Daniela De RidderSPD - Aktuelle Stunde: Magdeburg und Aschaffenburg - Hintergründe und Konsequenzen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe demokratischen Kolleginnen und Kollegen!
(Stephan Brandner [AfD]: Deutsche demokratische Altfraktions-Kolleginnen und -Kollegen!)
Sehr geehrte Damen und Herren! Als Vizepräsidentin der Parlamentarierversammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, der OSZE PV, leite ich dort die Migrationskommission. Und ich weiß: Ob in Talkshows, auf Parteitagen oder in den sozialen Medien – das Thema Migration beherrscht nach wie vor die öffentlichen Debatten.
Seit 2015 ist eine große Zahl an Geflüchteten nach Deutschland gekommen, und seitdem diskutieren die Deutschen leidenschaftlich darüber, wie sich die Gesellschaft zu Migration und Integration verhalten soll. Ja, nach den Anschlägen und Morden in Solingen, Mannheim, Magdeburg und Aschaffenburg umso mehr, weil uns alle berührt und anficht, wenn Menschen auf so brutale Weise aus dem Leben und damit aus unserer Mitte gerissen werden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Allen Familien und Freundinnen und Freunden der Opfer spreche ich im Namen meiner Fraktion, der SPD, mein Beileid aus. Allen Verletzten wünsche ich eine rasche Genesung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Der Tabubruch der CDU/CSU-Fraktion und das Anzünden der Brandmauer in dieser Woche trägt allerdings zu einer weiteren Polarisierung der Gesellschaft bei.
(Stephan Brandner [AfD]: Brandmauern brennen überhaupt nicht, Frau De Ridder! Dafür sind Brandmauern ja da: dass sie nicht brennen! Brandmauern kann man überhaupt nicht anzünden!)
– Hören Sie mal zu. Sie können noch was lernen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich frage mich, was sich die Kolleginnen und Kollegen der Union, der FDP und des BSW dabei gedacht haben, sich bei Ihrem Entschließungsantrag und auch heute hier in diesem Hohen Hause durch die AfD tolerieren zu lassen.
(Beifall des Abg. Dr. Christian Wirth [AfD])
Die Antwort schulden Sie, meine Damen und Herren, nicht nur uns, sondern vor allem den Wählerinnen und Wählern, wenn Sie die Demokratie so waghalsig mit Füßen treten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Bürgerinnen und Bürger, es ist Ihre Entscheidung an den Wahlurnen, ob Sie dieses Verhalten honorieren oder uns bei der Rettung der Demokratie unterstützen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU)
Umso mehr gilt mein Appell für diese historische Woche, in der wir – und das ärgert mich besonders – der Befreiung von Auschwitz vor 80 Jahren gedenken
(Stephan Brandner [AfD]: Die historische Woche endet mit einer hysterischen Rede!)
und uns mahnend, Herr Brandner, erinnern sollten – voll Trauer und Besorgnis –
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stephan Brandner [AfD]: Das sieht man Ihnen an, diese Trauer!)
an die Opfer von Holocaust und Shoah.
(Stephan Brandner [AfD]: Was brüllen Sie denn so rum?)
– Weil ich Sie übertönen will, Ihr Getöse.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stephan Brandner [AfD]: Das ist ja fürchterlich!)
Heute will ich auch als Mutter von zwei Söhnen zu Ihnen sprechen, als bekennende Protestantin und als Mitglied der KAB, der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung. Ich bin stolz, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf den Appell und den Aufruf der christlichen Kirchen, die der Union zugerufen haben: Kehren Sie um! Seien Sie barmherzig! Lassen Sie ab von diesem Fünf-Punkte-Plan und Ihrem Entschließungsantrag; denn das ist der falsche Weg!
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ja, wir trauern immer dann besonders, wenn es um Kinder geht.
(Beatrix von Storch [AfD]: Ja, und nur zu Wahlen!)
Ich trauere aber mit allen Opfern von Anschlägen, Terrorakten, Krieg und Krisen. Mit Rehanna, der Mutter des zweijährigen Alan Kurdi, kann ich nicht mehr weinen; denn sie lebt nicht mehr. Können Sie sich noch an diesen zweijährigen syrischen Jungen erinnern? Seine Leiche wurde an den Strand nahe Bodrum, dort, wo viele deutsche Touristinnen und Touristen Urlaub machen, gespült.
(Nicole Höchst [AfD]: Widerlich! – Stephan Brandner [AfD]: Der Bezug zu Aschaffenburg ist welcher?)
Seine Mutter ertrank in den Fluten des Mittelmeers, weil sie wie viele Menschen geflüchtet ist,
(Stephan Brandner [AfD]: Reden Sie mal zur Sache!)
um in Europa eine bessere Heimat zu finden. Auch Menschen wie diesen,
(Stephan Brandner [AfD]: Reden Sie zur Sache!)
auch der Familie von Alan schulden wir eine kluge und humane Migrations- und Flüchtlingspolitik.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Beatrix von Storch [AfD]: Menschenverachtend! – Moritz Oppelt [CDU/CSU]: Dann müsst ihr dafür auch was tun! – Stephan Brandner [AfD]: Einfach nur widerlich, die Opfer gegeneinander auszuspielen! Ekelhaft!)
Im März des vergangenen Jahres war ich auf dem Kinderfriedhof in Lampedusa. Lampedusa, diese kleine italienische Insel,
(Nicole Höchst [AfD]: Aschaffenburg und Magdeburg sind in Deutschland!)
ist Sinnbild sowohl von Hoffnung als auch von tiefer Tragödie. Und ja, wir sollten in Anbetracht dieser Kindergräber der Flüchtlings- und Migrationspolitik ein menschliches Antlitz geben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das ist meine dringende Bitte.
(Dr. Gottfried Curio [AfD]: Was ist mit unseren Kindern? – Moritz Oppelt [CDU/CSU]: Was wollen Sie denn dagegen tun? – Stephan Brandner [AfD]: Was hat denn Lampedusa mit Aschaffenburg zu tun?)
Ich will Ihnen sagen: Die christlichen Kirchen, auf die ich mich berufe,
(Josef Oster [CDU/CSU]: Hatten wir schon! Nächste Seite!)
machen deutlich: Kehren Sie ab von einem falschen Weg!
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Themaverfehlung! – Moritz Oppelt [CDU/CSU]: Sie haben doch gerade die Probleme angesprochen! Was wollen Sie tun?)
Ihr Fraktionsvorsitzender Merz sagte, er wolle weder rechts noch links schauen, er wolle sich nur geradeaus orientieren. Mich erinnert das an einen Film mit Robert De Niro; da ging es um einen Boxer.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Sie haben wirklich gar nichts verstanden!)
Der Film hieß „Wie ein wilder Stier“. Ich finde, ein wilder Stier sollte nicht Kanzler in diesem Hause werden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Sie haben wirklich gar nichts verstanden! Schämen Sie sich für diese Rede!)
Lieber weniger Hass, weniger Hetze, mehr Herz!
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Ja, das sollten Sie sich mal auf die Fahne schreiben! – Stephan Brandner [AfD]: Fangen Sie mal damit an! – Zuruf der Abg. Mechthilde Wittmann [CDU/CSU])
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stephan Brandner [AfD]: Eine fürchterliche Rede! Mein Gott!)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Tino Sorge das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 211 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Magdeburg und Aschaffenburg - Hintergründe und Konsequenzen |