13.03.2025 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 213 / Tagesordnungspunkt 1, ZP

Peter BoehringerAfD - Änderung des Grundgesetzes (Artikel 109, 115, 143h)

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin!

„Ich fände es … höchst problematisch, wenn der 20. Deutsche Bundestag, der eine fast vollständig erloschene demokratische Legitimität hat, in seinen letzten Tagen noch solche grundlegenden Entscheidungen treffen würde.“

Das sind nicht meine Worte, sondern die des Kollegen Frei von der CDU, nicht von heute – heute hat er etwas anderes gesagt –, sondern von vor gut zehn Tagen. Das ist ungefähr die Halbwertszeit von Versprechungen der CDU.

(Beifall bei der AfD sowie des Abg. Johannes Huber [fraktionslos])

Wir dürften heute als 20. Deutscher Bundestag nur dann noch handeln, wenn völlig überraschend eine existenzielle und unaufschiebbare Entscheidung für unsere Nation anstünde. Dem ist aber nicht so. Schon morgen könnte hier der 21. Bundestag sitzen. Es ist schlicht antidemokratisch, dass die Herren Merz und Klingbeil unter Missachtung des 21. Bundestages das Grundgesetz noch mit Mehrheiten des alten, abgewählten Bundestages ändern lassen wollen.

Wir reden heute von Hunderten Milliarden Euro Sonderschulden. Wir reden sogar von der dauerhaften Untergrabung der regulären Ordnung eines einheitlichen Bundeshaushalts mit einer klaren Schuldenobergrenze. Über 1 Billion Euro soll als zusätzliche Staatsschuld aufgenommen werden. Jedem Nettosteuerzahler werden rechnerisch Schulden von mehr als 60 000 Euro auferlegt, wenn diese Beträge ausgegeben werden, was nur wenige Jahre dauern wird – vielleicht ziemlich genau die Amtszeit dieser Koalition.

(Beifall bei der AfD)

Schulden sind entgegen der Propaganda niemals Investitionen in eine gute Zukunft und auch niemals, Frau Dröge, staatstragend. Im Gegenteil: Die Zins- und damit Steuerlasten nehmen künftigen Generationen Gestaltungsoptionen. Natürlich führt die Schuldenbesoffenheit auch noch zu Hochinflation, unter der vor allem der kleine Mann leidet. Sie fressen hier 1 Billion Euro voraus, die andere nachhungern müssen. Dabei steht das Bekenntnis zur Schuldenbremse sogar im Wahlprogramm der Union:

„Wir halten an der Schuldenbremse … fest. Die Schulden von heute sind die Steuererhöhungen von morgen.“

Und Herr Merz sagte im Wahlkampf:

„Die Schuldenbremse schützt … die Steuerzahlungen der jungen Generation. Sollen wir deren Geld heute schon ausgeben? Wir nehmen 1 000 Milliarden Euro Steuern ein … und damit sollen wir nicht auskommen?“

Herr Merz, Sie begehen noch vor Ihrem Amtsantritt den schnellsten und größten Wahlbetrug der deutschen Geschichte.

(Beifall bei der AfD sowie des Abg. Thomas Seitz [fraktionslos])

Nichts, gar nichts an der heutigen Situation ist überraschend. Die Probleme bestehen seit Jahrzehnten. Angeblich wird das Geld nun exklusiv und schnell für Infrastruktur und Bundeswehr ausgegeben. Doch Ihre eigene Vergangenheit von Rot und Schwarz spricht dagegen. Investitionen in diese Bereiche sind unter schwarz-roten Kanzlern in den letzten 35 Jahren – den fetten Jahren – niemals ausreichend vorgenommen worden; sonst gäbe es nicht überall riesige strukturelle Defizite. Wer soll Ihnen glauben, dass es diesmal erstmals anders sein wird?

Zudem wurden schon die 100 Milliarden Euro Sonderschulden von 2022 in Teilen zweckentfremdet für die Ukraine. Zweckentfremdung droht nun auch bei der neuen Regelung, nach der solche Verteidigungsausgaben ohne Rücksicht auf die Schuldengrenzen des Grundgesetzes aufgenommen werden dürfen, wohlgemerkt: nach oben offen und ohne zeitliche Begrenzung. Das ist unglaublich.

(Beifall bei der AfD sowie des Abg. Johannes Huber [fraktionslos])

Übrigens steht noch heute in Artikel 87a GG die von Ihnen allen dort hineinformulierte Lüge, dass die schuldenfinanzierte Militärunterstützung nur einmalig sein würde. Das steht im Grundgesetz. Die Wahrheit ist: Sie kaschieren mit den heute geschaffenen Schuldenbergen die riesigen Probleme im Haushalt, die Sie in jedem Fall gehabt hätten. Die Wahrheit ist: Diese Koalition könnte schon ihren allerersten Haushalt im Sommer 2025 nicht verfassungskonform aufstellen, wenn Sie sich nicht heute einen riesigen Schluck aus der Pulle künftiger Steuerzahlungen genehmigen würden.

(Beifall bei der AfD sowie der Abg. Johannes Huber [fraktionslos] und Thomas Seitz [fraktionslos])

Sie wollen sich enorme Nebenhaushalte schaffen, welche das für Ihre zweifelhaften Ziele verfügbare Geld beinahe verdoppeln. Sie erschleichen sich die Mittel, um vier Jahre durchzuregieren, koste es, was es wolle. So könnten auch Dick und Doof regieren.

(Beifall bei der AfD)

Im echten Kalten Krieg konnte die BRD 40 Jahre lang, bis 1991, Bundeswehrausgaben in Höhe von 2 Prozent des BIP und mehr aufbringen, ganz ohne Sonderschulden. Die Bundeswehr hat kein Budgetproblem, sondern ein Management- und auch ein Strategiedefizit. Doch wer Feindschaften und Krieg fahrlässig geradezu herbeiredet, kann natürlich keine Friedensdividende mehr einstreichen.

(Beifall bei der AfD sowie des Abg. Johannes Huber [fraktionslos])

Die künftigen Verschuldungsrelationen, meine Damen und Herren, gab es früher nur in Kriegs- und Vorkriegszeiten. Die von Pistorius, Merz und von der Leyen geforderte Kriegstüchtigkeit soll ergänzt werden durch eine Kriegsfinanzierung ohne Krieg. Das ist unverantwortlich – nicht nur haushalterisch.

(Beifall bei der AfD sowie des Abg. Johannes Huber [fraktionslos])

„Wer gegen Schulden ist, ist für russische Panzer in Deutschland“, das ist die perfide Argumentation – auch von Frau Haßelmann –, die jeden kritischen Haushälter zum Vaterlandsverräter stempelt. Das ist ein ganz übles Niveau. Machen Sie sich nicht Ost und West zugleich zum Feind! Investieren Sie in Diplomatie! Wir werden dann Dutzende Milliarden weniger fürs Militär brauchen.

(Beifall bei der AfD sowie des Abg. Johannes Huber [fraktionslos])

Zudem ist nicht ansatzweise klar, was denn die verteidigungspolitische Idee hinter den neuen unbegrenzten Rüstungsausgaben sein soll: eine EU-Armee oder vielleicht doch eine NATO mit den USA oder ohne die USA? Es ist alles offen. Man gibt aber nicht unbegrenzt Geld in eine Maschine, die noch nicht einmal einen Grundplan hat. Wir werden Ihnen hier keinen 13-stelligen Blankoscheck geben. Den Weg in die Kriegswirtschaft gehen Sie ohne uns.

(Beifall bei der AfD sowie des Abg. Thomas Seitz [fraktionslos])

Ihre Kanzlerschaft, Herr Merz, führt noch vor ihrem Beginn ohne jede Not zu einer Demokratiekrise. Falls dieser delegitimierende Coup gegen den 21. Deutschen Bundestag und gegen den mit der Bundestagswahl festgestellten Volkswillen tatsächlich durchgezogen wird, dann stellt sich eigentlich nur noch die Frage: Wo ist der Verfassungsschutz, wenn man ihn braucht?

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD sowie der Abg. Johannes Huber [fraktionslos] und Thomas Seitz [fraktionslos])

Und für den Bundesrat hat das Wort die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7629978
Wahlperiode 20
Sitzung 213
Tagesordnungspunkt Änderung des Grundgesetzes (Artikel 109, 115, 143h)
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta