Christian DürrFDP - Vereinbarte Debatte zur Situation in Deutschland
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Die Redezeit gibt mir die Gelegenheit, auf das eine oder andere einzugehen. Ich möchte, verehrte Kolleginnen und Kollegen, auf den Parteivorsitzenden der SPD eingehen. Er hat hier gesagt, der politische Kompromiss ist etwas sehr Wertvolles. Herr Klingbeil, ich teile das ausdrücklich: Der politische Kompromiss der Demokraten ist etwas sehr Wertvolles. Deswegen haben wir am vorvergangenen Freitag unter Demokraten zusammengesessen. Es gab einen Gesetzentwurf der CDU/CSU,
(Zuruf des Abg. Dr. Bernd Baumann [AfD])
und es war die Initiative meiner Fraktion und von mir, dass die Demokraten sich an einen Tisch setzen, um zu genau diesem Kompromiss zu kommen.
(Beifall bei der FDP)
Ich erkenne an, dass die Union bereit war, Änderungen an ihrem eigenen Gesetzentwurf vorzunehmen. Mein Vorschlag war, einen Gesetzentwurf von Ihnen gemeinsam mit dem Gesetzentwurf der Union zu beschließen. Es ging um Punkte, die in Wahrheit inhaltlich von der breiten Mitte des Hauses geteilt werden, insbesondere auch von den deutschen Ministerpräsidenten.
Herr Klingbeil, was nicht geht, ist, im Fernsehen zweimal – nach dem TV-Duell bei Frau Miosga und davor in einer anderen deutschen Fernsehsendung – von „Kompromiss“ zu reden, zu sagen, dass man noch vor der Bundestagswahl – das war Ihre öffentliche Zusage – zu einem Beschluss im Deutschen Bundestag kommen kann, obwohl der Herr, der neben Ihnen sitzt, Herr Mützenich, in genau diesen Gesprächen jeden Kompromiss verhindert hat.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)
Die Frage ist: Wollten Sie die Probleme lösen, oder wollten Sie die Probleme nur großmachen vor der Bundestagswahl? Das ist die Frage.
Es war ja meine Initiative, diese Gespräche zu führen. Deswegen will ich auf das eingehen, was die Kollegin Dröge hier gerade gesagt hat in Bezug auf die Migrationspolitik, auch in Bezug auf die Frage, wie die deutsche Politik und die Verantwortlichen umgehen mit Menschen, die es schwieriger im Leben haben, mit den sozial Schwachen, mit Menschen mit kleinem Einkommen. Frau Dröge, Sie haben hier eine flammende Rede darüber gehalten, wie man kommuniziert. Wissen Sie was? Ich mache Politik in Deutschland, damit es den Menschen besser geht, damit wir weniger sozial Schwache haben, damit es keine Fremdenfeindlichkeit gibt, weil ich will, dass die Probleme in Deutschland gelöst und nicht nur thematisiert werden.
(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: So ist es!)
Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Und da kommen wir zu einem sehr wichtigen Thema – jetzt hätte ich gerne den Bundeskanzler und den Wirtschaftsminister angesprochen; sie sind zwar nicht da, aber sie hören sicherlich zu –, nämlich zur wirtschaftlichen Situation unseres Landes. Zum dritten Mal in Folge sind wir in der Rezession. Die Industrieproduktion ist im Dezember gegenüber dem November um 3,3 Prozent gefallen; seit 2017 ist unsere Industrieproduktion um 27 Prozent zurückgegangen. Das alles ist Statistik, erst mal nur Zahlen und Bilanzen von Unternehmen. Aber wissen Sie was, liebe verbliebene Kabinettsmitglieder? Dahinter stecken Schicksale von Menschen, von Familien.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Dahinter stecken Schicksale in Deutschland, meine Damen und Herren.
Was nicht geht, ist, so zu reden, wie Robert Habeck und Olaf Scholz hier heute Morgen geredet haben. Das war ein einziges Weiter-so. Deutschland hat mehr Chancen verdient und nicht diesen Stillstand, den Sie qua Rede weiter verwalten wollen, Herr Scholz.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Genau das haben Sie hier angekündigt: einfach nur so weitermachen.
Deswegen will ich eines sagen. Herr Bundeskanzler, Sie haben eben zum Bürokratieabbau gesagt: „Wir haben der EU Beine gemacht.“ Wissen Sie was? Was ist denn mit der Lieferkettenrichtlinie, mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung, mit der sogenannten Entwaldungsverordnung? Alle reden über den Standort Deutschland. Aber die Frage ist doch: Gibt es demokratische Mehrheiten dafür, dass dieser Standort endlich wieder durchstarten kann, in Berlin und in Brüssel? Dafür braucht es eine starke Bundesregierung, die durchsetzungsfähig ist.
Meine Damen und Herren, Herr Bundeskanzler, ich hätte mir gewünscht – da läuft er –, dass Sie nicht irgendjemandem Beine gemacht hätten, sondern dass Sie den Leuten im Kabinett Beine gemacht hätten, Herrn Heil, Frau Lemke. Die sitzen doch alle da. Null haben Sie denen Beine gemacht! Null!
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Dorothee Bär [CDU/CSU])
Da war auch keine Führungsstärke in den letzten drei Jahren.
Deswegen will ich zum Abschluss eines sagen: Ja, Herr Merz, wir brauchen einen Personalwechsel im Bundeskanzleramt. Das teile ich ausdrücklich; ich habe es gerade noch einmal unterstrichen.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Aber!)
Aber: Deutschland braucht nicht nur einen Personalwechsel; die Bundesrepublik Deutschland braucht endlich auch einen Politikwechsel, und dafür stehen die Freien Demokraten bei dieser Bundestagswahl.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der FDP)
Tino Chrupalla für die AfD-Fraktion ist der nächste Redner.
(Beifall bei der AfD sowie bei fraktionslosen Abgeordneten)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7629447 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 212 |
Tagesordnungspunkt | Vereinbarte Debatte zur Situation in Deutschland |