18.03.2025 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 214 / Tagesordnungspunkt 1

Sven-Christian KindlerDIE GRÜNEN - Änderung des Grundgesetzes (Artikel 109, 115, 143h, 87a)

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Alltag im Bundestag ist ja oft sehr hektisch, gerade in den letzten Tagen und Wochen, auch für mich persönlich. Doch wenn ich Ruhe finde, wie zum Beispiel heute früh in meinem Büro, wenn es still ist, dann stelle ich mir manchmal schon die Frage: In was für einer verrückten Welt leben wir eigentlich? Was passiert eigentlich gerade? Manchmal finde ich es zum Verzweifeln.

Seit drei Jahren tobt der brutale Angriffskrieg in der Ukraine, und der russische Diktator bedroht weitere Länder in Europa, Moldau, unsere baltischen Freunde, Polen. Auch Deutschland ist Ziel seiner Cyberattacken und Anschläge. Dann höre ich, wie hier im Deutschen Bundestag die extremen Rechten – die fünfte Kolonne Putins – das leugnen und bestreiten. Das ist pure zynische Propaganda, mit der Sie der Bevölkerung Sand in die Augen streuen. Dem widersprechen wir hier im Bundestag hart!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Zur neuen geopolitischen Realität gehört leider auch, dass der neue US-Präsident und seine rechtsradikalen Freunde in den USA im Innern daran arbeiten, die Demokratie abzuschaffen; und im Außen droht Donald Trump anderen Ländern mit militärischer Besatzung und Gewalt. Die NATO-Zusammenarbeit mit einem demokratischen Europa und die Sicherheit der Ukraine stellt er offen infrage.

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Dieser autoritäre Zangengriff aus Ost und West zielt auf das Fundament der europäischen Friedens- und Sicherheitsordnung. Er zielt auf unsere Demokratie, auf den freiheitlichen, sozialen Rechtsstaat. Ich hätte mir das nie vorstellen können. Ich will eigentlich in einer Welt leben, in der wir nicht so viele Kriege, so viele Waffen haben; ich finde das schrecklich. Aber ich sage auch heute sehr klar: Wir müssen uns gegen diesen neuen Faschismus, der da droht, klar verteidigen und wehren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der AfD)

Wir können jetzt nicht die Augen zumachen oder uns in einer Höhle verstecken. Jetzt ist die Zeit in Europa, unsere Sicherheit stärker selbst in die Hand zu nehmen und ganz klar für Frieden und Freiheit in Europa einzustehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ja, und wenn es still ist, dann frage ich mich manchmal auch: In welcher Welt werden meine Kinder aufwachsen? In welcher Welt werden sie ihr Leben verbringen? Schon jetzt erleben wir alle paar Jahre ein Jahrhunderthochwasser; unsere Wälder brennen; unsere Äcker und Böden werden zu Staub; für extreme Hitze müssen wir nicht mehr in den Süden in den Urlaub fahren. Die Klimakrise ist längst da; das ist die Realität. Wir haben jetzt die Chance und auch die Verpflichtung, sie aktiv anzugehen. Das ist unser Auftrag.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Und weil ich will – ich glaube, wir alle wollen das –, dass unsere Kinder, unsere Enkel, egal wo sie auf der Erde leben, in Sicherheit leben, in Freiheit leben, in Würde leben, ist Klimaschutz kein Nice-to-have. Deswegen haben wir Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 in dieses Paket reingeschrieben. Klimaschutz gehört ins Zentrum der Politik, und wir haben das in dieser Grundgesetzänderung verankert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, viele wissen das nicht: Nach der letzten Rede im Bundestag folgt manchmal noch die allerletzte Rede im Bundestag.

(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das ist nun wirklich meine allerletzte Rede im Bundestag, versprochen.

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warte ab!)

Ich bin 2009, kurz nach Beschluss der Schuldenbremse, in den Bundestag gewählt worden. Ich hielt, auch aufgrund meiner Erfahrungen im Unternehmenscontrolling, die gefundenen Regelungen nicht für besonders clever und smart, sondern für zu restriktiv bei Investitionen und auch für zu starr in wirtschaftlichen Notlagen. Deswegen habe ich mich in vier Legislaturperioden dafür eingesetzt, dass wir die Schuldenbremse reformieren, sie nicht abschaffen, aber reformieren. Ich habe mich dafür parteiintern eingesetzt, in der Gesellschaft und im Parlament. Die dauerhafte Öffnung für Investitionen haben wir jetzt nicht erreicht. Das bleibt als Aufgabe für den 21. Deutschen Bundestag bestehen; daran müssen wir weiterarbeiten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dass ich nach diesem Marathon Bundestag auf der Zielgeraden, quasi auf den letzten 30 Metern, die Reform der Schuldenbremse verhandle, hätte ich mir nicht träumen lassen. Es macht mich froh und auch ein bisschen stolz, mit dem Wissen zu gehen, dass Formulierungen von mir im Grundgesetz stehen werden, und dass es uns gemeinsam gelungen ist, die Kreditregeln so zu ändern, dass wir unsere Sicherheit stärken und dass wir große Investitionen in die Infrastruktur und den Klimaschutz ermöglichen. Das macht mir Mut, und das macht mir Hoffnung für die Zukunft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dieses historische Finanzpaket wird durch Investitionen auch unsere Demokratie stärken. Es schützt uns vor autoritären Gefahren international, und es wird unsere Demokratie im Inland beleben. Es wird das Leben der großen Mehrheit der Menschen in Deutschland besser machen. Das macht mir Mut und Hoffnung.

Ich möchte mich bei allen Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen im Bundestag

(Stephan Brandner [AfD]: Das ist eigentlich nur eine! Da reicht der Singular!)

und insbesondere im Haushaltsausschuss verabschieden und bedanken, insbesondere bei Dennis Rohde und Otto Fricke, der gleich auch seine letzte Rede halten wird.

Ich finde, dass der Haushaltsausschuss ein extrem wichtiger Ausschuss im Parlament ist. Ich habe dort eine sehr gute, spannende Zeit erlebt, und ich wünsche mir, dass auch die Kollegen im 21. Deutschen Bundestag gut auf diesen Bundeshaushalt aufpassen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das Wort hat der Kollege Otto Fricke für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7630055
Wahlperiode 20
Sitzung 214
Tagesordnungspunkt Änderung des Grundgesetzes (Artikel 109, 115, 143h, 87a)
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