14.05.2025 | Deutscher Bundestag / 21. WP / Sitzung 3 / Tagesordnungspunkt 2

Helge LindhSPD - Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundeskanzler

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Staatsminister Weimer, ich wünsche Ihnen von Herzen eine glückliche Hand in diesem wichtigen Amt und sage es jetzt aus unserer Perspektive: Wir wollen eine besonders gute und intensive Zusammenarbeit als Parlament ermöglichen, ja – um es deutlich zu sagen –, wir haben sogar den Anspruch, so intensiv wie nie zuvor als Parlament in Entscheidungsprozesse eingebunden zu sein, was in der Kulturpolitik bundesweit und gerade auch auf Länderebene nicht immer selbstverständlich ist. Aber wir brauchen es angesichts des massiven Drucks auf viele Kultureinrichtungen in diesem Land in finanzieller Hinsicht; man muss sich nur die Haushaltsverhandlungen in vielen Ländern und Kommunen anschauen. Angesichts der gesellschaftspolitischen Aufladung und angesichts der Kulturkämpfe, die beispielsweise die AfD gerade mustergültig vorgeführt hat, ist es notwendig, zu so einer wirklich ganz engen Zusammenarbeit von Parlament und Exekutive zu kommen.

Blicken wir auf diese Kulturkämpfe. Herr Frömming, Sie erwähnten gerade, die Kulturpolitik dieses Landes sei bisher antideutsch. Das Problem ist: „Deutschland“ bzw. „deutsch“ ist heutzutage vielfältig, plural, divers.

(Beatrix von Storch [AfD]: O Gott!)

Das heißt, im Grunde sind die Einzigen, die antideutsch sind, Sie selbst.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn eine Kulturpolitik in diesem Land hat sich mit dem zu beschäftigen, was dieses Land ausmacht; und Gott sei Dank ist es vielfältig und plural. In Ihrer offenbarten, ja geradezu manischen Besessenheit von den Grünen und von Frau Roth

(Hannes Gnauck [AfD]: „Besessen“? Das sind Sie ja zum Glück nicht!)

haben Sie vergessen, dass die einzigen wahren Ideologen der Kulturpolitik leider Sie selbst sind. Sie sollten – zu Recht wurde auf sie heute so oft verwiesen – an Margot Friedländer denken; denn sie erinnerte uns daran, dass es kein jüdisches, kein christliches und kein muslimisches Blut gebe, sondern nur menschliches. Das haben Sie bis zum heutigen Tage nicht begriffen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Dr. Weimer erwähnte, dass Kunst keine NGO sei. Wenn wir es genau sehen, ist sie es schon; denn richtigerweise ist Kunst, sind künstlerische Kollektive ja keine Regierungsorganisationen. Und da komme ich zu einem aus unserer Sicht sehr wichtigen Punkt: Wir müssen in der Bundeskulturpolitik auch über die freie Szene sprechen, über sehr, sehr viele Künstlerinnen und Künstler, künstlerische Einrichtungen in diesem Land, die die nationale Kulturinfrastruktur geradezu ausmachen. Viele Theaterinstitutionen können gar nicht mehr ohne die freie Szene. Unser Bild im Ausland ist gerade geprägt durch diese freie Szene. Und was an Innovationen im Künstlerischen passiert, passiert in erheblichem Maße durch diese freie Szene, durch viele Menschen, die sich das antun, die ein künstlerisches Leben führen, obwohl sie die Perspektive von Altersarmut haben und nicht wissen, wie sie im Alter, bei Krankheit und in schwierigen sozialen Lagen überhaupt leben können.

Das heißt, es gibt eine besondere Verantwortung der Bundeskulturpolitik gerade auch für diese freie Szene, und wir müssen, wenn wir über Entbürokratisierung sprechen und es ernst meinen mit einer guten, an der Basis orientierten Kulturpolitik, darauf achten, –

Kommen Sie bitte zum Schluss.

– dass wir nicht Künstlerinnen und Künstler dazu domestizieren, die Kunst des Antragstellens zu perfektionieren, sondern ihnen angemessene Bedingungen schaffen, sodass sie sich auf ihre eigentliche Arbeit, auf die Kunst, konzentrieren können. Dann – und nur dann – wird dieses Land, wie im Koalitionsvertrag beschrieben, tatsächlich ein Leuchtturm für freie Kunst und Kultur in der Welt.

Herr Abgeordneter Lindh, bitte kommen Sie zum Schluss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Mechthilde Wittmann [CDU/CSU])

Personen

Dokumente

Automatisch erkannte Entitäten beta

Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7631003
Wahlperiode 21
Sitzung 3
Tagesordnungspunkt Abgabe einer Regierungserklärung durch den Bundeskanzler
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta