13.03.2025 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 213 / Tagesordnungspunkt 1, ZP

Brian NickholzSPD - Änderung des Grundgesetzes (Artikel 109, 115, 143h)

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich das Ergebnis der Bundestagswahl erfahren habe, habe ich nicht vermutet, noch einmal die Gelegenheit zu haben, hier mit Ihnen gemeinsam einer ziemlich kontroversen Debatte folgen zu dürfen und auch mich selbst daran beteiligen zu können.

(Zuruf von der AfD)

Ich möchte ganz bewusst die Perspektive einbringen, die ich als Abgeordneter habe, der dem 21. Deutschen Bundestag nicht angehören wird. Ich finde es richtig und wichtig, dass wir heute hier diese Debatte führen und dass wir darum ringen, das Grundgesetz entsprechend zu ändern.

(Beifall bei der SPD)

Trotzdem möchte ich auch ganz klar sagen: Wir hätten nicht erst heute die Gelegenheit dazu gehabt, Herr Merz, sondern wir hätten auch früher schon die Möglichkeit gehabt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das ist eine unbequeme Wahrheit, die Sie sich hier heute hätten eingestehen sollen, anstatt mit Ihrem Zitat den Eindruck erwecken zu wollen, dass das immer schon eine Möglichkeit war. Ich habe heute Morgen ein anderes Zitat von Ihnen herausgesucht. Da sagen Sie:

„Ich sehe keine Notwendigkeit, über eine Reform oder gar Abschaffung der Schuldenbremse zu sprechen. Die Bundesregierung ist aufgefordert … Prioritäten zu setzen, statt das Geld unserer Kinder in Form von weiteren Schulden auszugeben.“

Viele Ihrer Positionen in diesem Zitat sind aus meiner Sicht falsch. Aber diese Positionen zeigen, dass die Wählerinnen und Wähler mit Blick auf die Wahl am 23. Februar nicht auf die Idee kommen konnten, dass Sie ein so gewaltiges Paket hier und heute durch den Bundestag bringen wollen. Ihre staatspolitische Verantwortung wäre es gewesen, vorher diese Möglichkeiten zu ergreifen; das sage ich ganz ausdrücklich. Die Möglichkeiten wären da gewesen.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage aber auch in Richtung der Grünen: Staatspolitische Verantwortung kann man nicht von Herrn Merz lernen. Deswegen hoffe ich, dass Sie es ihm angesichts der Wortmeldungen, die ich heute von Ihnen gehört habe, nicht gleichtun.

Ich frage mich: Wo stünden wir in diesem Land, wenn wir schon früher diese Weichen hätten stellen können, gemeinsam mit der Mehrheit, die Sie ja auch suchen? Wie viele Straßen hätten einen neuen Asphalt? Wie viele Strecken der Bahn wären saniert?

(Zuruf von der AfD)

Wie viele Sportplätze, Schwimmbäder und Kitas wären gebaut worden?

(Peter Boehringer [AfD]: Das glauben Sie doch selber nicht!)

Wie wäre der Ausbau des Energienetzes vorangekommen? Wie viele Arbeitsplätze hätten wir damit vielleicht gesichert oder geschaffen? Wie viel Wirtschaftswachstum wäre entstanden?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich habe die Debatten im Wahlkampf verfolgt. Anders als Bundeskanzler Scholz wollten Sie, Herr Merz, den Menschen nicht die unbequeme Wahrheit vor der Wahl zumuten. Sie haben es gerade am Anfang der Sitzung gesagt: Eigentlich sind solche Entscheidungen unabhängig von Wahlterminen zu treffen. Ich habe aber den Eindruck: Sie haben ganz bewusst gewartet, bis der Wahltermin verstrichen war. Sie hätten hier die Gelegenheit gehabt, zu sagen: Es war ein Irrtum. Wir brauchen diese Grundgesetzänderung, und dafür stehe ich jetzt bereit. – Das haben Sie versäumt. Sie haben ja noch bis nächste Woche die Gelegenheit, dieses Versäumnis nachzuholen und das Vertrauen in die Demokratie und in Ihre Person wieder zurückzuerlangen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Mein Kollege Kevin Kühnert hat es vor der Bundestagswahl hier gesagt. Er hat erklärt, er erkenne bei Ihnen ein Muster, nämlich: Opportunität sticht Integrität. – Ich wünsche mir Integrität im Kanzleramt. Ich hoffe, dass Sie nicht auf diesem Weg fortfahren. Ich hoffe darüber hinaus, dass Sie sich Ihrer doppelten Verantwortung bewusst sind: dass Sie den Erwartungen, die mit dem Sondervermögen verknüpft sind – den 500 Milliarden Euro und vor allem den 100 Milliarden Euro an Länder und Kommunen –, gerecht werden, vor allen Dingen, dass auch in den Kommunen und bei den Stadträten etwas ankommt, sodass diese selbst Sorge dafür tragen können, das Geld in Klimaschutz, in Straßen und Radwegenetze zu investieren.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin froh, dass ich den nächsten deutschen Bundeskanzler in diesem Parlament nicht mitwählen muss.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich hoffe, wie gesagt, dass Sie die Gelegenheit nutzen, Integrität zu finden.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Susanne Menge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der nächste Redner ist Robert Farle.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7629993
Wahlperiode 20
Sitzung 213
Tagesordnungspunkt Änderung des Grundgesetzes (Artikel 109, 115, 143h)
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