14.05.2025 | Deutscher Bundestag / 21. WP / Sitzung 3 / Tagesordnungspunkt 2

Tino ChrupallaAfD - Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundeskanzler

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Landsleute! Neue Bundesregierungen haben eines gemeinsam: Sie tragen die Last der verfehlten Politik, die vor einem halben Jahrhundert gemacht wurde. Die schlechte Infrastruktur in Bahn und Kommunikation, in Gesundheit und Bildung hat eine Vorgeschichte, und diese ist maßgeblich mit den Regierungen von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP verbunden. Kanzler und Kanzlerin kamen und gingen, aber eines blieb: Den Willen zu mutigen und ehrlichen Reformen gab es nie.

Mittlerweile ist der politische Wettbewerb um einiges härter geworden. Der bequeme Wechsel von der Regierung in die Opposition und zurück ist Geschichte, seitdem in diesem Parlament mehr als drei Parteien Politik machen. Denn Politik bedeutet: Kompromisse machen. Und ja, es ist anstrengender, je mehr Parteien für eine Idee gewonnen werden müssen. Dabei repräsentiert jede Fraktion eine Anzahl von Wählern, meine Fraktion nach dieser Bundestagswahl über 10 Millionen, die der Alternative für Deutschland ihre Stimme gegeben haben. Herr Spahn, es sind eben nicht nur Frustrierte, die die AfD gewählt haben.

(Beifall bei der AfD)

Wir denken, es ist Zeit, diesen Wählern mit Respekt entgegenzutreten. Ihnen pauschale Vorwürfe zu machen und sich dabei im politischen Berlin einzuigeln, überzeugt immer weniger Bürger. Wir sprechen nun schon in der dritten Legislatur über Vizepräsidenten, Ausschussvorsitzende und mittlerweile sogar darüber, ob wir einen Fraktionssaal nutzen können, der den Arbeitssicherheits- und Evakuierungsvorschriften entspricht. Es wurde in den letzten Jahren die Geschäfts- und die Hausordnung angepasst, ja, geschliffen, um es nicht sogar als strategisch geändert bezeichnen zu müssen. Es wurden Medienkampagnen orchestriert, die meiner Fraktion absprechen wollen, den parlamentarischen Gepflogenheiten entsprechend Politik im Interesse unseres Landes zu machen. Das alles sind längst keine Spielereien mehr, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Nun möchten die Sozialdemokraten einen Arbeitsraum, Ihren Fraktionssaal, uns nicht zur Verfügung stellen. Dazu zwei Punkte:

Erstens gehört das historische Reichstagsgebäude keiner Partei, sondern Land und Leuten.

(Beifall bei der AfD)

Zweitens sind wir alle, Abgeordnete und Parteien, durch den Souverän, das deutsche Volk, so wie es am Gebäude draußen steht, auf Zeit in dieses Parlament gewählt. Diese Manöver diskreditieren also dieses Parlament und damit auch die Bürger Deutschlands, die uns alle in diese Position gewählt haben. In voraussichtlich vier Jahren sind die nächsten Bundestagswahlen. Machen Sie bis dahin gute Politik! Dann haben Sie vielleicht gute Chancen, mit einer starken Fraktion in den 22. Deutschen Bundestag einzuziehen und Anspruch auf einen größeren Saal für Ihre Fraktionssitzungen zu erheben.

(Beifall bei der AfD)

Bis dahin, liebe Kollegen, wahren Sie die Würde des Parlaments, und beenden Sie diese Spielchen!

Frau Präsidentin Klöckner, ich bitte Sie ausdrücklich hiermit, die Arbeitsfähigkeit meiner Fraktion mit zu unterstützen. Sie sagten nach Ihrem Amtsantritt: „Es gibt klare […]regeln.“ Genau das, hoffe ich, gilt für alle Fraktionen. Ich nehme Sie dabei beim Wort.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich kurz auf das Thema Verfassungsschutz eingehen. Die Inszenierung des 2. Mai 2025, wie ich sie leider bezeichnen muss, verursachte nicht nur ein Beben in der Medienwelt,

(Zuruf der Abg. Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

sondern hinterließ auch einen äußerst faden Geschmack von politischer Machtausübung gegenüber einer Oppositionspartei. Die scheidende Innenministerin nutzte ihren vorletzten Amtstag, um ein Gutachten medial anzukündigen, das zwar durch das BMI nicht bewertet, jedoch einzelnen Pressevertretern offensichtlich exklusiv zugespielt wurde, der betreffenden Partei aber nicht; die erfuhr es aus der Presse. Das widerspricht nicht nur der Chancengleichheit, sondern verspielt auch das Vertrauen in staatliche Organe und Maßnahmen. Wie wir heute wissen, stützt sich das Gutachten auf öffentliche Quellen, ob sogar aus parlamentarischen Zusammenhängen, wird derzeit geprüft. Alles Weitere werden Juristen und Gerichte klären.

(Beifall bei der AfD)

Auf unsere parlamentarische Arbeit jedenfalls wird es nur so viel Einfluss haben, als dass wir den Auftrag der größten Oppositionsfraktion sehr ernst nehmen. Wir stehen für die Meinungsfreiheit und damit für das Grundgesetz. Wir werden die Regierungspolitik genau verfolgen und auch kommentieren, und zwar hart, aber konstruktiv.

In diesem Zusammenhang muss ich schon heute die Rolle von Nichtregierungsorganisationen ansprechen. Deren Rolle in politischen Willensbildungsprozessen und der damit verbundenen staatlichen Finanzierung muss Einhalt geboten werden.

(Beifall bei der AfD)

Denn alle Parteien sollen nach dem deutschen Parteiengesetz – Zitat – „für eine […] lebendige Verbindung zwischen […] Volk und den Staatsorganen sorgen“. Gerade deshalb sind Einseitigkeiten nicht nur inakzeptabel, sondern widersprechen auch dem Gleichheitsgrundsatz. An dieser Stelle sei die nach wie vor verwehrte Finanzierung der parteinahen Erasmus-Stiftung zu erwähnen. Auch hier werden immer wieder neue Begründungen zusammengeklaubt, um die staatlichen Finanzen an der Alternative für Deutschland vorbei und an die Konrad-Adenauer-Stiftung, die Böll-, die Luxemburg-Stiftung und die Ebert-Stiftung usw. zu verteilen. Man bleibt eben gern unter sich.

Dabei möchte ich noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass nicht wir am Tag der Kanzlerwahl für das legendäre Ereignis von zwei Wahlgängen gesorgt haben. Das, Herr Bundeskanzler, waren schon Ihre Mehrheiten, die nicht zustande kamen, die Mehrheiten aus CDU/CSU und SPD. Danach trat übrigens die CDU an meine Fraktion heran und fragte nach der Zustimmung auf Fristverzicht, sodass Herr Merz noch am 6. Mai Bundeskanzler werden könne. Wir haben dem übrigens zugestimmt. Den Rest der Geschichte kennen Sie alle. Wir waren und sind zu konstruktiver Zusammenarbeit bereit. Alle Gesprächskanäle sind zum Wohle des Volkes für uns auf alle Fälle offen.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der Linken)

Ich möchte an dieser Stelle auf die Rolle und Bedeutung Ostdeutschlands eingehen. In Ihrem Koalitionsvertrag taucht das Wort dreimal auf. Dankenswerterweise bezeichnen Sie die Leistung der Ostdeutschen als außergewöhnlich. Auch wurden und werden die fünf neuen Bundesländer immer noch finanziell unterstützt, wie durch die neuen Milliardenschulden übrigens alle anderen auch. Nur ist es auch nach 35 Jahren deutscher Einheit den meisten Bürgern im Osten nicht gelungen, ähnlich finanziell unabhängig dazustehen wie jene auf dem Gebiet der alten Bundesrepublik. Vielmehr erben die nachfolgenden Generationen ein Schuldenpaket, das seinesgleichen sucht. Darüber hinaus planen Sie nichts, um die infrastrukturelle Grundausstattung des Ostens zu verbessern. Dazu gehören nicht nur Straßen, die Richtung Osten führen, sondern auch günstige Energiepreise, sodass sich Firmen gründen, ohne jahrelange Subventionen ansiedeln und vor allem überleben können.

Der Mittelstand war und ist gerade im Osten das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.

(Beifall bei der AfD)

Hier werden Ausbildungs- und Arbeitsplätze geschaffen. Hier werden Steuern erwirtschaftet und Sozialabgaben gezahlt. Das ist wertschöpfende Arbeit. Genau das macht Deutschland aus, genau das braucht Deutschland. Stattdessen bekommen wir immer mehr Staatsbetriebe, die nur von öffentlichen Mitteln leben.

Interessant dabei ist die Position des Ostbeauftragten. Warum ist dieser eigentlich wieder nötig? Die CDU sah das Amt auch im Wahlkampf permanent als überflüssig an. Glauben Sie, dass Ihre neue Ostbeauftragte der SPD wirklich repräsentativ für den Osten steht?

(Stephan Brandner [AfD]: Nein!)

Es ist nun wirklich sportlich, dass eine Ostbeauftragte einer Partei, die in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt zwischen 5 und 7 Prozent der Wähler hinter sich vereint, dieses Amt bekleidet. Das hat mit Akzeptanz nichts zu tun.

(Beifall bei der AfD)

Davon abgesehen: Die Rolle des Ostbeauftragten hat ohnehin meine Partei, die Alternative für Deutschland, übernommen.

(Beifall bei der AfD)

Auch hier lade ich Sie wieder ein: Kommen Sie mit uns ins Gespräch!

Ich begrüße übrigens die Streichung von Beauftragtenposten. Damit setzen Sie wichtige Programmpunkte um, die auch wir schon lange fordern. Ein Beauftragter allein trägt keine Verantwortung, macht keine Gesetze und löst vor allen Dingen auch keine Probleme; das machen Regierungen und Parlamente.

Noch einige Worte zur außenpolitischen Lage. Mit Interesse verfolge ich Ihre Ansätze, dem Kontinent Europa eine Perspektive zu geben. Es brauchte erst einen US-Präsidenten namens Trump, um eigene Ziele zu formulieren. Auch wir sagen, dass europäische Zusammenarbeit grundsätzlich richtig und gut ist. Ständig neue Sanktionen und Ultimaten tragen allerdings nicht zum Frieden bei. Reichlich ungelenk wirken Sie, Herr Merz, Herr Bundeskanzler, wenn Sie keine Aussagen zu Waffenlieferungen machen wollen. Das verunsichert alle Seiten. Ihr Amtsvorgänger blieb in diesem Punkt bei einem konsequenten Nein. Dabei sollten Sie es ebenso belassen.

Ansonsten hoffe ich doch sehr, dass bei Ihnen nicht auch das große Vergessen zur Dauerveranstaltung wird. Vom Wort der Brandmauer über die Sicherung der Grenzen bis hin zum Bürgergeld haben Sie ja schon einige Eindrücke hinterlassen.

Einig sind wir uns übrigens, dass wir in Deutschland Investitionen brauchen, allerdings nicht nur staatliche. Machen Sie endlich einen Kassensturz, damit unnötige Ausgaben gestrichen werden können und damit auch private Investoren Anreize finden, hier in Deutschland zu investieren.

Zuletzt noch ein Ausblick auf die Energieversorgung. Die Nord-Stream-Pipelines sind nach den Verhandlungen mit Russland möglicherweise bald im Besitz der USA. Herr Bundeskanzler, haben Sie dann die Größe, sich für günstiges Gas auszusprechen? Die deutschen Unternehmen und Bürger hätten es verdient.

Ihnen und Ihrer Regierung bleiben die berühmten 100 Tage – auch wenn Deutschland eigentlich nicht 100 Tage Zeit dafür hat –, um Weichen für die Zukunft zu stellen. Wir als größte Oppositionspartei werden Sie dabei kritisch begleiten: hart und ehrlich im Ton und sachorientiert. Uns Oppositionsfraktionen obliegt die Kontrolle der Bundesregierung. Wir müssen, dürfen und werden Ihnen nicht nach dem Mund reden.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Als Nächstes hat das Wort der Abgeordnete Alexander Hoffmann für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7630974
Wahlperiode 21
Sitzung 3
Tagesordnungspunkt Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundeskanzler
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