13.03.2025 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 213 / Tagesordnungspunkt 1, ZP

Andreas AudretschDIE GRÜNEN - Änderung des Grundgesetzes (Artikel 109, 115, 143h)

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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich mir die Debatte hier einmal vor Augen führe, dann wurde auf der einen Seite viel über eine faktische Situation und darüber, dass man da jetzt dringend dieses oder jenes machen müsse, und auf der anderen Seite über Emotionen, die jetzt bloß nicht so hochkochen dürfen, und Dinge, die man jetzt auf gar keinen Fall sagen dürfe, gesprochen. Ich sage Ihnen eines: Ich finde, das Auseinanderdividieren ist falsch. Es geht in der Politik um Redlichkeit. Es geht in der Politik um Glaubwürdigkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Es geht darum, dass man das, was man vorher sagt, im Nachgang auch macht.

Und wenn Sie uns jetzt erzählen wollen, Herr Merz oder auch Herr Dobrindt, Sie seien eigentlich schon immer dafür gewesen, die Schuldenbremse zu reformieren, dann glaubt Ihnen das niemand, dann glaubt Ihnen das kein Mensch. Wenn Sie sagen, Sie hätten vor der Wahl gesagt, da hätte man Veränderungen machen können, dann sage ich: Es lagen alle Antworten auf dem Tisch, es lagen alle Angebote auf dem Tisch. Sie sind nicht darauf eingegangen.

Und insofern, glaube ich, wäre das Erste, was ich mir wünschen würde an der Stelle, dass Sie einmal Folgendes sagen würden – und das würde Ihre Glaubwürdigkeit auch im konservativen Spektrum ein kleines bisschen wiederherstellen –: Ja, ich habe mich geirrt. Ja, es war ein Fehler.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ja, es sind Dinge passiert, die nicht hätten passieren sollen. – Dann wäre der erste Schritt gemacht, wieder in ein Gespräch eintreten zu können, was ernst zu nehmen wäre.

Dieses Nichthandeln, diese Unredlichkeit hat Konsequenzen. Weil Sie in der politischen Kultur nie in der Lage gewesen sind, einmal zu sagen, Sie gehen den Schritt, und weil Sie nicht in der Lage waren, einmal redlich, einmal glaubwürdig mit uns über Dinge zu sprechen, hat das für Unternehmen die Konsequenz gehabt, dass nicht investiert wurde, hat das für die Menschen die Konsequenz gehabt, dass Arbeitsplätze hier nicht angesiedelt wurden, dass Arbeitsplätze verloren gegangen sind,

(Zuruf des Abg. Alexander Hoffmann [CDU/CSU])

Und genau deswegen, weil das so war, müssten eigentlich die Argumente und die Angebote, die Sie jetzt machen, umso redlicher und umso glaubwürdiger sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage Ihnen aber eines: Das Gegenteil ist der Fall. Wenn Sie auf der einen Seite sagen, Sie möchten Brücken sanieren, Sie möchten in die Schiene investieren, Sie möchten in die Zukunft investieren, dann sage ich: Ja, exakt, das ist richtig, und genau deswegen haben wir das immer wieder gesagt. – Wenn wir aber gleichzeitig sehen, dass Sie eigentlich das Geld dafür nehmen wollen – 60 Milliarden Euro! –, um Steuersenkungen für die Reichsten in diesem Land zu finanzieren, dann sage ich: Es ist nicht glaubwürdig, es ist nicht redlich, was Sie da auf den Tisch legen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wie um alles in der Welt sollte man Ihnen nach allem, was wir erlebt haben mit Ihnen, glauben?

Das Nächste: der Klimaschutz. Ich habe es vor Augen, wie Sie da zusammensaßen und sich überlegt haben: Wir schreiben da jetzt nichts rein über Klimaschutz, dann können das die Grünen danach schon irgendwie machen. – Das ist der nächste Punkt, der von einem nicht redlichen Politikstil zeugt. Das funktioniert nicht.

Sie glauben doch nicht, dass es ausreicht, wenn Sie jetzt im Nachgang kommen und sagen, Sie schreiben jetzt das Wort „Klimaschutz“ irgendwo rein, oder das Angebot unterbreiten, das Sie heute hier vom Pult zu machen versucht haben, 50 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds zu verschieben. Sie wissen ganz genau, dass das ein Verschiebebahnhof ist, dass das eine Entlastung für den Kernhaushalt ist, dass da am Ende kein Euro mehr für Klimaschutz rauskommt, wenn Sie nicht in der Lage sind, zu definieren, dass es zusätzlich ist; Katharina Dröge hat das ja gesagt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum steht das da nicht drin? Warum sind Sie nicht in der Lage, einmal redlich glaubwürdige Angebote zu machen, mit denen man dann agieren und gemeinsam sagen könnte: „Wir handeln jetzt für das Land, wir tun jetzt das, was wichtig ist für die Unternehmen, für die Arbeitsplätze, für all das, was in Deutschland wichtig wäre“? Das, was wir über Jahre erlebt haben, setzt sich jetzt mit dem Beginn einer möglichen Kanzlerschaft fort, und mir macht das Sorgen. Mir macht es Sorgen, wenn ich daran denke, dass Sie derjenige sein sollen, der am Ende vielleicht irgendwann mit Donald Trump spricht, der vielleicht irgendwann mit Wladimir Putin spricht, der vielleicht irgendwann Krisen auf dieser Welt lösen soll, wenn Sie nicht in der Lage sind, redlich, glaubwürdig und ernsthaft mit uns in ein Gespräch einzutreten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und deswegen: Wir sind immer bereit, Verantwortung zu übernehmen. Das ist der Politikstil, den wir über Jahre gepflegt haben und der auch weiterhin gilt. Aber die Voraussetzung dafür ist ein ehrliches Angebot, ist der Wille, dann auch durch die Tür zu gehen, und ist der Wille, gemeinsam etwas hinzukriegen. Und mit Verlaub: Das ist bislang nicht mein Eindruck, wenn ich sehe, wie Sie agieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Gruppe Die Linke hat das Wort Heidi Reichinnek.

(Beifall bei der Linken)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7629985
Wahlperiode 20
Sitzung 213
Tagesordnungspunkt Änderung des Grundgesetzes (Artikel 109, 115, 143h)
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