Norbert RöttgenCDU/CSU - Verteidigung
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Nanni, ich kann es einfach nicht so stehen lassen: Das 5G-Gesetz in der letzten Großen Koalition war ein Kampf; das gebe ich zu. Aber diejenigen, die aus diesem 5G-Gesetz ein Sicherheitsgesetz gemacht haben, haben diesen Kampf gewonnen. Und wenn die anschließende Ampelregierung dieses Gesetz angewendet hätte, dann ständen wir in Deutschland heute besser da. Diese Ergänzung zu Ihrer Rede wollte ich doch noch machen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der Präsident hat die Rede meines Vorredners schon kommentiert. Ich will es aber auch tun. Denn das, was hier gesprochen worden ist, darf einfach nicht so stehen bleiben. Diese Rede war ein weiterer Beweis dafür, dass Sie ein Kerngeschäft haben,
(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)
nämlich das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unsere Demokratie und die demokratischen Institutionen unter Einschluss der Bundeswehr zu erschüttern, zu verunsichern, zu verunglimpfen und aufzuhetzen.
(Martin Hess [AfD]: Das machen Sie schon alleine!)
Das ist Ihr Geschäft, und so wollen Sie Stimmen gewinnen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der AfD)
Es muss klargestellt werden, dass Sie nicht auf der Seite der Demokratie stehen. Die anderen hier, wir sind wehrhaft, nach außen und nach innen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Linken – Zurufe von der AfD)
Das Thema der Wehrhaftigkeit nach außen ist jetzt unser Thema. Aber die Themen sind untrennbar miteinander verbunden, weil die Feinde der Demokratie eben auch im Innern arbeiten. Außen- und Verteidigungspolitik – das war in der letzten Großen Koalition noch nicht so klar – sind untrennbar miteinander verbunden. Das eine kann ohne das andere nicht erfolgreich sein; das eine kann nur mit dem anderen erfolgreich sein. Sicherheit und Frieden sind unsere außenpolitischen Großziele; das ist das strategische, das historische Ziel. Und wir werden zu diesem Ziel nur beitragen, wenn Deutschland und die Bundeswehr in die Lage kommen, unser Land, unser Vaterland und unser Bündnis zu verteidigen. Das ist die verteidigungspolitische Aufgabe, vor der wir stehen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir stehen vor dieser Aufgabe, weil Russland nicht nur Krieg in der Ukraine führt; die sicherheitspolitische Bedrohung geht darüber hinaus. Auch das berührt unsere Interessen. Aber Russland rüstet nachgewiesenermaßen in einer dramatischen Weise und in einer hohen Geschwindigkeit auf, und das lässt eindeutig nur einen Schluss zu: dass Russlands imperialistischen Ziele über die Ukraine hinausgehen. Russland will sich in einigen Jahren in die Lage versetzen, großflächig in Europa Krieg führen zu können – nicht zu wollen, aber zu können. Das ist eine neue Dimension der Bedrohung unseres Landes und des Bündnisses und ganz Europas, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Fähigkeit zur Abschreckung ist unsere Politik des Friedens. Unsere Fähigkeit, Russland von der Anwendung der militärischen Fähigkeiten, die es erwerben will und erwerben wird, abschrecken zu können, ist unsere Politik des Friedens. Russland unter Putin treibt in schnellem Tempo die Produktion in allen militärischen Bereichen voran, und darum ist höchste Dringlichkeit geboten.
Das Geld, von dem gesprochen worden ist, ist da. Frau Kollegin Nanni, es wird absolut anerkannt, dass mit Ihren Stimmen die Verfassungsänderung beschlossen wurde, die Deutschland jetzt die Möglichkeit gibt, das, was verteidigungspolitisch notwendig ist, fiskalisch zu leisten.
(Jan Ralf Nolte [AfD]: Die Deindustrialisierung haben Sie ins Grundgesetz geschrieben, Herr Kollege!)
Das ist ein bedeutender Beitrag zur Gewährleistung von Sicherheit und Frieden in unserem Land und in Europa. Und dass es dafür eine breite verfassungsändernde Mehrheit gab, dafür sind wir dankbar. Es ist notwendig. Es ist ein gemeinsames nationales Interesse.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Geld ist also da. Wir brauchen aber Tempo. Wir müssen schneller werden. Die Munitionsvorräte sind weitgehend aufgebraucht. Luftverteidigungsfähigkeiten sind defizitär. Weitreichende Präzisionswaffen fehlen. Wir müssen ein anderes Tempo einschlagen, als wir es in den letzten Jahrzehnten gewohnt waren, in denen wir nicht davon ausgegangen sind, dass wir wirklich eine reale Bedrohung haben. Das ist ein Mentalitätswechsel, ein Organisationswechsel. Er muss sich in einem anderen Tempo niederschlagen.
Was wir brauchen, ist eine andere Größenordnung industrieller Produktion. Wir müssen das Verständnis wandeln. Die Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie zu fördern, ist nicht Strukturpolitik oder Arbeits- bzw. Jobpolitik, sondern Sicherheitspolitik. Wir können es uns nicht mehr leisten, national orientierte, kleinere Industrien zu haben, die zugeschnittene Produkte produzieren. Wir brauchen für unsere Rüstungsindustrie eine europäische Dimension. Diese Kooperation muss mit Macht und mit wirklicher Entschlossenheit angegangen werden, und es müssen nationale Egoismen überwunden werden, damit wir zu einer europäischen Industrie kommen.
Der letzte Punkt. Was wir auch brauchen, sind Menschen. Ohne Menschen wird es nicht gelingen. Wir setzen jetzt auf Freiwilligkeit, aber die CDU/CSU wird darauf achten, dass wir genug Menschen bekommen, notfalls über die Wehrpflicht.
Herr Bundesverteidigungsminister, wir begleiten Sie nicht nur, wir werden auch nicht zielstrebig mit Ihnen streiten. Wir sind eine sichere Bank für Ihre Politik. Auf uns können Sie sich verlassen. Die Unterstützung sage ich hier zu.
(Jan Ralf Nolte [AfD]: Das können Sie auch den Grünen noch mal sagen!)
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Bevor wir die Debatte fortsetzen: Es steht im Raum, dass Unterstellungen, die falsch sind, verbreitet worden sind, und es steht im Raum, dass nicht parlamentarisch darauf geantwortet worden ist. Ich behalte mir vor, nach Einsicht des Protokolls Ordnungsmaßnahmen zu ergreifen.
Kollege Abgeordneter Robin Wagener hat jetzt für Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7631067 |
Wahlperiode | 21 |
Sitzung | 3 |
Tagesordnungspunkt | Verteidigung |