungen der Enquete-Kommission nicht nur als bloßer Appell verstanden werden und verhallen, sondern dass die 72 sehr konkreten Handlungsempfehlungen auch umgesetzt werden.
Ich freue mich, meine Damen und Herren, dass wir nach der Bundestagswahl einen Politikwechsel in diesem Lande einleiten, damit die Früchte der Arbeit der Enquete-Kommission auch tatsächlich in die Tat umgesetzt werden können.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Schahina Gambir das Wort.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 211 |
Tagesordnungspunkt | Bericht d. Enquete-Kommission Lehren aus Afghanistan |