31.01.2025 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 211 / Zusatzpunkt 50

Manuel HöferlinFDP - Aktuelle Stunde: Magdeburg und Aschaffenburg - Hintergründe und Konsequenzen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die schrecklichen Anschläge in Magdeburg und Aschaffenburg haben alle erschüttert. Es sind Angriffe, die uns sprachlos zurücklassen. Es sind aber nicht nur Angriffe auf die Menschen, die dort unmittelbar betroffen sind, sondern es sind immer auch Angriffe auf unser aller Sicherheit, auf das friedliche Zusammenleben,

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: So ist es!)

weil sich die Menschen – das ist mehrfach gesagt worden – natürlich darüber Gedanken machen: Trifft es das nächste Mal vielleicht mich? Bin ich in einem sicheren Land?

Und doch muss man feststellen, dass solche Taten immer einem gewissen Szenario folgen. Franz Josef Strauß hat das einst treffend beschrieben: Nach dem schrecklichen Verbrechen folgen Bestürzung und Empörung, der Ruf nach harten Maßnahmen, die Warnung vor Überreaktionen, oft dann gar nichts und danach wieder der Übergang zur Tagesordnung.

(Mike Moncsek [AfD]: Und Selfies der Grünen!)

Das darf nicht weiter passieren. Die Menschen haben den Eindruck, dass wir hier immer wieder Dinge feststellen, analysieren, Maßnahmen welcher Art auch immer per Gesetz beschließen, sich aber am Ende im Ergebnis nichts ändert.

Ich habe gestern hier an dieser Stelle schon mal gesagt, wie ich das empfinde und was für ein Eindruck hinterlassen wird, wofür wir hier im politischen Raum primär stehen, wenn ich im Innenausschuss wieder von Behördenchefs, von politisch Verantwortlichen höre, dass sie sich in ihrem Bereich erst mal nichts vorzuwerfen haben.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau!)

Meine Damen und Herren, wenn wir im Innenausschuss zum Beispiel zu Aschaffenburg hören, dass in Bayern nichts schiefgegangen ist, dass auf der anderen Seite im BAMF nichts schiefgegangen ist,

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Das hat er doch gar nicht gesagt!)

dann ist klar: Die Menschen können uns das doch nicht glauben. Die stellen sich zu Recht die Frage: Was ist denn da schiefgegangen? Und wie können wir das in Zukunft besser machen?

Der Täter von Magdeburg war bei zig Behörden bekannt. Der Täter von Aschaffenburg hätte gar nicht mehr hier sein dürfen.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Ja, eben!)

Wir stellen das schon lange fest – übrigens auch beim Anschlag vom Breitscheidplatz, den Sie vorhin genannt haben, Frau Kollegin, bei dem wir gesagt haben: was ist denn das Problem? –, und wir sprechen immer darüber: Es liegen oft Erkenntnisse vor. Es gibt keinen Mangel an Gesetzen. Es gibt keinen Mangel an Kenntnissen über Personen. Es gibt auch keinen Mangel an Befugnissen, sondern es gibt in den allermeisten Fällen einen Mangel an Kommunikation, an Zusammenarbeit und an Verantwortungsübernahme.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Beatrix von Storch [AfD]: Völlige Überlastung der Systeme! Es sind zu viele!)

Ich war am Mittwoch erschrocken, als berichtet wurde, dass eine Stelle einer anderen Behörde eine Meldung weiterleitet,

(Beatrix von Storch [AfD]: Es sind zu viele Meldungen!)

und ich den Eindruck hatte: Mit dieser Meldung ist der Fall für diese Behörde abgeschlossen.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Das ist doch gar nicht richtig!)

Es wird nicht nachgefragt. Es gibt auch keine Rückmeldeschleife. – Das macht die Menschen fassungslos.

(Beatrix von Storch [AfD]: Es sind zu viele, Herr Höferlin! Sagen Sie doch mal was dazu! – Stephan Brandner [AfD]: Vielleicht lähmt auch Strack-Zimmermann den Polizeiapparat so ein bisschen!)

Deswegen sagen wir als Freie Demokraten immer wieder – und wir hören damit auch nicht auf –: In diesem Land, in dem die Sicherheit zwischen Bund, Ländern und auch immer mehr den Ordnungsämtern in den Kommunen verteilt ist, brauchen wir eine Reform der inneren Sicherheit, eine Föderalismusreform, die sich diesen Aufgaben zuwendet, die klare Zuständigkeiten und vor allen Dingen klare Kommunikationswege und Verantwortlichkeiten definiert, damit wir in Zukunft unsere Lehren daraus ziehen können, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Beatrix von Storch [AfD]: Warum haben Sie eigentlich nicht abgestimmt heute? Wo waren Sie eigentlich bei der Abstimmung?)

Wir haben an dieser Stelle oft darüber gesprochen, dass sich Dinge ändern müssen. Das eine ist die Sicherheit und die Organisation der Sicherheit.

(Stephan Brandner [AfD]: Da hätten Sie heute zustimmen können! Wo waren Sie denn?)

Das andere ist die Frage, wie wir in Zukunft dafür sorgen, dass Menschen, die hier Schutz suchen, auch Schutz bekommen und in Sicherheit leben können, nämlich indem die Menschen, die hier für Unsicherheit sorgen und sich nicht an unser Gesetz halten, auch wieder gehen müssen. Das ist der zweite Teil, der genauso wichtig ist. Diese beiden Aufgaben sind drängend, und die Menschen erwarten von uns, dass wir sie lösen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich halte jetzt hier – Frau Präsidentin, es tut mir leid, dass auch ich damit anfangen muss – meine wahrscheinlich wirklich letzte Rede. Das ist jetzt die fünfte letzte Rede, die ich halte, weil ich nicht wusste, dass es an verschiedenen Stellen noch so viel zu sagen gibt.

(Mike Moncsek [AfD]: Gehen Sie zu Ihrer letzten Abstimmung! Das wäre besser gewesen!)

Ich habe 2009 hier das erste Mal im Bundestag ein Mandat angetreten. Vor 5 455 Tagen habe ich meine erste Rede zur Gründung des IT-Planungsrats gehalten; man vergisst seine erste Rede nie. Es war mir eine Ehre, hier zu sein. Es war mir eine Freude, mit vielen von Ihnen, liebe Kollegen, zusammenzuarbeiten.

Lassen Sie mich eine Sache sagen: Bei aller Diskussion um die innere Sicherheit, vergessen wir nie, dass neben der Sicherheit die Freiheit genauso wichtig ist. Dieser Ausgleich war mir immer das Wichtigste.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Freiheit stirbt immer scheibchenweise, meine Damen und Herren. Der Bürger darf nie in die Position kommen, den Staat fragen zu müssen, was er machen darf. Der Staat muss vielmehr den Bürger immer fragen, wo er seine Freiheit einschränken darf. Das ist das Grundprinzip, auf dessen Basis ich hier zusammen mit Ihnen gerne Innenpolitik im sachlichen Diskurs und Streit gemacht habe. Und ich wünsche mir, dass es in Zukunft auch so weitergeht.

Herzlichen Dank. Es war mir eine Ehre, hier für Deutschland zu dienen.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank, Kollege Höferlin. – Auch Ihnen kann ich aus eigener Erfahrung in unterschiedlichen Gremien nur viel Erfolg im nächsten Lebensabschnitt wünschen und dass Sie diese Erfahrungen auch dort einbringen können.

(Beifall – Manuel Höferlin [FDP]: Ich danke Ihnen!)

Das Wort hat Dr. Ralf Stegner für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7629298
Wahlperiode 20
Sitzung 211
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Magdeburg und Aschaffenburg - Hintergründe und Konsequenzen
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