Florian OßnerCDU/CSU - Änderung des Grundgesetzes (Artikel 109, 115, 143h, 87a)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Herausforderung ist in der Tat immens, womöglich die größte seit der Wiedervereinigung. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat nicht nur die europäische Friedensordnung erschüttert, sondern auch die sogenannte Friedensdividende zunichte gemacht. Gaben wir 1975 noch 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aus, waren es knapp 40 Jahre später, also 2015, nur noch 1,2 Prozent, also gerade mal ein Drittel davon. Das alles war nur möglich, weil wir blind auf die Unterstützung der USA haben vertrauen können.
Mit dieser alten Gewissheit ist es bekanntlich seit wenigen Wochen vorbei. Ohne Freiheit ist alles nichts. So ist es auch absolut richtig, dass wir heute über eine Bereichsausnahme der Schuldenbremse im Grundgesetz für Verteidigung entscheiden. Die Verteidigung des Wichtigsten in unserem Leben, nämlich von Frieden und von Freiheit, muss in Zukunft nun selbst in unsere Hand genommen werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Natürlich wäre es grundsätzlich möglich, dass man dies auch aus dem Kernhaushalt finanziert. Nur blieben dann trotz massivster Sparanstrengungen im hohen zweistelligen Milliardenbereich keine Spielräume mehr für dringend benötigte Steuersenkungen, welche unsere Wirtschaft wieder in Schwung bringen sollen. Nur 1 Prozent Wirtschaftswachstum bringt knapp 45 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung in unserem Land. Alle Projekte im Sozialbereich, im Forschungs- und Bildungsbereich stehen und fallen mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Der Spardruck im Kernhaushalt bleibt immens. Deshalb wollen wir die zukünftigen Generationen nur so weit belasten, wie es unbedingt notwendig ist. Das gehört zur gebotenen finanzpolitischen Solidität.
(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch des Abg. Dr. Marcus Faber [FDP])
Zudem ist es gut und richtig, dass das Infrastrukturpaket über 500 Milliarden Euro nun auf zwölf Jahre gestreckt wird – das würde bis zu 41,7 Milliarden Euro pro Jahr bedeuten – und dem Prinzip der Zusätzlichkeit folgt. Das heißt: Nur wenn im Kernhaushalt eine Investitionsquote von über 10 Prozent erreicht wird, dürfen zusätzliche Kreditermächtigungen für weitere Investitionen in Brücken, Krankenhäuser, Stromnetze, für die Wärmeversorgung der Kommunen und am Ende auch für die Digitalisierung in den Ländern genutzt werden. Damit wird nicht nur privates Kapital gehebelt, sondern mit jedem fünften Euro werden auch die Länder und Kommunen unterstützt. Das ist insgesamt also ein kraftvolles Signal für die dringend benötigte Modernisierung Deutschlands.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, keiner macht sich diese Entscheidung zur Grundgesetzänderung heute leicht; aber die Welt wartet in der Tat nicht auf uns. Wir müssen jetzt handeln – für eine starke Verteidigung, für eine moderne Infrastruktur und für ein wettbewerbsfähiges und stabiles Deutschland, das sich erfolgreich gegen Populisten und Extremisten von links und rechts wehren kann.
Herzliches „Vergelt’s Gott!“ fürs Zuhören.
(Beifall bei der CDU/CSU – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Gut gemacht!)
Das Wort hat Dr. Sahra Wagenknecht für die Gruppe BSW.
(Beifall beim BSW)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7630061 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 214 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Grundgesetzes (Artikel 109, 115, 143h, 87a) |