Ingrid NestleDIE GRÜNEN - Energiewirtschaftsrecht
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht hier heute um fünf Gesetze aus dem Energiebereich: zur Kraft-Wärme-Kopplung, zur Bioenergie, zur Windenergie – ja, aber richtig –, zur Versorgungssicherheit und zur Planungssicherheit für Unternehmen im Treibhausgasemissionshandel. Vielleicht ist es in diesen für die Demokratie so schwierigen Wochen noch mal ein besonders wichtiges Zeichen, dass diese Einigung mit SPD und CDU/CSU gelungen ist, obwohl jeder von uns gerne noch ein anderes Gesetz mehr gehabt hätte und irgendeine Formulierung anders. Aber die Experten haben uns durch die Bank weg signalisiert, wie wichtig diese Einigung noch vor der Wahl ist. Deswegen freue ich mich sehr und danke, dass es geklappt hat.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Andreas Jung [CDU/CSU])
Für mich ist dies aber auch die letzte Rede in diesem Haus. Deshalb bin ich den Kollegen Andreas Jung von der CDU und Nina Scheer von der SPD dankbar, dass sie es übernommen haben, die Details der fünf Gesetze und unserer Änderungsanträge etwas genauer darzustellen, sodass ich in meiner Redezeit noch ein paar allgemeinere Gedanken äußern kann.
(Zuruf von der AfD: Nee, bitte nicht!)
Lange bevor ich im Bundestag ankam, bevor ich überhaupt ahnte, dass ich jemals kandidieren würde, habe ich am Berliner Hauptbahnhof mal ein Schild gesehen, auf dem stand: Ein paar Hundert Meter weiter regiert das deutsche Volk. – Ich fand das so schön – es war ein Gänsehautmoment –, dass ich das bis heute nicht vergessen habe. Und genau so habe ich mein Mandat immer verstanden.
Auch deshalb spüre ich den schweren Tabubruch dieser Woche schmerzlich. Ein AfD-Kollege hat einmal, als er nicht wusste, dass das Mikro noch an war, sehr pointiert gesagt: Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD.
(Zuruf von der SPD: Pfui! – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Deswegen müssen wir das jetzt ändern! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Deswegen müsst ihr zustimmen!)
„Nehmt die Feinde der Demokratie ernst!“, so zitierte der Bundespräsident vorgestern in diesem Haus.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Genau das tun die Tausenden und Abertausenden friedlichen Demonstranten in unserem Land. Die Beteiligung innerhalb kürzester Zeit ist zutiefst beeindruckend. Und sie ist so wirksam, weil sie friedlich ist und solange sie friedlich ist.
Es ist völlig offensichtlich, dass es das Ziel Moskaus ist, stabile Mehrheiten zu verhindern, Deutschland zu schwächen und jede demokratische Koalition so schwierig wie möglich zu machen. Neben vielem Richtigen, was gestern hier zu diesem Thema gesagt worden ist, möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf eine weitere unscheinbare Methode lenken, unsere Gesellschaft zu spalten. Zwei Beispiele aus meinem Alltag: Wenn ich mit Menschen – –
Frau Nestle, darf ich Sie daran erinnern, dass Sie zur Sache sprechen müssen, auch wenn es Ihre letzte Rede ist?
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)
Auch wenn es meine letzte Rede ist?
Auch wenn es Ihre letzte Rede ist, müssen Sie zur Sache sprechen.
Okay. Es ist schade, dass ich meine Beispiele jetzt nicht anbringen kann.
Dann möchte ich, nachdem ich Ihnen die Gesetzentwürfe schon genannt habe und nicht in alle in aller Tiefe einsteigen kann, einen Punkt aufnehmen, der im Ausschuss aufkam. Im Ausschuss kam plötzlich die Frage auf: Habt ihr denn die Punkte, die vorher drin waren, ausreichend adressiert? Was ist denn mit den negativen Preisen? – Deshalb möchte ich diesen Punkt hier gerne noch einmal klar und deutlich aufklären. Ja, selbstverständlich sind die Punkte drin, die dafür sorgen, dass bei Erneuerbare-Energien-Anlagen negative Preise nicht mehr vergütet werden. Enthalten sind Regelungen sowohl für Neuanlagen als auch für Altanlagen, die den Übertragungsnetzbetreibern die Möglichkeit geben, eben nicht mehr zu stark negativen Preisen zu verkaufen.
Wir werden mit diesem Gesetz auch die Möglichkeit schaffen, den sehr schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien, der uns unabhängig macht von Putin, der unser Land schwächen will, in die nächste Phase zu bringen;
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
denn die erneuerbaren Energien sind gut und stark. Sie liefern inzwischen über die Hälfte des Stroms. Sie sind längst nicht mehr in der Nische; sie können Verantwortung übernehmen. Mit diesem Gesetz sorgen wir dafür, dass sie es auch tun.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich freue mich auch sehr, dass wir Anschlusslösungen für die Kraft-Wärme-Kopplung und für die Bioenergie gefunden haben, dass der Ausbau von Wind, der eine tragende Säule ist und inzwischen ein Viertel zur Stromversorgung in Deutschland beiträgt – zu einem Viertel! –, gut und wohlgesteuert weitergehen kann.
Ich glaube, diese Einigung so kurz vor der Wahl hat gezeigt, was wir hinbekommen können, wenn wir demokratischen Fraktionen zusammenarbeiten. Wir sind längst nicht mehr in der alten Welt. Wir sind nicht mehr in der alten Welt, wo einfach Atomkraftwerke herumstanden.
(Torsten Herbst [FDP]: Wir brauchen ja Strom!)
Wir sind nicht mehr in der alten Welt, wo das Gas von Putin einfach vorbeikam. Nein, wir stehen vor völlig neuen Herausforderungen. Die müssen wir angehen, und wir können sie nur gemeinsam angehen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich habe hier im Deutschen Bundestag in allen demokratischen Fraktionen Abgeordnete gefunden, die ehrlich, verlässlich und konstruktiv im Interesse des Landes arbeiten. Es war mir eine unermessliche Ehre, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Danke!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Ich werde Sie nie vergessen und Ihre Leistung für unser Land auch nicht. Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Angst, sondern der Stärke, der Liebe und der Besonnenheit. In diesem Geiste herzlichen Dank an die vielen hier im Saal, die für unser Land, für unsere Demokratie, für menschliche und erfolgreiche Politik einstehen.
Danke.
(Beifall bei m BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der Linken – Die Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN erheben sich)
Frau Dr. Nestle, auch ich bedanke mich für Ihre Arbeit in diesem Hause und wünsche Ihnen für die Zukunft alles, alles Gute.
Der nächste Redner ist für die CDU/CSU-Fraktion Andreas Jung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7629306 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 211 |
Tagesordnungspunkt | Energiewirtschaftsrecht |