13.03.2025 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 213 / Tagesordnungspunkt 1, ZP

Lucia SchanbacherSPD - Änderung des Grundgesetzes (Artikel 109, 115, 143h)

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „ Eltern haften für ihre Kinder“ steht auf einem Plakat, das die letzten Wochen in der Bundesrepublik hing. Darauf war ein schwarz-weißes Porträt eines Politikers zu sehen, der Eltern die Welt erklärt. – So leite ich meine erste und vorerst auch letzte Rede im Deutschen Bundestag ein.

Eltern haften für ihre Kinder! Deshalb stehe ich heute hier: für meine Kinder. Denn wenn wir nicht in unser Land investieren, in die Bahn, in die Klimawende, in Bildung und in unsere Sicherheit, dann haften wir, dann haften Eltern für ihre Kinder, weil wir es versäumt haben, unser Land in Schuss zu halten. Unsere Kinder werden uns fragen: Warum habt ihr es kaputtgespart? Warum habt ihr, als ihr es bemerkt habt, denn nicht reagiert? – Und sie haben recht.

(Beifall bei der SPD)

Wir wissen es besser. Wir wissen, dass Deutschland enorme Investitionen braucht. 16 Jahre Stillstand unter Merkel, dreieinhalb Jahre Blockade durch Merz und Lindner! Und jetzt soll in wenigen Tagen die Welt gerettet werden? Nicht weil wir es uns ausdenken, sondern weil führende Ökonominnen und Ökonomen dieses Landes sagen: investiert, reformiert die Schuldenbremse!

(Beifall bei der SPD)

Nur so bleibt Deutschland wirtschaftlich stark, sozial gerecht und sicher.

Mir scheint, als wären noch nicht allen Demokratinnen und Demokraten nach diesem desaströsen Wahlergebnis die Augen aufgegangen. Wir brauchen ein Signal, dass wir verstanden haben, dass die dringend benötigten Weichen auch gestellt werden müssen. Das bedeutet aber nicht, dass äußere gegen innere Sicherheit und gegen soziale Sicherheit ausgespielt wird – kein „Schusswaffen statt Schultoiletten“, kein „Waffensysteme statt Wirtschaftsimpulse“, kein „Kampfpanzer statt Krankenhäuser“, kein Entweder-oder.

(Beifall bei der SPD)

Denn daran ist die Ampel gescheitert, und das darf sich nicht wiederholen. Niemand darf hintangestellt werden, nicht die Ukraine, nicht die Schulkinder, nicht die Beschäftigten in diesem Land. Die Herausforderungen sind zu groß.

Die Vorschläge von FDP und Grünen greifen deshalb zu kurz. Wir können nicht nur in Verteidigung investieren. Wir brauchen auch eine 500-Milliarden-Euro-Investitionsoffensive für Infrastruktur, Bildung, Klimaschutz und unsere Kommunen, damit die Bahnen wieder zuverlässig sind, damit es nicht in die Schulen reinregnet, damit schnelles Internet zur Verfügung steht und bezahlbare erneuerbare Energien fließen.

(Beifall bei der SPD)

Alle Länder – wir haben es gehört – brauchen finanzielle Spielräume für die Bewältigung dieser Aufgaben, die uns bevorstehen. Und Sie wissen es selber: Es geht hier nicht um Spielgeld, um Wahlgeschenke, um einen Verschiebebahnhof, sondern um dringend benötigte Mittel für dieses Land. Ich zitiere:

„… für Sicherheit oder auch für wirtschaftliche Ertüchtigung [ist sie]“

– die Reform der Schuldenbremse –

„… nötig. Die Aufgaben sind so groß und so dramatisch, und sie müssen schnell angegangen werden.“

Zitat Ende. – Das hat Robert Habeck noch am 24. Februar betont.

(Dr. Daniela De Ridder [SPD]: Hört! Hört!)

Die Kolleginnen und Kollegen der Grünen und der Linken müssen sich jetzt überlegen, welche Rolle sie in diesem Bundestag spielen. Die Wahl hat eines ganz deutlich gezeigt: Die Menschen wollen, dass Demokratinnen und Demokraten zusammenarbeiten, konstruktiv zum Wohl unseres Landes. Und sie erwarten ein Signal der Geschlossenheit für unsere Demokratie. Ich will es mit dieser Dramatik hier heute auch sagen: Es kann unsere letzte Chance sein, das unter Beweis zu stellen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ja, es ist bitter, dass wir jetzt das tun müssen, was der Herr auf dem schwarz-weißen Porträt immer blockiert hat: die Schuldenbremse zu reformieren. Ja, es ist bitter, dass jemand, der das Gegenteil versprochen hat, nun eine 180-Grad-Kehrtwende macht. Ja, es ist bitter, dass viele Projekte der Ampel nicht mehr umgesetzt werden konnten, obwohl Millionen Menschen darauf gewartet haben. Doch alle Bitterkeit erlöst uns nicht von den Aufgaben, vor denen wir, vor denen Sie zukünftig stehen werden: unser Land am Laufen zu halten, unser Land an manchen Stellen sogar wieder zum Laufen zu bringen und an ganz anderen Stellen erst mal richtig loszulaufen.

Gerade deshalb: Verlieren Sie sich nicht im Klein-Klein der Spiegelstriche! Wir stehen vor epochalen Herausforderungen. Wir brauchen eine neue Form von Politik. Wir Demokratinnen und Demokraten müssen mutig in die Zukunft gehen, verlässlich im Miteinander, und für die Zukunft unseres Landes und unsere Demokratie kämpfen.

(Beifall bei der SPD)

Eltern haften für ihre Kinder. Übernehmen Sie Verantwortung für die nächste Generation und für die Welt, in der sie später leben wird! Denken Sie an die Zukunft Ihrer Kinder, wenn Sie nächste Woche über die Grundgesetzänderung abstimmen werden!

Danke. Es war mir eine Ehre.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für die Gruppe BSW hat das Wort Dr. Sahra Wagenknecht.

(Beifall beim BSW)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7629987
Wahlperiode 20
Sitzung 213
Tagesordnungspunkt Änderung des Grundgesetzes (Artikel 109, 115, 143h)
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